Hallo,
nachfolgend unser Geburtsbericht - er ist sehr lang und recht detailliert. Bitte lasst euch nicht abschrecken, wenn ihr euer erstes Kind erwartet - jeder empfindet anders und jede Geburt ist anders - meine war zum Schluss sehr schmerzhaft, und trotzdem meint meine Hebamme, sie war toll und gut.
Geburtsbericht von Jan Luca
Freitag, 29.07.05 hatte ich ab 10 vor 10 unregelmäßige Wehen, sie setzten beim Frühstük ein. Da sie sich anders anfühlten, als am Dienstag zuvor, schrieb ich mir die Pausen und die Dauer der Wehen auf, alle 4 – 10 Minuten, jeweils ca. 30 Sekunden, noch gut zu veratmen. Um halb 12 rief ich Karin, meine Hebamme an. Sie kam um halb eins und fragte mich: „Bisch am schaffe?“ Nun ja, das war ich wohl ein wenig, ich muss auch ziemlich fertig ausgesehen haben… Die Herztöne unseres Kleinen waren okay, der Muttermund noch geschlossen. Sie meinte, wenn, würde es erst am Abend richtig losgehen, wir sollten den Mittag noch für uns nutzen (essen, schlafen wenn möglich, Kraft tanken) – das wäre alles erst ganz ganz am Anfang und sie würde abends noch mal nach uns sehen.
Also haben wir gegessen, ich bin in die Badewanne (nicht lange, mein kreislauf wollte da nicht so recht mitmachen, aber die Wehe, die da kam, war besser auszuhalten gewesen: sollte es wirklich eine Wassergeburt werden?) Mein Mann wirkte bei all dem ein wenig hilflos, denn was sollte er auch tun? Ich wollte nicht großartig angefasst oder massiert werden, also blieb ihm nur die Rolle des Zuschauers.
Um 14.25 Uhr kam die erste Wehe, die ich vertönen musste (haaaaaa), sie war einfach zu schmerzhaft um sie zu veratmen. Wir riefen Karin um kurz vor vier wieder an und meldeten eine Regelmäßigkeit von 5 Minuten, Dauer 30 – 45 Sekunden. Sie kam, untersuchte mich und stellte klar, dass diese 30-Sekunden-Wehen nichts am Muttermund bewirkten. Ich solle mich nicht so kaputtmachen indem ich so mitarbeitete, ich solle mich entspannen, spaziergehen, schlafen, da ich sonst später keine Kraft mehr haben würde. Auf ihr Anraten nahm ich eine Magnesium-Tablette und sie ging wieder. Es ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: das ist noch gar nix, ich soll mich nicht so anstellen – hat sie natürlich nicht gesagt, aber wohl gedacht (und überempfindlich wie ich war, hat mich das schon getroffen: ich hab hier Schmerzen, es tut sich noch nix, und ich soll mal wieder runterkommen... aber das könnte auch Einbildung gewesen sein, denn sie war sehr freundlich).
Also sind wir spazierengegangen, bei einer Wehe hab ich mich an Olis Schulter gehängt und geatmet (und das tönen verkniffen). Wieder zuhause, legte ich mich ins Bett. Keine gute Idee – die beiden Wehen, die ich so zubrachte, waren kaum auszuhalten. Also aufstehen. Rumlaufen sollte ich ja nicht – was tun? Ich setzte mich in den großen Wohnzimmersessel und vertönte die Wehen, veratmen ging beim besten Willen nicht mehr und ich war inzwischen sicher, dass sie doch was am Muttermund bewirkten, denn ich spürte den Kopf des Kindes tief im Becken bei jeder Wehe. Es fühlte sich an, wie ein Druck auf die Blase, aber eben doch nicht ganz, denn es war mehr in der Mitte. Nur das Gefühl war ähnlich. Ab und zu habe ich die Wehe nicht richtig „erwischt“, konnte sie nicht vertönen, verkrampfte mich und die Folge war, dass die nächste Wehe sofort kam und nicht erst in 5 Minuten.
Um 9 Uhr bat ich Oli, Karin anzurufen. Dieses Ansinnen wurde abgelehnt mit der Begründung wir sollte doch warten bis die Wehen häufiger kämen oder länger wären. *hmpf* ich hatte keine Kraft für Diskussionen, also wurde nicht telefoniert. Um 9.20 bat ich um einen Eimer, Oli begriff zum Glück sehr schnell, ich erbrach. Ich sagte „Ruf – Bitte – Karin – An.“ Er tat es, sprach auf den AB mit der Bitte um Rückruf, ich sagte ihm, er solle es auf dem Handy probieren. Da erwischte er sie und schilderte kurz die Lage: inzwischen zwei heftigere Wehen, erbrochen…. Karin kam, untersuchte mich und sagte, der Muttermund sei nun 3 cm auf (sag ich doch, dass diese 30-Sekunde-Wehen wirksam waren). Sie rief im Krankenhaus in Herbolzheim an, während ich eine Wehe kommen spürte. Sie sagte: „Hallo, Karin Rendler hier. Ich hab hier eine - - - „ während ich haaaaaaaa tönte, dann lachte sie und saget „Ja, genau“ wobei ich trotz Wehe mitlachen musste.
