Die kompetente Familie

LoreleiLorelei

4,536

bearbeitet 10. 10. 2005, 11:07 in Medien und Information
Ich lese gerade "Das kompetente Kind" und hab oftmals das Gefühl, dass es mich fast zerreisst. Ich werd wohl ne Weile brauchen, bis ich alles so gelesen habe, das es angekommen ist, denn ständig blättere ich zurück, lese nochmal, denke drüber nach.... Ich würde das darum gern stellvertretend für Katja, deren Idee es in einem anderen Thread war, hier zum Gesprächsthema machen.

Was haltet ihr von dem Buch? Sind es die "IDeen" die ihr schon vor dem Lesen hatte, die uch nun nochmal mundgerecht formuliert werden oder ist es eher Neuland? Sprecht ihr mit euren Partnern darüber? Wie empfinden sie das? Was bedeutet das Buch für euch persönlich? "Analysiert" ihr auch eure eigene Kindheit damit? Was habt ihr über euch gelernt/ entdeckt? Wie verständigt ihr euch mit euren Partner überhaupt über "Erziehungsangelegenheiten" oder nennen wir es mal lieber über die Umgangsmodalitäten euren Kindern gegenüber?! Welche ehemaligen "Erziehungsvorhaben" habt ihr überdacht seid ihr Eltern seid? Wie kommt ihr damit klar von euch erwünschte Umgangsziele zu erreichen und zu realisieren? Welche Ansätze des Buches findet ihr unverständlich oder "falsch"?

Für alle, die es noch nicht kennen, aber gern lesen würden, hier noch der Link:
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3499614855/qid=1121940811/sr=8-1/ref=sr_8_xs_ap_i1_xgl/028-0585169-0696569

Ich bin sehr gespannt.

Kommentare

  • coracora

    6,187

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Mich zerreisst es genau wie euch auch manchmal. Eher weil ich darüber nachdenke, was dann bei mir damals alles so falsch gelaufen ist :shock:
    Ich bin auch noch nicht fertig, ich vertrage das bUch nur häppchenweise. ;-)

    Und ich weiß nie, wie ich das alles so rüberbringen kann bei Caius, da ich es teilweise sehr schwer finde, da es doch manchmal anders ist als das, was man so kennt. Beispiel: loben.... ;-)

    Ich habe immer gehört, Lob ist gut und wichtig. Und macht selbstbewusst.
    Jetzt höre ich hier, Lob ist manchmal das falsche, wenn es dem Kind einfach nur darum geht, "gesehen" zu werden. Und so wie es da stand, klang das richtig.

    das ist nur eine Sache, auf die ich in Zukunft achten werde, und es sind so viele.... da hat man ja noch mehr Angst, was falsch zu machen.

    Ich bin immer hin- und hergerissen zwischen meinem Bedürfnis, so viel wie möglich zu wissen und zu lesen, aber manchmal denke ich auch, dass es vielleicht besser ist, einfach nach dem Instinkt zu gehen und nichts zu lesen.

    Mehr kann ich erst darüber sagen, wenn ich weiterkomme und sich alles mal gesetzt hat ;-)
  • claudi.1claudi.1

    1,799

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ich hänge noch in der Einführung. Normalerweise lese ich Bücher immer recht zügig, aber an dem hier werde ich wohl länger sitzen.
  • handjeryhandjery

    1,392

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ich habe es angefangen und wieder beiseite gelegt. Vielleicht klingt das überheblich, aber ich habe ein besseres Gefühl, wenn ich nach meinem Bauch gehe, hat bei Robin auch geklappt-Gott sei Dank.

    Ich bin wohl etwas gestört durch das Sozpäd Studium, in dem man ständig dazu gedrängt wird sich und andere zu analysieren und durch die ganze Theorie sich dann doch in der Praxis Fehler auftun. Bestimmte Dinge gehören in Profi-Hände und ich denke der eigentliche Instinkt gegenüber seinem Kind ist besser, als laienhaft umgesetzte Theorien.
    Es gibt nicht umsonst ausgebildete Erziehungsexperten für schwierige Fälle-und ich meine nicht Supernanny :roll:

    Das mit dem Lob fand ich schon ziemlich seltsam. Ich stehe nicht neben meinem Kind und warte darauf, dass es etwas tut um es dann exaltisch zu loben. Ich freue mich, wenn ihr Dinge gelingen und das zeige ich natürlich in meiner Reaktion. Ich gestehe, dass ich auch in der Arbeit Dinge besonders gut zu machen versuche, um "gesehen" zu werden, kann dabei aber nichts falsches entdecken.

    Wer weiß, welche Theorien richtig sind, der eigene Verstand sollte das sein, das alle Theorien überlebt... der gute Hegel, auch Erzieher.

    Selbstanalysen sollten auch begleitet sein, das ist etwas, was ich definitiv aus dem Studium mitgenommen habe. Auch in der Selbsterforschung, also dem Prozeß selbst, verstärkt man sich positiv wie negativ, also Vorsicht, man braucht einen Regulator.

    Ich weiß, der Vergleich hinkt, aber ich habe hier die gleiche Einstellung wie im Umgang mit Hunden. Vertraue dir und deinem Gefühl, es wird unkompliziert gut gehen, sei wach und wenn du an Grenzen stößt erkenne sie rechtzeitig und bitte um außenstehende oder fachmännische Hilfe. ;-)
  • LoreleiLorelei

    4,536

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Einerseits kann ich dich verstehen, dass du sagst: ich vertrau meinem Bauch, da spasst schon. Aber andererseits geht es ja in dem Buch nicht darum Regulaieren festzulegen und auch nicht darum, Extremfällen zu helfen. Wenn ich bestimmte Dinge beachte, kann ich aber ggf. verhindern, dass extreme Situationen auftauchen.
    Mir persönlich hilft es zu erkennen, was genau bei meiner eigenen "Erziehung" falsch gemacht wurde, um nicht nur sagen zu müssen: bei Ole soll alles anders sein, sondern stattdessen explizit sagen zu können: darauf möchte ich achten.

    Um mal das Beispiel mit dem Loben aufzugreifen. Man soll ja das loben nicht lassen, aber genau hinzusehen, wann es angebracht ist oder wann eben nicht, finde ich sehr gut. Eltern setzen sich wahrscheinlich von Generation zu Generation anders und auch intensiver mit diesen Fragen auseinander und sind bereit selbstkritisch zu sein. Aber die Kehrseite der MEdaille ist durchaus, dass der Perfektionsdrang überhand gewinnt und das kann eben auch Schaden anrichten.
    Das Thema Lob wir dim Buch ja im Zusammenhang mit dem Selbstgefühl angebracht. Klar, ein Kind /Mensch möchte um seiner slebst willen geliebt werden, einfach nur, weil der Mensch eixstiert, nicht weil er was besonderes leistet. Und da leuchtet es mir durchaus ein, dass zuviel Lob und stände Bewwertung (egal ob Lob oder Kritik) das Empfinden weitergeben könne, immer leisten zu müssen. In der heutigen Leistungsgesellschaft möchte ich aber lieber etwas tun, um meinem Kind das Gefühl zu gene: auch ohne ein Diplom und ein Konto voll Asche bist du wertvoll: nicht nur für mich, auch für dich.

    Ich fand es auch einleuchtend, wie dort beschrieben wurde, dass Kinder, die imer nur über Wertung ihr Selbstvertrauen gestärkt bekommen, nicht aber über ihr Selbstgefühl, ihre Aufmerksamkeit immer mehr über "Leistung" zu erringen suchen. "Leistung" und aufmerksamkeit erzeugen kann man aber auch als "unsoziales" Kind. Es geht ja ums Gesehen werden, meist geht das mit negativen Taten sogar besser, als mit Taten, die ein Lob erzeugen würden.

