Nach 3 Monaten habe ich Mailins Geburt endlich soweit „verdaut“, dass ich einen Geburtsbericht schreiben kann.
Errechneter ET war der 01.07.2005. Wegen meinem Bluthochdruck und massiven Wassereinlagerungen war ich seit Wochen mehrmals wöchentlich zur Kontrolle bei meiner FÄ. So auch am Dienstag, den 28.06. Bei der Untersuchung stellte die Ärztin fest, dass sich der MuMu auf 2 cm geöffnet hatte. Sie stocherte in mir rum, worauf mir die Tränen in die Augen schossen und meinte, sie hätte jetzt eine Eipollösung gemacht. Dann wurde noch ein Doppler gemacht. Unserer Kleinen ging es gut. Die Ärztin entschied, dass ich abwarten solle und wenn sich bis zum Montag nichts getan hätte, würde die Geburt am Montag gleich eingeleitet. Länger wollte sie wegen meinem Blutdruck nicht warten, der mit Hilfe der Bltudruck-Tabletten immer grenzwertig war.
In der Nacht zum Mittwoch stellte ich fest, dass blutiger Schleim abging. Gegen 4 Uhr morgens begannen dann Wehen, die etwa alle 15 Minuten kamen. Mein Mann ging um 5 Uhr zur Arbeit und meinte, er hätte um 16 Uhr noch ein Meeting, würde das Handy aber anlassen. Ich sagte nur zu ihm, dass ich den 01.07. wohl nicht mehr schaffen würde.
Im Laufe des Vormittags verringerten sich die Abstände der Wehen auf 10 Minuten. Ich war mir aber immer noch nicht sicher, ob das wirklich richtige Wehen waren, denn ich hatte in den letzten Wochen immer Vorwehen gehabt, die z.T. auch sehr regelmäßig über Stunden angehalten hatten. Ich beschloss gegen 16 Uhr also, ein Bad zu nehmen (uff, bei knapp 30 Grad draußen). Kaum hatte ich das meinem Mann per SMS mitgeteilt, rief er an und meinte, er würde sofort von der Arbeit losfahren und wäre in einer Stunde da (seine größte Angst vor der Geburt war, dass ich ihm nicht rechtzeitig Bescheid sage, weil ich die Wehen nicht ernst nehme!).
In der Wanne verkürzten sich die Wehenabstände dann auf 8 Minuten. Als mein Mann auftauchte, entschieden wir, mal vorsichtshalber im Kreißsaal anzurufen. Dort meinte die Hebamme, ich sollte vorbeikommen, sie würde sich das mal anschauen. Da wir es nicht weit zum KH hatten und ich der Meinung war, auf jeden Fall wieder nach Hause zu kommen, ließen wir den gepackten Koffer gleich zu Hause.
Gegen 18 Uhr waren wir im KH. Dort begrüßte mich eine meiner Wunschhebammen. Ich wurde ans CTG angeschlossen, das keine einzige Wehe zeigte (logisch, mit Eintreffen im Kreißsaal hatte ich auch keine mehr). Die Hebamme maß meinen Blutdruck und stellte fest, dass er mit 160/100 doch recht hoch war. Sie erklärte mir dann, dass ich erstmal dort bleiben solle, um den Blutdruck besser überwachen zu können und ich wurde an ein Dauerblutdruckmessgerät angeschlossen. Schließlich kam eine Assistenzärztin, die mir einen Zugang legte, dann wurde ich von Ärztin und Hebamme untersucht. Der MuMu war 3 cm offen. Ärztin und Hebamme entschieden, dass ich über Nacht im KH bleiben würde, da der Befund recht gut sei, nur die richtigen Wehen würden noch fehlen. Mich wunderte das allerdings, denn ich hatte inzwischen wieder Wehen, die allerdings auf dem CTG nicht aufgezeichnet wurden. Ich sollte das Blutdruckmittel über eine Infusion bekommen und wenn sich bis zum nächsten Morgen von alleine nichts tun würde, dann würden sie die Geburt einleiten. Das war mir auch recht, denn ich war ohnehin davon ausgegangen, dass die Geburt wegen dem Blutdruck spätestens am Termin eingeleitet werden müsste. Ich war froh, es überhaupt bis fast zum Termin geschafft zu haben und bis zum Tag vorher war das Kind weder ins Becken gerutscht, noch hatte sich am MuMu irgendwas getan.
Gesagt, getan. Mein Mann fuhr noch mal nach Hause, um meinen Koffer zu holen, ich bekam inzwischen ein Bett. Dann war Schichtwechsel bei den Hebammen, aber ich hatte Glück und die neue Hebi kannte ich auch schon von der Akupunktur und meinem vorigen KH-Aufenthalt. Zu ihr meinte ich dann, dass ich Wehen hätte, aber auf dem CTG nichts zu sehen wäre. Nachdem sie das CTG neu angelegt hatte, waren auf einmal recht kräftige Wehen zu sehen, aber es tat sich nichts am MuMu. Gegen 22:30 Uhr wurde ich auf die Wöchnerinnenstation verlegt und bekam noch mein Abendessen. Mein Mann fuhr um 23 Uhr nach Hause, um sich für den nächsten Tag auszuruhen. Ich war an einen Infusomaten angeschlossen, was den Marsch zur Toilette recht umständlich machte. Alle Stunde kam die Nachtschwester, um den Blutdruck zu kontrollieren. An Schlaf war nicht zu denken, es war wahnsinnig heiß im Zimmer und draußen braute sich ein Unwetter zusammen.