Die Tasche stand gepackt bereit. Oli machte noch einen Rundgang durchs Haus, packte sich Kleider für 2 Tage ein, da wir beschlossen hatten, wir nehmen bis Sonntag ein Familienzimmer, gab den Katzen für 3 Tage Futter, und dann ging es los Richtung Krankenhaus. Die Fahrt ins Krankenhaus war alles andere als angenehm. Ich hatte ja immer noch alle 5 Minuten Wehen, und die im Sitzen zu vertönen war anstrengend. Außerdem spürte ich jede Straßenunebenheit auch ohne Wehe und versprach, bei den entsprechenden Gemeinden Klageschriften einzureichen….
Im Krankenhaus angekommen, waren die Wehenabstände geringer und Laufen war schier unerträglich, aber ich musste ja noch in den Kreissaal und da stehen oder sitzen genauso mies war, bewältigten wir das Stück zu Fuß, wobei ich vermutete, dass dieser recht kurze Weg mir mindestens noch einen Zentimeter am Muttermund bringen würde. Im Kreissaal angekommen, zog ich Hose, Socken und Schuhe aus und vertönte weiter im Vierfüßlerstand. Ich musste mich abermals übergeben. Karin bat mich noch einmal auf den Rücken zur Untersuchung: 5 cm! Sie meinte, dass nun das längste Stück geschafft wäre (ab dem Zeitpunkt, an dem ich die Wehen für effektiv hielt, dürften es so ca. 5 Stunden gewesen sein). Dann musste sie ein CTG schreiben, und den Gurt am Bauch zu haben machte die Wehen auch nicht besser. Da es inzwischen 11 Uhr war, wurde mir für Notfälle auch ein Zugang gelegt, obwohl das sonst in diesem Krankenhaus nicht automatisch üblich war. Mit meinem Horror vor Spritzen und ähnlichem kann man sich vielleicht vorstellen, wie es war, in die Hand gestochen zu werden zwischen zwei Wehen, wo man normalerweise schmerzfrei ist. Zurück aufs Kreisbett in den Vierfüßler, und den Rest an Kleidung ausgezogen, das Angebot eine Flügelhemdes lehnte ich ab und sagte auch noch, dass ich es mir vorher nicht hätte vorstellen könne, hier nackend in den Wehen zu liegen – aber es war tatsächlich am angenehmsten so – mir war heiß.
Ein wenig später ließ ich Oli bei Karin anfragen ob ich in die Wanne könne. Sie ließ Wasser ein und ab ca. 12 Uhr war ich dann in der Gebärwanne. Oli wollte irgendwann mal kurz weg (als Karin zufälllig grad auch nicht anwesend war), aber ich nahm ihm das Versprechen ab, mich nicht allein zu lassen. Der Effekt der Wanne war: die Abstände zwischen den Wehen wurden länger, aber die Wehen wurden auch länger und intensiver. Nach einer halben Stunde überlegte ich in einem klaren Augenblick, ob mir das so lieber ist, und entschied mich dafür, denn ich war tatsächlich in manch einer Wehenpause völlig weggetreten – nicht für lange, aber das war sehr hilfreich um wieder Kraft zu schöpfen.
Irgendwann fragte mich Karin, wie weit denn nun der Muttermund auf sei. Ich meinte zu ihr: „Du Keks, du bist doch die Hebamme, woher soll denn ich das wissen?“ Sie lächelte und bat mich, es ihr mit den Fingern zu zeigen. Ich ging kurz in mich und formte dann mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis. Sie lächelte wieder und meinte: „Genau. 7 cm!“ was bei mir Verwunderung auslöste, aber gut. Wenn sie das sagt, glaub ich ihr das halt einfach.