    Klar, man kann auch zuviel wissen/ lesen/ sich den Kopf zerbrechen. Aber ehrlich gesagt lieber so als "Kind haben, Kind grossziehen, was nicht direkt erkennbaren Schdaen anrichtet, richtet gar keinen an". :roll:
    Trotzdem gibt es ja noch genug Potential für Fehler, aber ich wünsche mir, dass Ole nicht irgendwann einmal wie ich und scheinbar viele andere hier auch unendliche Energien im Leben erbringen muss, um zu einem halbwegs psychisch gesunden Menschen werden zu können, nur weil die Eltern es mit den "Fehlern" etwas übertrieben haben.
  • AnonymousAnonymous

    59,500

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Vertraue dir und deinem Gefühl, es wird unkompliziert gut gehen,

    Da stimme ich dir voll und ganz zu Gabriele - wenn man Zugang zu seinem Bauchgefühl hat und gelernt hat, darauf zu hören und darauf zu vertrauen - und sich das auch traut. Aber ganau da ist der Knackpunkt: Ziemlcih viele Menschen - darunter auch ich - haben das nicht. Oder sind zumindest sehr ungeübt und unsicher darin.

    Soweit ich das von dir hier aus dem Forum weiß, meisterst du dein Leben nach diesem Prinzip ganz bewundernswert toll, auch was Robin und das Verhältnis zu dessen Vater angeht, den Umgang mit deiner Ursprungsfamilie oder auch allgemeine ethische Fragen. Ich finde das Klasse, wenn man so auf sich vertraut und die Ergebnisse (tolle Kinder, prima Familie, erfüllende Partnerschaft, etc.) einem Recht geben. Dadurch wächst natürlich das Vertrauen in sich selbst. Ob man das jetzt von Kindheit an mitbekommen, oder später erworben hat, ist dabei dann nichtmehr so wichtig, wenn es HEUTE gut funktioniert.

    Aber was, wenn das alles nicht funktioniert? Wenn man selber immer unsicher ist und rumschwimmt, seinem eigenen Urteil nicht vertraut, weil man schon so oft Mist gebaut hat und auch schon oft (oder dauernd)negatives Feedback bekommen hat oder bekommtt für das was man tut, denkt, plant, fühlt oder sagt? Irgendwann geht das Vertrauen in die eigene Urteilsfähigkeit flöten (wenn man es je hatte) und man vertraut nichtmehr darauf, daß man es "aus dem Bauch heraus" richtig macht, oder hört schon garnichtmehr, was der bauch sagt, auch wenner noch so laut schreit...man wird unfähig Entscheidungen zu treffen und wenn man eine getroffen hat, dann hadert man damit, ob es auch richtig war, hinterfragt sich dauernd selbst und lauert ängstlich darauf, daß sie sich als falsch herausstellen könnte.
    Mir geht das so.

    An anderer Stelle hab ich ja schon darüber geschrieben, was für ein Chaos durch das Buch in meinem Innenleben ausgebrochen ist. Eigentlich hab ich es ja angefangen zu lesen, weil ich eben genau die oben beschriebene Sorge in Hinblick auf Ben habe. Immer wenn Ben unglücklich zu sein scheint, unruhig ist, viel weint, schlecht schläft, werde ich sofort unsicher, ich könnte irgendwas ganz entscheidendes falsch machen im Umgang mit ihm, er könnte unglücklich sein, weil ich ihm irgendwie falsch begegne, ihm nicht genug Aufmerksamkeit schenke und daß er sich deshalb alleiengelassen und ungeliebt fühlt. Das ist eine richtige Paranoia von mir.
    Eben weil ich weiß, wie scheiße sich das anfühlt, wenn man sich als Kind alleine, verlassen, mißachtet und unsichtbar fühlt.

    Und genau das wurde mir beim Lesen dieses Buches bewußt. Naja, daß meine Kindheit gruselig war, daß mir das Verhältnis zu meiner Familie immer wieder Magenschmerzen bereitet, daß meine Beziehungen eine einzige Katastrophe sind, daß weiß ich schon lange und habe auch schon ausgiebige innere Seelenbeschau betrieben..Konsequenzen hab ich aber nie daraus gezogen sondern bin immer weiter ind er Sackgasse gelaufen.
    Jetzt kann man natürlich auch sagen, dann wäre ich schon öfter an dem Punkt gewesen, wo ich mir professionelle Hilfe von außen hätte holen sollen - aber tatsächlich war ich an dem Punkt noch nie. Ich hab dann immer gekniffen, wieder alles verdrängt und bin wieder in die alten Muster zurückgefallen, bis zum nächsten Showdown.
    Weil ich aber so große Angst habe, bei Ben was entscheidendes falsch zu machen, so daß er unglücklich wird, muß ich jetzt was ändern - und das Buch legt den Finger genau in die Wunde. Mir geht es da genau wie manch anderer: ich kann manchmal einfach nicht weiterlesen, weil es mir die Kehle zuschnürt. Da kommt so viel aus meiner eigenen Kindheit hoch, wenn ich das lese, was ich eigentlich im Hinblick auf Ben lesen wollte... und mir wird ganz unmißverständlich klar, wie groß der Schmerz ist und was für nachhaltige Schäden die dauernde Mißachtung meiner Eltern bei mir hinterlassen hat.
    Das bringt mich manchaml fast über meine Grenzen.

    trotzdem finde ich es gut das Buch zu lesen dun ich bin jetzt auch so weit zu sagen, daß ich professionelle Hilfe von außen brauche, um da rauszukommen. Was war und was ist - an dem Weges-Punkt war ich schon öfter. Aber weiterzugehen, da bin ich erst jetzt. Und Ben und das Buch hat daran einen großen Anteil.
    Ich fand es auch einleuchtend, wie dort beschrieben wurde, dass Kinder, die imer nur über Wertung ihr Selbstvertrauen gestärkt bekommen, nicht aber über ihr Selbstgefühl, ihre Aufmerksamkeit immer mehr über "Leistung" zu erringen suchen. "Leistung" und aufmerksamkeit erzeugen kann man aber auch als "unsoziales" Kind. Es geht ja ums Gesehen werden, meist geht das mit negativen Taten sogar besser, als mit Taten, die ein Lob erzeugen würden.

    Das fand ich bisher eigentlich auch das zentrale und berührendste Thema in diesem Buch: Die Störung des Selbstgefühls (nämlich genau das, was du als selbstverständlich beschreibst, Gabriele) durch reines Ánerkennen der Leistungen eines Kindes, aber nicht seines Wesens, seines Seins - vielleicht auch seines "Anderst Seins".
  • handjeryhandjery

    1,392

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Katja, bei Dir bin ich immer ganz hin und her gerissen, weil ich sehe, mit wieviel Liebe Du an Ben herangehst, wir offen Du Dein Herz und Deinen Kummer legst, wie selbstverständlich scheinbar für jemanden, den man nur aus einem Forum kennt, Du mit Deinen Zweifeln umgehst und sie äußerst, auch gegen Dich selbst. Du scheinst extrem viel über Dich reflektiert zu haben und stehst mit beiden Beinen im Leben. Dann all Deine Zweifel an dem, was Du richtig machst, Deine Unterbewertung Deiner Person.

    All das hat mit Sicherheit mit Deinem Erleben in Deiner Kindheit zu tun, aber auch sehr viel mit Deiner Umsetzung in Pupertät und Erwachsensein.

    Ich finde es gut, dass Du an das Thema mit einer Person rangehen willst, die etwas davon versteht, denn dass dieses Buch Dir die Kehle zuschnürt zeigt, dass Du etwas verarbeiten solltest, und zwar nicht alleine. Und genau das ist mein Rat zu solchen Büchern. Selbst Pädagogen sind ständig in Supervisionen, um zu reflektieren, kein Mensch kann mit Anleitung eines Buches sich selbst oder sein Kind finden. Der Weg ist viel komplizierter, als in einem Buch dargestellt werden kann. Wenn man therapiert oder versucht nach einer Theorie zu erziehen, sollte man sich selbst unter Beobachtung stellen, das ist ein fester Grundsatz in der Pädagogik und Psychologie. Denn man kann nie vermeiden, dass einem Fehler in Denken und Handeln, also der Umsetzung unterlaufen.

    Ich bin weit davon entfernt mein Leben als gelungen anzusehen, bin selbst oft von Zweifeln gebeutelt und oft genug in der Auseinandersetzung mit Robins Vater am Straucheln und Hadern gewesen, auch damit, was Robins Seelenleben betrifft. Den einzig pädagogoischen Rat den ich immer geben kann ist: sei so ehrlich zu einem Kind, wie Du denkst dass es verarbeiten kann. Versuch nicht, Dich zu verstellen.

    Eine Garantie gibt es nie, ich kenne komplett verkruxte Psychologenkinder und Menschen, die ich sehr schätze, aus mehr als einfachen Familien.

    Ich will auch nicht sagen, dass ich dieses Buch für verbannenswert halte, nur sollte es mit dem nötigen Respekt angegangen werden. Legt nicht die Finger in Wunden, die Ihr selbst nicht schließen könnt oder gar den Finger nicht mehr herausbekommt.

    Mina macht durchaus auch Dinge wo ich mir nur "ohje Oje" denken kann und natürlich will ich auch ein in sich glückliches Kind, aber dazu braucht es Ruhe, Geduld, Liebe und Offenheit und auch jede Menge Respekt vor der Person, die da vor einem steht-oder lümmelt. Ich bin nicht im Ansatz daran zu sagen, ich mache das richtig, mir brennt auch manchmal der Geduldsfaden durch und ich stehe auch manchmal auf und finde mich schrecklich und zweifle an mir und meinem Leben. Aber wenn das zu viel wird laufe ich zu meiner Psychofreundin, die mich wieder zurechtrückt.
  • AnonymousAnonymous

    59,500

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Legt nicht die Finger in Wunden, die Ihr selbst nicht schließen könnt oder gar den Finger nicht mehr herausbekommt.

    Hmm... ich sehe das etwas anderst. Natürlich kann man seine Wunden jahrelang, jahrzehntelang verdrängen und möglichst nicht dran rühren... aber lebt man damit glücklich und gesund? Ich glaube nicht, daß Menschen das können.
    Gerade beim Thema zwischenmenschliche Beziehungen, Beziehung zu seinen eigenen Kindern, Lebensplanung oder Krankheiten kommen solche unaufgearbeiteten Probleme doch immer wieder hoch. Man leidet daran, daß in manchen oder allen Bereichen irgendwie immer auf die gleiche Weise, wie nach einem geheimen Muster, alles schiefläuft - und kommt auf keinen grünen Zweig. Man handelt einfach automatisch nach seinen Kindheitsmustern, solange die nicht aufgearbeitet sind.
    Hinschauen ist manchmal schmerzhaft, aber ich glaube auch notwendig, wenn der Leidensdruck im Leben so groß ist, daß man definitiv nicht so weitermachen will - oder eben bei und für seine Kinder etwas anderes, besseres will.

    Daß das Lesen von Psychoratgebern verführerisch sein kann und man sich da auch völlig rein verrennen kann, weiß ich auch - vor allem ist das Lesen dieser Bücher eben nicht damit gleichzusetzen, danach loszugehen und es besser zu machen, weil man allein durch das Lesen jetzt ein anderer Mensch ist. Aber sie können zumindest wichtige Denkanstöße liefern.
    Gerade das Thema Achtung und Mißachtung der individuellen Persönlichkeit anderer Menschen (klein und groß) ist für mich in den letzten Jahren zum zentralen Thema meines Lebens und meiner persönlichen Entwicklung geworden. Und deshalb finde ich das Buch auch sehr gut.
    Obwohl ich mein Leben lang selber extrem unter der Mißachtung meiner Person durch meine Familie leide, ist mir erst in letzter Zeit aufgegangen, wie sehr ich selber z.B. meine Beziehungspartner als Personen mißachte - indem ich ihnen meine Enttäuschung vorwerfe, weil sie meine Erwartungen und Wünsche nicht erfüllen... dabei weiß ich doch, wie grauenvoll sich das anfühlt und wie wütend es auch macht. Es ist mir einfach nie bewußt gewesen, daß ich das selber tue. :oops:
    Erst in meiner letzten Beziehung (die nichtsdestotrotz genauso gescheitert ist wie die davor) habe ich mich mit einem Menschen auseinandergesetzt, der selber so reflektiert und so sehr mein Spiegel war, daß es bis zu mir durchgedrungen ist. Hätte ich das Buch vor ein paar Jahren gelesen, es hätte mich sicher kaum berührt.
    Unter anderem durch die Beschäftigung mit solchen Büchern mache ich in den letzten Jahren eine persönliche Entwicklung durch, die mich definitiv weiterbringt im Leben. Ich erkenne schädliche Muster jetzt schon viel eher, auch bei mir selbst und lerne langsam, sie zu ändern.

    Es gibt noch ein ähnliches Buch, "Die Heilung des ungeliebten Kindes", das sich allerdings an die schon erwachsenen, unsichtbaren Kinder wendet. Das hab ich vor 3 Jahren gelesen, fand das ganz easy, hab verkündet ich bin jetzt geheilt und ab jetzt läuft mein Leben prima... eigentlich hab ich es aber wohl nur gelesen, um meinen damaligen Freund zu verstehen und zu reparieren. :biggrin:
    An mich rangelassen hab ich es nicht, da mußten nochmal 3 Jahre vergehen. Alles hat seine Zeit.

    Worin besteht für dich die Gefahr solcher Bücher, die ihre Finger in offene Wunden legen?
    Daß dadurch psychische Vorgänge ausgelöst werden, die schädlich sind und aus denen man alleien nichtmehr rauskommt? Was würde dann passieren?
    Ich denke, entweder man lässt es an sich ran oder nicht. Aber in beiden Fällen sehe ich den Schaden nicht. Im ersten Fall passiert einfach garnichts, im zweiten Fall denkt man etwas verschärft und unter Umständen schmerzhaft über seine eigene Kindheit und sich selbst nach - aber wenn das dazu führt, daß man dann in seinem eigenen Leben mal dringend notwendige Ecken aufräumt, sehe ich die Gefahr nicht, die es birgt.

    P.S.: In diesem anonymen Medium offen zu sein finde ich übrigens nicht so besonders schwer - schwerer fällt es mir dadurch nur, zu einem Forumstreffen zu gehen, wo alle die Jammertrine dann live sehen. :biggrin:
  • katjaklarakatjaklara

    2,149

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    ich werde mich melden sobald ich das buch in händen halte und anfange zu lesen.

    @katja du hast mich auf dieses buch neugierig gemacht. deshalb hab ich es gleich vorgestern bestellt. ich bin schon gespannt, was es bei mir auslöst. habe ja auch nicht so eine sonnenstrahlkindheit erlebt.
    bin einfach neugierig. im moment glaube ich zumindest, meine vergangenheit gut hin bekommen zu haben, naja wir werden sehen.

    bin ja ein scheidungskind und habe wirklich ein ganz kleines selbstwertgefühl, hatte bulimie und das über 7 jahre,... also ich werde euch berichten. habe bis dato schon therapie und akkupunktur und und und hinter mir. jetzt gehts mir gut. zur zeit eben.
  • handjeryhandjery

    1,392

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ich habe gestern noch einmal angefangen in dem Buch zu lesen. Und bin jetzt wiederum schwer am Überlegen, warum solche Bücher so eine Trotzreaktion bei mir auslösen. Komme noch nicht ganz dahinter.

    Ich glaube es ist schwer sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und nicht bei der Lektüre solcher Bücher (und das heißt nicht, dass ich dieses Buch schlecht finde, im Gegenteil) in ein negatives Bild zu verfallen.

    Ich bin auch durch eine wilde Kindheit, Schläge, dich ich mir bei einer 5 in Mathe im warsten Sinne des Wortes abholen mußte, über 4 Jahre jeden Tag bis 17h zu Hause sitzen um zu lernen, einen Vater den ich aus tiefstem Herzen verabscheut habe, eine Mama, die sich nicht hat sich wehren getraut bis zur Scheidung und dann kurz vor dieser die Gehirnblutung meines "Übervaters" und seine daraus folgende Behinderung, die es nicht leicht macht, jemanden weiter zu verabscheuen, weil jede Menge Mitleid mit hineinspielt. Daraufhin Therapie, um mich aus diesen Selbstvorwürfen, jemandem oft den Tod gewünscht zu haben und schließlich seine vermeintliche Strafe zu verarbeiten.

    Mag auch sein, dass das Sozpäd-Studium daraus resultiert :roll:

    Wenn ich in dem Buch lese, kommt auch ganz viel in mir hoch, aber ich bemerke unglaublich viel negative Energie aufsteigen. Es ist schwer für Menschen Verständnis aufzubringen, die an der eigenen Seele sich schwerst verschraubt haben. Verstehen wird man das wahrscheinlich nie können. Man muß lernen damit umzugehen und ich weiß eben nicht, ob man das allein kann.

    Man muß auch Eltern Fehler zugestehen (und dieser Satz fällt mir sogar nach Therapien nicht leicht!) und darf den Einfluß anderer Gruppen nicht unterschätzen.

    Ich glaube, dass diese Bücher sehr großen Einfluß haben, wenn man sie ernst nimmt, und vor diesem habe ich etwas Angst. Wahrscheinlich reagiere ich über. Aber wahrscheinlich ist auch diese Reaktion eine gute Werbung für das Buch. Ich mag es einfach nicht, wenn Laien, und dazu zähle ich auch mich, mit neuen Thesen und einem vermeintlichen Auftrag an so wertvollen Wesen wie ihren Kindern eine neue Welt zu schaffen versuchen. Ich weiß, für diesen Satz könnte man mich steinigen, sehr provokativ, aber ich lasse ihn jetzt mal stehen.

    Kann man nicht sich selbst damit beschäftigen, wie man sein Kind wertschätzen lernt? Sich selbst Gedanken machen, wie man seine Liebe und Bewunderung für dieses Wesen ausdrückt? Es motiviert für die richtigen Dinge? Sich selbst reflektiert in seinem Verhalten? Sich in die Wahrnehmung eines Kindes zu versetzen zu versuchen, um seine Bedürfnisse zu erkunden? Offenheit und Wärme praktizieren? Sich die Dinge vor Augen halten, die man als Gewalt in jeglicher Form wahrnahm und diese vermeiden?

    Aber wahrscheinlich ist dieses Buch als Stütze dafür richtig, zumindest als Aufwecker. Ich werde auf jeden Fall weiter darüber nachdenken, wie mir scheint ;-)
  • IngaInga

    753

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Also ich habe das Buch nicht gelesen und ich bin stark am überlegen ob ich es tun werde, obwohl ich es hier habe und mir voller Begeisterung aufgrund des Tipps von Hütchen gekauft habe.

    Seit kurzem lösen diese Art Bücher auch in mir eine Trotzreaktion hervor. Ich halte nichts davon sich stundenlang mit Erziehung zu befassen, wenn die Erziehung selbst dabei auf der Strecke bleibt. Das will ich jetzt keinem unterstellen, aber ich glaube anstatt viel zu lesen sollte man lieber handeln. Was nützt mir die beste Lektüre, das studieren von Erziehungsmethoden wenn ich nicht in der Lage bin es umzusetzen? Denn das ist doch das Wichtigste. Die Beziehung und die Interaktion mit dem Kind.


    Das man sich für Erziehungsmethoden interessiert, dass man sein Kind best möglich erziehen will kann ich verstehen. Ich kann aber nicht nachvollziehen warum man das von Theorien anderer abhängig macht und nicht auf sich, auf sein Gefühl, auf sein Instikt hört.

    handjery hat folgenes geschrieben:

    "Kann man nicht sich selbst damit beschäftigen, wie man sein Kind wertschätzen lernt? Sich selbst Gedanken machen, wie man seine Liebe und Bewunderung für dieses Wesen ausdrückt? Es motiviert für die richtigen Dinge? Sich selbst reflektiert in seinem Verhalten? Sich in die Wahrnehmung eines Kindes zu versetzen zu versuchen, um seine Bedürfnisse zu erkunden? Offenheit und Wärme praktizieren? Sich die Dinge vor Augen halten, die man als Gewalt in jeglicher Form wahrnahm und diese vermeiden?"

    Genau diese Fragen stelle ich mir auch und ich denke sie sind berechtigt.

    So sehe ich das aber auch erst jetzt, nachdem hier im Forum so viele Threads über Erziehungsmaßnahmen und Erziehungsmethoden herumgeisterten. Ich lese von Tripple P, die angeblich einzige wirklich wirkende Erziehungsmethode, ich lese von Solter und seinen Theorien, von Büchern die einem suggerieren wie man sein Kind glücklich macht. Von Überlegungen wie ich mein Kind dazu bringe alleine zu spielen, fragen wie man mit trotzigen Kindern umgeht.

    Ich habe das Gefühl es wird zu viel nachgedacht, man macht sich so fertig, weil man das Beste für sein Kind will, man grübelt und schaut wie es die anderen machen, man zweifelt an sich und an die Art mit seinem Kind umzugehen. Man ist unsicher und ich glaube das überträgt sich auch auf das Kind. Ich nehme mich da im Übrigen nicht heraus. Ich habe mir diese Fragen auch gestellt, mir alle möglichen Erziehungsratgeber gekauft, aber ich nehme mir nun fest vor auf mich und meine Instikte zu hören, in der festen Hoffnung es wird das richtige sein.

    "Das geheimnis glücklicher Kinder" habe ich auch gelesen, und ich habe nichts neues daraus erfahren. Das man seinem Kind Liebe, Aufmerksamkeit schenkt, das man ihnen Grenzen aufzeigt und konsequent handelt ist mir bekannt und ich versuche auch danach zu handeln.
    Ich verteufle diese Bücher nicht und ich finde sie auch hilfreich, wenn es um die Grundsätze geht, aber man kann es auch übertreiben.

    Nur noch kurz zu Katja. Ich habe deine Beiträge immer sehr interessiert verfolgt und ich denke das du eine sehr gute Mutter bist, die das Beste für Ben will und auch tut, dafür brauchst du auch kein Buch. Die Beziehung zu deinen Eltern und die Beziehung zu Dir selbst ist ein anderes Thema. Es ist gut das du durch dieses Buch einmal mehr darauf aufmerksam gemacht wurdest, helfen kann es Dir jedoch nicht, da ist professnionelle Hilfe nötig.
  • AnonymousAnonymous

    59,500

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Man muß auch Eltern Fehler zugestehen

    Ja, das ist richtig. Das Buch sagt nichts anderes. Auch wir werden Fehler machen und das ist auch nicht schlimm, sondern menschlich. Wichtig ist nur, daß wir die Verantwortung dafür übernehmen - und zwar gegenüber dem Kind, ohne wenn und aber. Nur dann ist verzeihen auch möglich.
    Hat dein Vater jemals die Verantwortung für die Gewalt übernommen, die er dir angetan hat? Für die Verletzung deiner Integrität? Hast du deinem Vater verziehen?
    ja, beim Lesen dieses Buches kommen unheimlich negative gefühle auf. Aber weißt du was? Diese gefühle sind absolut berechtigt! Als Kind "darf" man nicht wütend sein auf siene Eltern, denn die sind ja unfehlbar und allmächtig. Aber als Erwachsener darf man es. Und man hat jedes Recht der Welt dazu, wenn sie nicht bereit sind, die Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und sich auch heute noch mißachtend verhalten.
    Klar ist es nicht schön, wenn da Zoff herrscht... ich bin auch ein harmoniesüchtiger Mensch und möchte, daß alle mich liebhaben. Aber wenn die Harmonie auf die Zerstörung meiner Integrität und letztlich seelischen und körperlichen (das merke ich grade) Gesundheit aufgebaut ist, dann wähle ich inzwischen den offenen Konflikt.
    Meine Mutter hat mir vorgestern wieder ellenlange Vorwürfe am Telefon gemacht, daß sie ihren Enkel so wenig sehen, daß ich kein Recht habe, ihnen die krankenhausreife Fütterung meines Sohnes immernoch nachzutragen (ich habe ihnen nie Vorwürfe gemacht deswegen), weil sie "einmal" einen Fehler gemacht hätten und wie sehr sie unter der unfairen Behandlung leiden würden, weil andere Kinder auch mit Süßkram groß geworden wären. Sie hat bis huete nicht verstanden, daß es darum garnicht geht. Es geht um die Mißachtung meiner person udn meiner Wünsche, die es mir unmöglich macht, ihnen meinen Sohn zu überlassen. Der versuch, ihr das zu erklären endete wie üblich mit einem heulenden Höreraufwerfen ihrerseits dun ich war schon darauf gefasst, 2 Stundne später von meinem Vater zu hören, daß sie einen Nervenzusammenbruch gedroht hätte, sich umzubringen. Das ist der normale Weg, wie meine Mutter seit ich denken kann damit umgeht, wenn ihr droht, die Verantwortung für irgendwas, was sie tut, übernehmen zu müssen. Mein Vater lehnt die Verantwortung schlichtweg ab - was er denkt und sagt ist unzweifelhaft für alle gültig, eine andere Meinung gilt nicht - deshalb greift ihn sowas nicht wirklich an.

    Verzeihen? Im Moment weiß ich nicht wie.
    Und ja, ich bin unendlich wütend. Oder vielleicht auch endlich.
    Zu meiner Wut finde ich eben erst Zugang und ich finde das nicht schlecht - es ist besser als das Leiden und vor allem viel besser als Magengeschwüre, Myokarditis oder eventuell Krebs.
    Das wird mir durch meinen Gesundheitszustand gerade klar.
    Natürlich macht mir der Gedanke trotzdem Angst, dadurch meine Familie zu verlieren. Aber wie hoch ist der Preis, so weiterzumachen?
    Kann man nicht sich selbst damit beschäftigen, wie man sein Kind wertschätzen lernt? Sich selbst Gedanken machen, wie man seine Liebe und Bewunderung für dieses Wesen ausdrückt? Es motiviert für die richtigen Dinge? Sich selbst reflektiert in seinem Verhalten? Sich in die Wahrnehmung eines Kindes zu versetzen zu versuchen, um seine Bedürfnisse zu erkunden? Offenheit und Wärme praktizieren? Sich die Dinge vor Augen halten, die man als Gewalt in jeglicher Form wahrnahm und diese vermeiden?

    Genau darum geht es in diesem Buch - weil eben viele Menschen überhaupt nciht wissen, daß Liebe mit Achtung anfängt und genau da auch schon wieder aufhört, wenn es diese nicht gibt - aber selber nie vollumfängliche Achtung erfahren haben und deshalb nicht wissen, was sie anderst machen müßten. Sie wissen nicht, daß man sich in einen anderen menschen reinversetzen kann dun daß dessen bedürfnisse wichtig sein können - und auch nicht, daß Kinder nicht erst durch Erziehung zu Menschen gemacht werden, sondern das schon per se durch die Geburt sind.
    Vielleicht wissen sie das, wenn sie aus persönlichem Interesse oder Leidensdruck ein Studium gewählt haben, daß ihnen die Thematik im Erwachsenalter vermittelt hat, aber ansonsten? Woher?
    Man lernt doch durch Erleben und Reflektieren, aber wenn man es nie erlebt hat...?

    Ich habe das Buch nicht so verstanden, daß es darum geht, eine neue, bessere Welt zu schaffen, oder uns selbst in unseren Kindern zu verwirklichen. Es geht nur darum, die Augen zu öffnen und den Verstand etwas zu schärfen für die vertrackten Muster, die in uns selbst - eventuell eben wegen einer eigenen, nicht besonders tollen Kindheit - festsitzen und unsere guten Absichten (die ich jetzt mal fast allen Eltern unterstelle) oft boykottieren. Und es geht um die Verantwortung, die wir für unsere Fehler übernehmen. Und auch darum, daß ohne diese Verantwortungsübernahme Verzeihen nicht möglich ist.
    Und da vermischt sich jetzt eben wieder, ob das Buch von unserem Umgang mit unseren Kindern, oder von dem unserer Eltern mit uns handelt...

    Edit:

    @Inga:
    Was nützt mir die beste Lektüre, das studieren von Erziehungsmethoden wenn ich nicht in der Lage bin es umzusetzen?

    Das ist genau das Thema des Buches. Es ist kein Erziehungsratgeber - vielleicht hat das bisher noch niemand erwähnt. Die Kern-Aussage des Buches ist, daß ein Kind als kompetenter, sozialer Mensch auf die Welt kommt und nicht erst durch Erziehung dazu gemacht wird.
    Es geht nur darum das anzuerkennen, dann braucht man keine "Erziehungsmethoden". Es geht darum, das Bauchgefühl für sein Kind zu entwickeln, es zu sehen und es zu achten, da so viele Menschen dieses Bauchgefühl nichtmehr haben und sich deshalb auf Erziehungsratgeber stürzen.

    Daß das Verhältnis zwischen mir und meinen Eltern nichts mit meinem Umgang mit Ben zu tun hat, sehe ich nicht so. Ich bin das Produkt der Erziehung meiner Eltern - und ganz tief drin auch noch ein rest gesunder Menschenverstand, aber dem muß ich erstmal wieder zuhören lernen.
  • handjeryhandjery

    1,392

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Aber leider glaube ich auch, dass diese Art Bücher meist Menschen erreichen, die sich schon Gedanken machen und damit auch in der Lage wären, sich weiter mit sich selbst zu beschäftigen, und nicht die "Dann hat Mama dich nicht mehr lieb"-Trullas, über die ich mich wahnsinnig aufregen kann. Die paar, die ich gerade vor Augen habe, werden leider nicht mal das Cover dieses Buches verstehen können.
  • IngaInga

    753

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ja, da hast du recht, ich kann mir schlecht eine Meinung zu dem Buch bilden, wenn ich es noch nicht mal gelesen habe.
    Ich glaube ich werde es dann doch einmal lesen. ;-)
    Daß das Verhältnis zwischen mir und meinen Eltern nichts mit meinem Umgang mit Ben zu tun hat, sehe ich nicht so. Ich bin das Produkt der Erziehung meiner Eltern - und ganz tief drin auch noch ein rest gesunder Menschenverstand, aber dem muß ich erstmal wieder zuhören lernen.

    Natürlich beeinflusst deine eigene Erziehung auch deinen Umgang mit Ben. Ich meinte damit aber eher, dass das Verarbeiten der ganzen Sache ein anderes Thema ist.
  • HuetchenHuetchen

    3,584

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Also, ich habe einfach das Glück, dass ich beim Lesen des Buches erkannt habe, dass meine Eltern nicht so viel Falsch gemacht haben und ich bei Jolina auf dem richtigen Weg bin. Das Buch ist harter Tobak und nicht leicht zu lesen, das stimmt schon und es hat mich traurig gestimmt zu sehen, welche Fehler meine Mutter bei meinem Bruder gemacht hat. Aber das ist nun nicht mehr zu ändern!
    Mir hat das Buch aber zusätzlich noch Tipps gegeben, wie ich meine Erziehungsgedanken in der Praxis umsetzen kann und wo ich einfach noch an mir arbeiten muss. Ganz toll fand ich, dass man dem Kind keine Schuld zukommen lassen soll, so von wegen "Selbst schuld, wenn du wieder fällst, du kannst ja besser aufpassen!" Hört euch mal um und auch euch selbst zu, wie oft so ein Satz rausrutscht. Ich erwische mich auch manchmal dabei, wenn ich schon ziemlich genervt von Jolina bin.
    Ein Satz, der mich am meisten bewegt hat im Buch, war der über die Pupertät: "In der Pupertät hört die Erziehung auf und man erntet die Früchte seiner Erziehung!" Auf der einen Seite erschreckend, auf der anderen Seite bin ich nun vorgewarnt. Auch da erkenne ich wieder, wo die Probleme zwischen meiner Mutter und meinem Bruder waren.
    Das Buch hilft einem nicht nur bei der Erziehung, sondern auch in der Partnerschaft, gerade wenn es um die Dinge wie Eigenverantwortlichkeit geht. Oder denkt ihr nie für eure Männer mal mit und ärgert euch dann, dass sie nie mal von selbst an etwas denken? ;-) :biggrin: Und das ist nur ein Beispiel!
    Ich bin niemand, der Erziehungsratgeber braucht, aber dadurch, dass Jolina so anspruchsvoll ist, war ich mir nicht immer sicher, ob ich das so richtig mache. Ich bekam ja zuerst Smart Love empfohlen, was für mich der absolute Fehlkauf war. Mich hat das Buch frustriert und ich kam mir so vor, als wäre nur ich daran schuld, dass Jolina so schwierig und unzufrieden ist. Zum Glück schickte mir eine Mutter von einem ehemaligen Schreikind dann dieses Buch und schon nach den ersten Seiten war mir klar, dass ist genau das, was ich brauche, um mehr Vertrauen in mein Bauchgefühl zu bekommen.
    Ich werde mir noch ein weiteres Buch von Jasper Juuls bestellen und kann euch ja sagen, ob es genauso gut ist! :biggrin:
  • AnonymousAnonymous

    59,500

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Hmmh... das hatte ich vergessen... durch das Buch sehe ich jetzt auch vieles in meinen geschieterten Partnerschaften anderst, da muß ich Huetchen Recht geben. Es macht einfach extrem wach für den Bereich "Achtung vor den Bedürfnissen und der Anderstartigkeit anderer Menschen" und natürlich deren Anerkennung. Mit Erschrecken hab ich festgestellt, daß ich genau die Sachen, die ich von meiner Familie als so extrem grenzüberschreitend und verletztend empfinde, nämlich mich immer dafür verantwortlich zu machen, daß sie enttäuscht, traurig oder frustriert sind, weil ich nicht so bin oder handle, wie sie sich da wünschen, 1:1 genauso mache in meinen Beziehungen. Das war ein ganz schöner Schock.
    Eben hatte ich ein langes Telefonat mit Ben´s Papa udn wir haben uns genau darüber unterhalten. Aber auch noch über eine andere Sache, z.B., daß ich Komplimente nicht annehmen kann - ich schwäche sie sofort ab oder mache etwas Negatives draus. Es steckt einfach so tief in mir drin, daß das, was ich mache oder bin, nicht wirklich gut und bedeutend ist... Damit stelle ich mir natürlich mein Leben lang selber ein Bein.

    Wenn dieses Buch (oder auch andere in der Art) dazu beitragen, daß man solche Dinge erkennt und vielleicht ändern kann - bei sich selbst und in der Folge dann eben auch bei seinen Kindern, indem man ihnen etwas anderes vorlebt, dann ist es jeden Buchstaben wert - meiner Meinung nach. Ich ertappe mich nämlich auch oft bei "selber schuld" und bei vielen Neins... :???:
    Noch hadere ich mit der Idee, daß das Sich-Selbst-Ändern nur mit fachlicher Hilfe möglich ist... ;-)
  • katjaklarakatjaklara

    2,149

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    ich habe heute das buch erhalten und gleich mal zum lesen begonnen. ich bin voller euphorie (schreibt man das so, mir egal ihr wisst was ich meine :grin: )
    ich bin erst ganz am anfang des buches und schon weiß ich so viel mehr. jetzt weiß ich, warum meine mutter so ist wie sie ist. und das ist ein gutes gefühl. und ich danke meinem therapeuten soooooo sehr. ich kann euch das gar nicht alles erklären, was und wie bei mir alles so schief gelaufen ist, aber ich weiß es und mir wird klar warum.

    ich fühle mich gut, obwohl ich weiß, dass noch eine menge vor mir liegt. ich danke auch der familienaufstellung, die ich schon gemacht habe und dem nlp kurs und dass ich zur akkupunktur gegangen bin. das wird mir jetzt erst so klar. ich bin auf dem besten weg.

    ich weiß jetzt schon, dass das buch ein neuer begleiter in meinem leben wird. es ist zwar wirklich schwer zu lesen. ich muss auch ein paar mal was 2mal lesen, aber es tut mir gut.

    meine mama zum beispiel kann gar nicht anders als so wie sie tut. und sie ist der knackpunkt in meinem leben. sie hat aber das packerl ihrer eltern zu tragen und und und

    ich weiß nur: ICH DURCHBRECHE DIESEN KREISLAUF!!!!! :bounce02: :bounce02: :bounce02:
  • MajonieMajonie

    3,882

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    ich habe das buch, durch euch drauf gekommen und bestellt, angefangen zu lesen. weit bin ich noch nicht, grad auf deite 74- ich finde auch das es sich schwer liest- zumal ich an vielen stellen sofort anfange zu rebellieren...

    deshalb meine bitte: wär es nicht möglich, den tread irgendwie immer in der plauderecke oben "festgebibbt" zu lassen? zumindest die nächsten 2-3 wochen? veilleicht könnten wir dann beim lesen miteinander diskutieren? allein fress ich das nämlich bestimmt nicht :oops:
    wie gesagt, einerseits regt sich ständig wiederstand, andererseits der aha- effekt. dann wie soll das gehen? oder auch: ja, das hat mir selber schon wehgetan...
    versteht ihr was ich meine?

    @red: du brauchst mit sicherheit keine komischen gefühle haben, bei einem treffen. du bist genauso wie ich mir dich vorgestellt habe! ich mag dich gern und besonders mag ich an dir, das du sagst was du denkst! :oops:
  • AnonymousAnonymous

    59,500

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Bin mit dem Buch auch noch lange nicht durch... vertrage es nur häppchenweise.
    Das Hauptgefühl dabei ist eigentlich immer, daß ich mir Sorgen mache, es nicht schaffe mich in der Situation dann ohne groß nachzudenken automatisch richtig zu verhalten, weil meine Reaktionsmuster eben "alt" sind - wenn ihr versteht, was ich meine.

    Gerade lese ich den Bereich Eigenverantwortung und auch, wie schädlcih es ist, ins völlige Gegenteil von "ich setzte Kindern Grenzen" zu verfallen - also seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse immer hintenanzustellen und die Kinder immer zu fragen was sie wollen und ihnen alles offen zu lassen - weil sie eben oft nur wissen, wozu sie Lust haben, aber nicht, was sie brauchen. Und daß Kinder sich alleinegelassen fühlen, wenn man aus Angst, so mißachtend zu sein wie seine Eltern, ins komplette Gegenteil verfällt. Weil das dann auch wieder nichts damit zu tun hat, die Kinder erstzunehmen als vollwertige Mitglieder der Familie - indem man sich selber kleiner und sie zum Bestimmer macht. Es geht ja darum, daß die Interessen aller Mitglieder geachtet werden - auch der Eltern. Und Kompromisse gefunden werden, die allen das Gefühl gibt, daß mit ihren Bedüfnissen achtsam umgegangen wird.

    Für mich ist das ziemlich schwierig, ich habe in meinem näheren Umfeld niemand, mit dem ich das üben und praktizieren könnte außer Ben - und dessen Feedback ist naturgemäß noch begrenzt. ;-)
    Meine Familie kann Null damit umgehen, die Bedürfnisse anderer Menschen (vor allem Familienmitglieder) zu achten - also gezwungenermaßen und mit Wut darüber und Beleidigtsein schon, aber nicht, weil sie das für richtig und gut halten. Ben´s Vater kommt ja aus einer ähnlichen Familie und für den ist ebenfalls alles unmöglich, was seinen eigenen Bedürfnissen nicht vollumfänglich entspricht - an Kompromissen erstickt er fast und wenn jemand etwas von ihm möchte, dann macht er aus Prinzip in kindischem Protest das Gegenteil davon. Auch das wird ja sehr schön in dem Buch als Prinzip beschrieben.
    Aber letztlich heißt das, daß alle Menschen, mit denen ich häufig zu tun habe und bei denen Gefühle im Spiel sind (die ja eben oft rationales Handeln verhindern und automatisches Reagieren nach erlernten Mustern heraufholen), definitiv mit Ablehnung reagieren, wenn ich für mich Grenzen setze oder meine Bedürfnisse äußere.

    Beispiel: Ich hatte ja davon erzählt, daß meine Eltern, als ich ihnen Ben anvertraut hatte, sich über meine Wünsche hinweggesetzt und ihn mit Süßkram und Orangen gefüttert haben, so daß ich nachts wegen der Bauchkrämpfe noch in die Notaufnahme mußte. Meine Mutter hat mich dazu noch angelogen darüber, warum Ben sein mitgebrachtes Essen nicht gegessen hat. Ich habe meinen Eltern deshalb nie Vorwürfe gemacht - nur für mich die Konsequenz daraus gezogen, daß er nichtmehr alleine zu ihnen geht, weil ich ihnen nicht vertrauen kann, daß sie meine Wünsche respektieren. Meine Mutter hat seitdem ein latent schlechtes Gewissen und erhofft sich von mir die Absolution dafür, daß alles vergessen ist, ich die Verantwortung von ihr nehme (die sie bisher mir gegenüber nie übernommen hat). Immer wieder bringt sie das auf den Tisch - gewürzt mit dem Hinweis, daß andere Kinder auch mit solchem Essen groß geworden sind und ich mich deshalb nicht so haben soll und es unangemessen von mir ist, ihnen das bis ans Lebensende vorzuwerfen. Dann ist sie wütend auf mich und spricht tagelang nichtmehr mit mir. Ist gerade aktuell. Weil sie mir in meiner momentanen gesundheitlichen Situation nicht helfen"dürfen", indem sie Ben nehmen, sind sie jetzt beleidigt und reden nichtmehr mit mir. Und helfen mir natürlich auch nichtmehr, weil ich sie schlecht behandle.
    Die Ausgangssituation ist also: Mir geht es nicht gut und ich kann Hilfe ab und zu gut brauchen. Meine Eltern reagieren darauf, indem sie sich zum Mittelpunkt der Situation machen und darunter leiden, daß ich mich nicht so verhalte, wie sie es für richtig halten. Mit der Konsequenz, daß sie mir dafür Vorwürfe machen, wie schlecht es ihnen wegen mir geht.
    Ich erinnere: Ursprünglich ging es mir gesundheitlich nicht gut. Ich habe von meinen Eltern nichts gefordert und ihnen nicht vorgeworfen. Meine Eltern kommen aus dieser Situation heraus zu dem Schluß, daß ich ein böses Kind bin.
    So ist das schon mein ganzes Leben und selbst wenn ich das langsam erkenne, ist es schwer, nicht daran zu verzweifeln... und vor allem, es nicht genauso zu machen. Dieses Muster steckt auch in mir drin.

    @Majonie:
    Was genau ruft denn deinen Widerstand hervor?
  • coracora

    6,187

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    ..., daß ich mir Sorgen mache, es nicht schaffe mich in der Situation dann ohne groß nachzudenken automatisch richtig zu verhalten, weil meine Reaktionsmuster eben "alt" sind - wenn ihr versteht, was ich meine.

    das geht mir ganz genauso! Und schon erwische ich mich, wie ich brülle "Nein, mach dies und das nicht" oder "pass auf, das ist gefährlich, fall da nicht runter" um nur kleine Beispiele zu nenen... ;-)

    Katka, deine Eltern sind die Egozentrik par excellence und ich erkenne jedesmal in ihrem Verhalten meinen Vater wieder. Und komischerweise waren solche Leute auch gehäuft unter meinen Freunden zu finden, so dass ich jetzt, seit ich das erkannt habe, kaum mehr welche habe :???: Ich habe inzwischen kaum mehr KOntakt mit meinem Vater, weil in einer Aussprache mal rauskam, dass ich so aussehe wie emine - von ihm schon lange geschiedene - Mutter und er nicht damit klarkommt. :???:

    Der Horizont solcher Leute dreht sich immer nur um sie selber, und es ist nicht möglich, ihnen etwas anderes, einen andere Sicht der Dinge nahezubringen.
  • RegulaRegula

    952

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ich bin auch mitten im Buch und es berührt mich nicht so heftig, wie manche es beschreiben.
    Ja, es ist nicht einfach geschrieben und ziemlich happig zu verdauen aber vieles was da steht habe ich früher schon intuitiv erfasst, aber nie so zusammengefasst geschrieben irgendwo gelesen.
    Es tut mir gut, das nun mal von anderer Seite zu lesen. Es ist nun mal mein Menschenbild, dass nicht alle grundsätzlich schlecht sind und dass vieles was Menschen tun einen Grund hat.
    Das mit dem Loben steht so ähnlich auch schon im "Warum Babys weinen" und obwohl ich es verstehe, warum man nicht andauernd loben soll, fällt mir dieser Teil enorm schwer.
    Meine Vergangenheit kommt mir beim Lesen nur teilweise hoch. Es war auch nichts Spektakuläres, ausser einem Vater, der sich sehr rausgehalten hat, aber damit habe ich mich schon als Kind abgefunden. Meine Eltern haben bestimmt Fehler gemacht, gewisse Dinge würde ich gerne mit ihnen bespreche aber meine Mutter ist schon seit 13 Jahre tot und mein Vater wäre dazu sowieso nicht empfänglich. Das einzige was mich wirklich etwas betroffen gemacht hat, war die Geschichte unter Integrität, bei der dem Mädchen Eifersucht unterstellt wurde, weil es die Eltern fragten warum sie den Bruder lieber hätten. Das ist in etwa meine Geschichte: Das Mädchen, dass versuchte, sich mit Leistung gegen den leicht behinderten Bruder durchzusetzen - und als das nicht klappte eine ziemlich heftige Pubertät entwickelte ;-)
    Noch heute fällt mir auf, wie schnell man mit der Erklärung "sie/er ist halt eifersüchtig" da ist, wenn jemand sich nicht so grossmütig verhält, wie man dies erwartet.
    Solche Dinge werden sich aber nie eliminieren lassen (denke ich), das wichtigste ist, eine gewissen Selbstkritik (ohne zu übertreiben) und den Fehler nicht immer bei anderen (sprich dem Kind) zu sehen.
  • AnonymousAnonymous

    59,500

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Der Horizont solcher Leute dreht sich immer nur um sie selber, und es ist nicht möglich, ihnen etwas anderes, einen andere Sicht der Dinge nahezubringen.

    Mit dem Gedanken beschäftige ich mich gerade. Als mir anhand der aktuellen Situation mit meiner Familie klar wurde, daß es egal ist, was ich tue - es endet immer damit, daß es um meine Eltern (oder meine Schwester) geht und darum, daß es ihnen wegen irgendwas was ich tue oder nicht tue nicht gutgeht und ich gedrängt werde, mich schuldig zu fühlen und die Verantwortung dafür zu übernehmen, wurde ich zum ersten Mal seit bestimmt 15 Jahren wieder sauwütend. Und gleichzeitig furchtbar traurig - denn mir wurde klar, daß ich keinen Einfluß darauf habe, daß sie nicht bereit sind, die Verantwortung für ihre Gefühle und ihr Leben selber zu tragen - und auch, daß es einfach völlig unfair und unangemessen ist, die Verantwortung dafür seit ich denken kann mir zu übertragen. Und es ist ebenalls völlig utopisch, daß sich an ihrer Art zu denken und zu handeln nochmal irgendwas ändert. Sie sind 67 und 71.
    Das macht mich traurig, denn das bedeutet daß meine einzige Möglichkeit, mich selber von den Grenzverletzungen zu schützen kein Kontakt ist (oder nur sehr oberflächlicher) und die schlußendliche Akzeptanz, daß ich von meinen Eltern keine Achtung, Liebe und Eigenverantwortlichkeit erwarten kann, weil sie es eben einfach nicht können. Und sie tun das ja nichtmal aus Bösartigkeit, so daß ich richtig sauer auf sie sein könnte, sie haben es ja einfach nur selber nie anderst erfahren udn ihnen ist nicht bewußt, was sie da tun. Wenn ich ihnen versuche das klarzumachen, fühlen sie sich angegriffen und sind wieder beleidigt. Was mich allerdings nur sauer macht, ist das verhalten meiner schwester - denn seit die Single ist (seit 7 Jahren), hat sie sich an mich geheftet und versucht immer wieder, mir alle Verantwortung für ihr Glücklich- oder Unglücklichsein anzuheften, inklusive aller Vorwürfe. Und da sie erst 40 ist, nehme ich es ihr durchaus übel und im Moment besteht auch da Funkstille, weil sie nicht einsieht, wie grenzverletzend sie sich damit benimmt.

    Meine einzige Chance besteht also darin, meine eigenen Grenzen deutlicher zu machen udn mit den Konsequenzen, nämlich dem Kontaktabbruch meiner Familie besser umgehen zu lernen.

    Und mir geht es da wie dir, Cora - seit ich mir darüber mehr und mehr bewußt werde, daß ich immerzu die Verantwortung für die Gefühle und das Wohlbefinden anderer angenommen, bzw. ja vielleciht auch manchmal gesucht habe, weil es meinem Muster entspricht, und angefangen habe das abzulehnen, habe ich nur noch sehr wenige Freunde. Heute muß ich aber feststellen, daß das auch Menschen sind, die mich schon sehr lange begleiten und die niemals meine Integrität verletzt haben - deshalb funktioniert das wohl auch auf Dauer.
    Und trotzdem: Steckt es in mir drin, die Verantowortung für die Gefühle anderer zu übernehmen und die für meine eigenen abzulehnen, indem ich mich dementsprechend verhalte. ich habe in der Vergangenheit immer gelitten dun ausgehalten udn wollte, daß andere sich anderst verhalten, damit ich glücklicher bin. Das ist natürlich fatal.