Irgendwann bekam ich rasende Kopfschmerzen und fragte die Schwester, die gerade mal wieder zum Blutdruckmessen kam, ob ich was dagegen haben könnte. Sie sagte, sie würde erst messen und mir dann eine Paracetamol bringen. Als sie den Blutdruck gemessen hatte, meinte sie, der wäre viel zu hoch, trotz Infusion, sie müsste der Ärztin Bescheid sagen. Wenig später kam sie zurück und erklärte, die Ärztin würde gleich vorbeikommen. Statt der Ärztin erschien zuerst die Hebamme, ich wurde überall abgestöpselt und in den Kreißsaal geschoben. Unterwegs tauchte dann auch die Assistenzärztin auf, wünschte mir einen guten Morgen (es war ca. 3:30 Uhr) und sagte mir, die diensthabende Ärztin wäre schon auf dem Weg ins KH. In dem Moment wurde mir klar, dass ich einen Kaiserschnitt haben würde.
Genauso kam es auch, die Ärztin tauchte auf, fragte nach meinen Kopfschmerzen und ob ich Augenflimmern hätte, was ich bejahte. Dann sagte sie mir, dass sie kein Einleitung verantworten könnte, es ginge nur mit Kaiserschnitt und der müsste auch sofort gemacht werden, da die Gefahr bestehen würde, dass ich Krampfanfälle bekomme und die Kleine nicht mehr richtig versorgt würde. Mir blieb nichts anderes übrig, als dem zuzustimmen. In dem Moment fing ich an zu weinen und konnte bis in den OP nicht mehr aufhören. Ich bat darum, meinen Mann anzurufen, damit er herkommt und fragte, ob ich eine PDA haben könnte. Das wollte die Ärztin nicht, da es zu lange dauern würde, bis die wirken würde. Dann wurde sehr hektisch, die Assistenzärztin klärte mich über die OP auf, die Hebamme rasierte mich, zog mir Thrombosestrümpfe an und legte den Katheder, mein Mann tauchte leichenblass auf und dann ein verschlafener Anästhesist, der mich fragte, ob ich eine Vollnarkose oder eine Spinalanästhesie wolle. Moment, ich war zwar verwirrt, aber vor 5 Minuten hatte die Ärztin doch gesagt, es ginge nur mit Vollnarkose. Ich fragte noch mal nach, die Ärztin schrie wieder: „Vollnarkose“, der Anästhesist schrie zurück, ich wäre die Patientin, ich würde Mutter und wenn ich wach bleiben und mein Kind sehen wolle, würde er eine Spinalanästhesie machen, das wäre meine Entscheidung. Die Spinale ginge schneller als die PDA, es wäre nur eine Spritze in den Rücken und würde kaum länger als eine Vollnarkose dauern. Außerdem hätte ich erst vor 4 Stunden zum letzten Mal gegessen, davon war er auch nicht begeistert. Natürlich wollte ich wach bleiben!!!
Es ging ab in den OP, mein Mann durfte mich noch bis in den OP-Vorbereitungsraum begleiten. Die Hebamme erklärte uns noch mal den Ablauf und schickte meinen Mann in den Kreißsaal zurück. Ich wurde auf den OP-Tisch gehoben, in den OP gefahren und dort vorbereitet. Ich weinte und weinte, die Assistenzärztin hielt mich in den Armen und versuchte gar nicht, mich zu trösten, das hätte sowieso nicht funktioniert (am Tag danach erzählte sie mir, dass sie auch ihr erstes Kind mit Notkaiserschnitt bekommen hätte und daher genau wusste, was in mir vorging). Die Spinale wurde gespritzt, dann stellte der Anästhesist fest, dass mein Zugang para lief, also musste schnell ein neuer gelegt werden .Dann stürzte mein Blutdruck plötzlich ab, mir wurde schwindelig und total schlecht. Ich wurde flach hingelegt und dauernd gefragt, ob ich noch was spüren würde. Ich spürte auch ein Zerren am Bauch und schrie panisch, dass ich noch alles merken würde und sie ja nicht anfangen sollte. Die Anästhesieschwester erklärte mir, dass das Zerren normal sei und solange ich keine Schmerzen hätte, sei alles ok. Ich hatte vielleicht 3-4 Minuten flach gelegen, da spürte ich einen Druck im Bauch nach oben, der mir fast die Luft nahm, die Schwester sagte, gleich wäre es vorbei und da hörte ich schon die Schreie von meiner Kleinen. Sofort fing ich wieder an, loszuheulen. Die Hebamme hielt sie kurz hoch, ich konnte ihr empörtes Gesicht und ihre roten Haare sehen. Dann war sie kurz weg. Nach wenigen Minuten kam die Hebi und legte sie mir auf die Brust (soweit das mit den Kabeln möglich war). Etwa 5 Minuten konnten wir uns gegenseitig „beschnuppern“, dann nahm die Hebi die Kleine, um sie zum Papa zu bringen. Ich wurde derweil genäht. Plötzlich wurden meine Arme taub und ich konnte nicht mehr atmen, bekam überhaupt keine Luft mehr und wurde völlig panisch. Ich dachte, jetzt ist dein Kind auf der Welt und du stirbst jetzt. Es wurde hektisch, der Anästhesist fragte, ob er mir was spritzen soll, damit ich einschlafe und ich röchelte nur „ja“ und weg war ich.