Und so arbeitete ich weiter vor mich hin. Wehe für Wehe, Stück für Stück. Oli kümmerte sich um kalte Waschlappen und Wasser zum Trinken (ich hatte DURST). Zwischendurch bat ich 2 mal um kühleres Wasser. Zu Karin meinte ich einmal: „Ich glaube, ich schaffe das.“ Sie lächelte und meinte: „Ja, warum denn auch nicht?“
Irgendwann fragte mich Karin, ob ich pressen müsse. Ich war erstaunt. Horchte in mich hinein, horchte auf mein Tönen bei der nächsten Wehen und das kurze Ächzen am Schluss – tatsächlich. Gesagt habe ich nichts. Bald darauf meinte sie: „Aber, es drückt doch, oder?“ „Ja. Schon ein wenig.“ Mit meiner Erlaubnis untersuchte sie den Muttermund (10 cm *freu*) und gab mir das Okay, zu pressen, wie es die Wehe erfordert. Ich drückte meine Füße unten gegen den Wannenrand und übte gleichzeitig Gegendruck aus, indem ich an den Wannengriffen zog – so konnte ich es am besten aushalten. Ich weiß nicht, wie lange ich das machte, bis sie mich bat, erneut untersuchen zu dürfen, während einer Wehe, um zu sehen, ob der Druck ausreichte, damit es weitergeht. Da war immer noch ein kleiner Saum. Den drückte sie bei der nächsten Wehe beiseite und ich sollte richtig fest pressen. Und noch einmal. Dann hielt ich die Finger in mir nicht mehr aus und sagte das auch. Sie erklärte, dass da immer noch der Saum sein, aber er sei so weich, dass das keine Probleme bereiten dürfe. In der Zwischenzeit hat sie mir auch noch mal ein CTG angelegt, um die Herztöne zu überwachen – dauerhaft, wie sie meinte, um sicherzugehen, dass es dem Kleinen gut geht. Es ging ihm gut – ich hab es ja gehört und kein einziges Mal gingen die Herztöne runter.
Die Presswehen wurden stärker, ich hatte immer mehr Schwierigkeiten, die Pausen zu nutzen, Karin gab mir Belladonna. Manchmal tönte ich die Tonleiter hoch statt runter, Karin holte mich dann immer wieder runter. Ich bettelte unser Baby um Pausen an, fest überzeugt, dass er die Wehen mit auslöst. Je besser ich mich entspannte, desto länger waren die Pausen, das wusste ich, aber es war machmal so schwierig, abzuschalten. So langsam merkte ich, wie der Kopf durch den Geburtskanal wanderte, spürte dann auch mal den Druck auf den Enddarm und wusste, wir nähern uns dem Ziel.
Aber damit wurden auch die Presswehen schlimmer. Aber, man hat ja keine Wahl. Ich arbeitete und wehte und presste. Karin zeigte mir 2 Fingerbreit an, das sei der restliche Weg meines Kindes, es würde nun keine Stunde mehr dauern (so lange noch? Dachte ich, das schaff ich nicht). Sie meinte ich solle mich in den Wehen nun ins Seil hängen, und immer wieder erinnerte sie mich, in den Wehenpausen die Beine breit zu lassen, um das Kind nicht wieder zurückzuschieben. Inzwischen war es auch vorbei mit Tönen. Ich schrie aus vollem Hals, ich schrie auaauaaua, ich rief „Karin, hilf mir“ (wobei denn? Ich wusste ja, dass ich selber da durch muss, aber ich musste mich einfach an jemanden um Hilfe wenden). Immer wieder sagten Oli und Karin mir, wie gut ich das mache und dass es vorwärts geht und dass es nicht mehr lange dauert. Karin versprach, in einem Zentimeter den Arzt zu rufen, schaute immer wieder, ob sie den Kopf sieht.
Ich hing in den Wehen in dem Seil, zog mein volles Körpergewicht daran hoch, wurde von Oli im Rücken gestützt. In klaren Momenten dachte ich daran wie hilflos er sich fühlen musste (einmal hielt er mein Schreien und meine Schmerzen auch nicht mehr aus und ging einen Kaffe trinken und eine rauchen, nachdem Karin ihm versichert hatte, es ginge noch ein wenig). In einem anderen klaren Moment hörte ich mein gellendes Schreien und der voll gekachelte Raum vibrierte und ich dachte, dass den beiden doch die Ohren abfallen müssten, und wie weit man in dem KH das hört (tatsächlich hielt Karin sich in dem Augenblick ein Ohr mit dem Zeigefinger zu, was ihr einen strafenden Block meines Mannes eintrug – wie er mir später erzählte).
Nun, der versprochene Zentimeter ging auch vorbei und Karin verfiel in Betriebsamkeit, rief den Arzt an, richtete Handtücher und sonstige Utensilien. Ich hatte bei jeder Wehe das Gefühl, es zerreißt mich. Und bei jeder Wehe dachte ich, dass es jetzt reicht und dann fehlte doch das letzte bisschen Kraft, die Wehe verging und ich wusste genau, ich brauche noch einen Anlauf (und vielleicht noch einen) – obwohl ich mit aller Kraft presste und einmal dachte „Dieses Kind schreie ich auf die Welt.“
Der Arzt traf ein, zog sich Handschuhe an und tat ansonsten erstmal gar nichts (außer auf die Geburt zu warten ). Karin bot mir an, mal zu fühlen, sie sehe den Kopf „So viele schwarze Haare“ und obwohl ich mir auch dies vorher nicht vorstellen konnte, fühlte ich. So viele Haare, so weich….
Ich presste mit aller Kraft. Auf einmal war der Schmerz weg und begeisterte Kommentare waren zu hören: der Kopf ist da! Aha. Der Pressdrang war aber weg – und nun? Also muss der Rest mit Willen rausgepresst werden – was ich auch tat. Mehrfach. Auf einmal ein Flutsch, ein Zappeln und man legte mir unseren Sohn (wie ich nach einem kurzen Blick feststellte) auf den Bauch. Ich sagte: „Ich habs geschafft!“ zu niemandem besonderen. „Wir habens geschafft – du hast es geschafft!“ zu meinem Sohn. Er wurde mit warmen Handtüchern zugedeckt, aber bald merkte ich, dass es ihm zu kalt ist: immerhin war ich seit fast 3einhalb Stunden in der Wanne und habe 2mal nach kaltem Wasser gefragt.
Karin musste ihn abnabeln (mein Mann war grad zur Toilette) bevor wir ins Bett umziehen konnten, denn die Nabelschnur war zu kurz und zu spiralig um mit Kind auf und Plazenta im Bauch mich zu bewegen (und das mir, die ich zeitweise Bedenken hatte, dass sich die Nabelschnur irgendwo drum gewickelt haben könnte!).
Im Bett bekam ich Jan Luca wieder auf den Bauch, sollte die Plazenta gebären. Okay, schaff ich auch noch, sie war draußen, wurde untersucht, ich bangte um Vollständigkeit – alles okay. Ich wollte sie sehen – schließlich kam sie ja auch aus meinem Bauch. Dr. Hermstrüwer zeigte sie mir und ich bat Oli, mir doch meine Brille holen zu gehen – ich hatte völlig vergessen, dass ich sie bereits im Kreissaal loswerden wollte. Nachdem er mir die Plazenta erklärt hatte, wollte er mich nähen. Meine Frage, ob das denn sein müsse, wurde mit einem „Ja, wenn sie da keine Kerbe haben wollen.“ Beschieden. Wollte ich natürlich nicht, also musste Oli sich noch mal seine Hand zerquetschen lassen bei der Betäubung – das war aber schließlich alles halb so schlimm, eher unangenehm und lästig, da da unten eh alles empfindlich und geschwollen war. Karin meinte später - sie hätte es nicht genäht, der Riss war nur minimal und auch die Abschürfung ist wenig.
Nachdem ich Jan eine Weile angelegt hatte (funktionierte auf Anhieb und er sog an meiner Brust wie wenn er noch nie was anderes gemacht hätte), machte Karin die U1. Ich hörte aus dem Nebenzimmer (Oli ist mitgegangen) die Zählung der Finger und Zehen. Jan wurde angezogen und durfte nun zu Papa auf den Bauch während ich weiterversorgt wurde.
Die U1 war perfekt, der Apgar Test 9 / 10 / 10, die U2 am dritten Tag war auch perfekt – wir haben einen kerngesunden kleinen Sohn und sind dankbar dafür.
Jan Luca Brennenstuhl, 30.07.2005, 52 cm, 3490 gr., 35,5 cm Kopfumfang.
Kommentare
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herzlichen glueckwunsch zu eurem kleinen! :bounce02:
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Herzlichen Glückwunsch und schöne Zeit zu Hause :laola02:
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Anja
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Alles Liebe und herzlichen Glückwunsch :bounce02: :bounce02: :bounce02:
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Wünschen Euch eine schöne Kennenlernzeit ;-)
467
Der Geburtsbericht war wirklich so gut geschrieben, daß ich teilweise sogar mitpressen mußte. :shock: :biggrin:
309
d.
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Herzlichen Glückwunsch und eine schöne Kennenlern- und Eingewöhnungszeit ! :bounce02:
Sicherlich wirst Du in unserem Thread dann mehr berichten! ;-))
Willkommen im Club der Nachteulen! ;-)
LG
Emanuela mit Finn *11.07.2005
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1,525
Herzlichen Glückwunsch!
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Herzlichen Glückwunsch !!! :laola01:
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Ich habe auch 'fast' mitgepresst...
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Herzlichen Glückwunsch!!