    Und da gibt es dieses Kapitel über Alleinerziehende in dem Buch und die Kinder, die ganz automatisch die Verantwortung übernehmen für den fehlenden Elternteil/Partner... puh, da wird mir ganz anderst, wenn ich das lese.
    Klar versuche ich immer, meine Frustration über die gescheiterte Beziehung zu Ben´s Papa, meinen Ärger über ihn oder meine Familie oder auch mein Bedürfnis nach einem Partner von Ben wegzuhalten, aber ob mir das wirklich gelingt? Ich merke ja, wie genau er jede Stimmung von mir aufnimmt und darauf reagiert. Und oft habe ich wirklich den Eindruck, er zieht sich in eine innere Einsamkeit zurück und läßt mich nicht wirklich an sich ran, vor allem, wenn er sich nicht von mir trösten läßt oder meine Hände dann wegschiebt... da bin ich jedesmal kurz vor einer Krise, weil ich denke, ich hab da schon was heftig verbockt, weil ich mich auch oft mit meinen Gedanken in mich zurückiehe und dann für ihn nicht erreichbar bin...

    Natürlich kann man dem so begegnen, daß man keine solche Bücher mehr liest... aber vielleicht helfen sie ja auch, schlimmeres zu vermeiden, weil man wacher wird, auf Signale des Kindes zu achten?
  • coracora

    6,187

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Natürlich kann man dem so begegnen, daß man keine solche Bücher mehr liest... aber vielleicht helfen sie ja auch, schlimmeres zu vermeiden, weil man wacher wird, auf Signale des Kindes zu achten?

    ich denke, sie machen wachsam, du weißt, auf was du achten kannst, und ich sehe jetzt vieles mehr aus seiner Sicht.

    Caius lässt sich übrigens auch ganz oft nicht trösten und ich komme nicht an ihn ran; du musst das alles dann nicht auf dich beziehen und darauf, dass er von dir allein erzogen wird. ;-) Er stößt mich dann regelrecht weg und will niemanden an sich ran lassen, und ich/wir sitzen dann ganz verzweifelt da und wissen nicht, wie wir ihm helfen können, da er uns nicht mal die Chance gibt, Nähe zu geben... ;-) Aber so langsam komme ich damit klar, er will dann offensichtlich seine Ruhe und die müssen wir auch akzeptieren, wir bleiben dann bei ihm, aber fassen ihn nicht an und warten ab.
    Interpretier besser nicht in jedes seiner Verhaltensmuster einen Fehler durch dich hinein, du machst dir das Leben nur unnötig schwer damit ;-)
  • AnonymousAnonymous

    59,500

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Naja, schonmal gut zu hören, daß es noch andere Kinder gibt, die sich in die innere Isolation begeben und nicht durch Nähe zu trösten sind.
    Ben ist ja eh kein Schmuser, aber manchmal hab ich eben den Eindruck, er kapselt sich völlig ab - da stellt sich mir natürlich die Frage warum. Zumal ich eben im Bekanntenkreis keine Kinder kenne, die so sind - alle sind bei Mama und durch Nähe zu trösten, alle schlafen wunderbar bei Nähe ein. Nur Ben nicht, der will meine Nähe nicht zum Einschlafen.

    Vielleicht ist das genau ja auch die Gefahr solcher Bücher - daß
    man sich bei entsprechender Neigung jeden Schuh anzieht, der passen könnte. ;-)
    Allerdings würde ich mir auch ohne solche Bücher diese Fragen stellen - insofern...
  • katjaklarakatjaklara

    2,149

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    @katja
    das sehe ich auch so. du darfst nicht immer alles auf dich nehmen und dich dafür schuldig fühlen. bei vielen dingen im leben hat das nichts mit einem selber zu tun.
    ich kann nur ein anderes beispiel geben. eine freundin von mir. sie ist verheiratet, hat eine intakte elternbeziehung, die eltern beider sind noch zusammen (keine scheidungskinder) also alles ganz normal. deren sohn 7 monate, lässt sich auch nicht am arm trösten, der will alleine sein, aber schon seit dem er ganz klein war. er braucht seine ruhe um zur ruhe zu kommen. und er ist auch überhaupt kein kuschelkind, was meine freundin sehr bedauert. alle kinder sind anders, kann man da nur sagen.

    laut buch liegt das auch total in seiner persönlichen verantwortung. bedürfnisse wie hunger, durst, schlaf, nähe, DISTANZ und so weiter (seite 150) das soll man ihm nicht nehmen.

    dein problem mit deinen eltern, ja das kenne ich auch. bis jetzt hab ich mich einfach noch nicht getraut leonie sei es bei meiner mutter oder bei meiner schimu (bei der noch weniger) alleine zu lassen und sei es auch nur für ganz kurze zeit. sie halten sich auch nicht an meine regeln. ich versuche nach und nach meine standpunkte klar zu machen. das ist aber nicht leicht, denn meine mama hört mir manchmal einfach nicht zu, da bin ich luft. sie sagt nur jaja und ist mit was anderem beschäftigt (gedanklich) ich erkenne mich im "unsichtbaren kind" und in der "überverantwortlichkeit" wieder. bin ein scheidungskind und hab meine mutter immer unterstützt und war ihre sorgenstelle und ihre troststelle und ihr aufpasser und hab teilweise die erziehung meiner schwester übernommen und und und ...noch heute stelle sie sich mir gegenüber dumm dar. "ich kann das nicht. wie soll ich das denn machen? mach das du, du kannst das besser,...." mir geht das sooooooooooooo auf die nerven.
    nach meiner therapie, die ich wegen meiner bulimie begonnen habe, und nach einer familienaufstellung habe ich heute alle verantwortlichkeit, die nicht meine ist, abgegeben. hat lange gedauert, aber ich kann es jetzt. manchmal muss ich mich noch am riemen reißen, damit ich nicht in alte muster zurückfalle.
    meine mama kann ihre verantwortlichkeit auch nicht übernehmen. sie wird wütend und verletzt, eh wie du es beschrieben hast katja. sie meint dann: wirst schon sehen, wie das bei dir und leonie werden wird,.... vorwürfe über vorwürfe um sich selber zu schützen.

    eines wollte ich noch sagen. deine familie wird von alleine einsicht bekommen, solange du stark bleibst, denn wenn du auf deinem standpunkt bleibst und es eben dann keinen kontakt gibt, wenn sie nicht auf dich hören und das tun, was du möchtest, dann werden sie zum denken anfangen. nicht gleich. das kann auch schon dauern, aber es wird funktionieren. da bin ich mir sicher. mein therapeut hat mich dahin bestärkt.

    bin beim buch schon verantwortliche machtausübung, aber ich lese es sicher noch einmal.
  • AnonymousAnonymous

    59,500

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Das meine Familie irgendwann wieder auf mich zukommen wird, das haben mir schon einige gesagt... denn schließlich wollen sie ja anscheinend eigentlich Kontakt, reagieren aber immer mit Kontaktsperre, wenn ich nicht nach ihren Wünschen funktioniere.
    Meien Sorge ist nur einfach die Zeit, die uns gemeinsam noch bleibt, denn meine Eltern sind ja schon alt... und auch die Zeit, die Ben mit ihnen verlorengeht, denn er mag seine Großeltern ja wirklich gern.

    Ich knabbere im Moment daran eine Möglichkeit zu finden, mit ihnen Kontakt zu haben, der aber nicht meine Grenzen überschreitet. Ob das dann Einfluß darauf hat, wie sie sich mir gegenüber verhalten, weiß ich nciht. Im Moment können meine Eltern definitiv nicht damit umgehen, daß ich plötzlich Grenzen setze, wo ich das früher nie getan habe. Dann bin ich eben ein undankbares Kind, wo sie sich so für mich aufgeopfert haben... :roll:

    Hat jemand vor euch da positive Erfahrungen damit gemacht? Das würde mcih wirklich mal interessieren.
  • coracora

    6,187

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Und - habt ihr alle das Buch durchgelesen?

    dieser Thread wurde jetzt wieder geöffnet - wir hatten das nur vergessen ;-) - und ich frage mich, ob ihr noch Erkenntnisse hattet aus dem Buch?
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