Im Aufwachraum kam ich wieder zu mir, in halbsitzender Stellung. Die Schwester dort sagte mir, die Spinalanästhesie sei „hochgestiegen“, deshalb hätte ich das Gefühl gehabt, keine Luft mehr zu bekommen. Ich müsste die nächsten 4-5 Stunden mehr oder weniger sitzen, bis die Narkose abgeklungen wäre.
Dann wurde ich in den Kreißsaal zurückgefahren. Direkt an der Tür stand mein Mann mit unserer Kleinen im Arm, die tierischen Kohldampf hatte und die ich mit Hilfe der Hebi sofort anlegen konnte und mein Mann und ich konnten nun endlich das erste Mal gemeinsam unser Kind sehen.
Die 7 Tage im KH waren nicht einfach, Mailin und ich kämpften mit Stillproblemen (keine Milch, dann zuviel Milch, blutende Brustwarzen…), aber dank der supertollen Schwestern auf der Station klappte das Stillen 6 Tage nach der Geburt endlich einigermaßen problemlos.
Allerdings hatte ich lange zu kämpfen, bis ich mit der Geburt zurecht kam
. Körperlich war ich eigentlich recht schnell wieder fit, den Wundschmerz kann man leicht ignorieren, wenn da so ein winziges Menschlein neben einem liegt. Aber ich hatte mir so sehr eine natürliche Geburt gewünscht und nun das: ein Notkaiserschnitt mitten in der Nacht. Ich werde mein Leben lang bedauern, dass mein Mann bei der Geburt nicht dabei sein konnte, das ich nicht sein Gesicht sehen konnte, als er unsere Kleine zum ersten Mal sah. Darüber hinaus hatte ich das Gefühl, versagt zu haben. Erst nach langen Gesprächen mit der Assistenzärztin, der Nachsorgehebi und meinem Mann hat sich das gelegt. Ich erfuhr dann noch, dass mein Blutdruck in der Nacht bei 190:120 gelegen hatte und niemand das Risiko einer normalen Geburt bei mir eingegangen wäre.
Was mir bleibt, ist die Hoffnung, dass ich ein 2. Kind normal zur Welt bringen kann. Und meine wunderbare kleine Tochter, für die ich mich trotz allem jederzeit noch mal aufschneiden lassen würde.
Hier noch die Daten:
Mailin wurde am 30.06.2005 um 04:43 Uhr mit 3410 Gramm, 52 cm und 34 cm KU geboren
Kommentare
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Schön, daß dann doch noch alles so glimpflich abgegangen ist. Ich wünsche Euch ein wunderschönes erstes Jahr! ;-)
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Herzlichen Glückwunsch und noch viel Spaß mit der kleinen Maus :bounce02: :bounce02: :bounce02:
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Liebe Grüße
Carolin
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Dein Bericht ist mir irgenwie voll unter die Haut gegangen, kann auch gut dein ohnmachtsgefühl verstehen, als dir der KS bewusst wurde, mir ging das genauso, aber wenns nun mal nicht anders geht.
Du hast bestimmt nicht versagt!
Hauptsache ist ihr beide seit gesund!
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Tolle Bericht, ich hatte auch Tränen in den Augen...
Aber es ist so wundervoll, wieviel Liebe Dein Bericht ausstrahlt!
:fantasy05:
Ich finde mich in ganz vielen Facetten des Berichtes wieder!
Auch ich hatte am Ende der Schwangerschaft Wasser ohne Ende, aber mein Gyn hat zum Glück schon zwei Wochen vor dem Termin die "Notbremse" gezogen und mich zur Einleitung ins Krankenhaus geschickt. Er meinte, das Kind sei gross genug, da muss man nicht abwarten, bis die Gestose richtig ausgewachsen sei... Wenn ich Deinen Bericht lese, bin ich sehr dankbar dafür...
Das mit der hochgestiegenen Spinalanästhesie tut mir leid - zu allem Überfluss auch das noch! -, ich bin selber Anästhesistin und weiss, dass sowas vorkommen kann - zum Glück extrem selten, und mir ist es in dem Ausmass zum Glück noch nicht passiert.
Ich hatte nach der Geburt eine Spinale, die hat gut gesessen.
Das mit den Stillproblemen kenne ich auch, ging mir genauso.
Und ich habe eine Schwester, die "Mairin" heisst... ;-)
Wiedemauchsei, ich wünsche Euch jedenfalls alles Liebe!!!
Anja :byebye01: