Hausgeburt II. - kaum Schmerzen

TessiTessi

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bearbeitet 16. 12. 2005, 19:01 in Geburtsberichte
Ich kann es immer noch kaum glauben, dass nun alles geschafft sein soll. Da ich kurz vor der Geburt noch ein interessantes Buch "Der Geburtsschmerz" kennenlernen durfte, was meine Meinung um 180 Grad gewendet und viel Schmerz vermieden hat - möchte ich euch gerne daran teilhaben lassen. Immer habe ich geglaubt, die Frau müsse halt starke Schmerzen erleiden, das sei wohl Schicksal und gehöre zum Leben dazu - damit man vielleicht diese Schwelle zur Mutterschaft bewusster vollziehen kann oder so...

Deshalb war meine erste Hausgeburt vor 1,75 Jahren zwar sanft und komplikationslos, jedoch durchaus schmerzvoll und vom eigenen Empfinden her irgendwie schrecklich. Jede Wehe schien unerträglich, ich war verärgert, fühlte mich vom Leben gemartert und glaubte, keine einzige mehr ertragen zu können. Nun habe ich eben gelesen, wie der Geburtsschmerz im Gehirn bzw. Körper entsteht, dass er vor allem Verstärkung durch unsere Ängste, Gedanken und Einstellungen findet - dass es besser ist, ihn zu akzeptieren und sich hinzugeben. Rein physisch gesehen müsste alles nämlich relativ meisterbar sein (natürlich sind Gebärmutterkontraktionen kräftig und nicht zu verbergen). Was das Empfinden angeht, sind wir also selbst am längeren Hebel und können das Geschehen wunderbar beeinflussen!!! Da dachte ich mir, beherzige das halt mal, hört sich ganz gut an... War ja ganz praktisch, dass ich bereits fiebernd auf die 2. Geburt wartete.

Alles begann abends um 21 Uhr, als ich allein vor meinem PC saß und gerade im Forum herumsurfte und nach Artikeln über Senkwehen suchte, die bei mir, trotz 4 Tage vor ET, noch nicht aufgetaucht waren. War über sämtliche ausbleibende Vorzeichen schon ein wenig frustriert, kein Schleimpfropf, keine Übungswehen, Senkwehen nicht fühlbar, MuMund nur 1 cm etc. etc. Da bekam ich plötzlich Bauchschmerzen, die ein rhythmisches Ziehen, das ich bereits kannte und als Vorwehen identifizierte. Schnell noch geschäftig das Geschirr gespült, das geschah wie im Fieber. Na super, ist es also doch nicht mehr allzu weit hin, war mein Gedanke. Ich ging ins Bett, döste rum und wartete auf den vermissten Gatten, den ich gleich mal blöd anstänkerte, als er um Mitternacht von der Betriebsweihnachtsfeier heimkehrte. "Und übrigens, ich hab Wehen!" maulte ich dann noch, doch er schlief schon fest. Es wurde immer stärker und da begann ich unruhig zu werden. Doch kein Übungsalarm, sondern Einsatz in vier Wänden?

Ich machte Feuer im Ofen, spazierte im Wohnzimmer umher und genoss die Stimmung der Nacht, dann fiel mir um 3 Uhr das Badezimmer ein und ich schleppte mich die Treppe hoch... Schnell einheißen, Wasser rein - ahhhhhhhhh, was für ein Genuss. Und war für ein Frust, als ich feststellte, dass der Warmwasserspeicher nachts aus war und kein heißes Wasser nachfloss??? Wie ein begossener Pudel trottete ich also wieder herum, endlich bekam auch mein Mann von der Dringlichkeit der Lage Wind und massierte mir das Becken, während ich versuchte, die Wehen zu beatmen und dem Schmerz mutig zu begegnen. Es gelang und irgendwie freundete ich mich fast schon damit an. Ich konnte weder liegen noch Sitzen, fürs Stehen war ich mittlerweile zu müde, obwohl die Zeit rasend schnell vorbeigegangen war. Um 5:30 Uhr beschloss ich, meine Hebamme habe genug Schlaf abbekommen und bestellte sie zu uns, um 6 Uhr war sie frisch und munter auch schon hier. Es wurde abgehorcht, besprochen Kaffee für den Damm gekocht aber auch viel gelacht, als die Katzen sich über das Balkongeländer in den ersten Stock hochhangelten um mir bei meinen Wehen zuzuschauen. Eine verlor dann sogar den Halt und landete im hohen Schnee... Ich kniete nämlich mittlerweile auf dem Sofa, den Oberkörper auf das Fensterbrett gestützt und kuckte mir die Morgendämmerung an. Nochmal in die Badewanne, diesmal heiß, danach bekam ich Globuli, die meine Wehentätigkeit sofort verstärkten. MuMund war erst 4 cm auf, das konnte doch nicht wahr sein! Da war es 8.45 Uhr morgens und danach gings richtig los. Wahnsinn, wie die Globulis wieder mal einschlugen!

Und man stelle sich vor: die Wehen wurden schmerzhaft, ohne dass ich verzweifelte. Obwohl intensiv lag darin irgendwie eine Süße, ich kann das schwer beschreiben. Ich war durch meine Hingabe so nahe beim Baby, bei mir selbst, dass der Stolz darüber und die Freude über diese Körpererfahrung allem anderen überwog. Da ich alles annehmen konnte, war ich in einer Art Trance oder Verzückung und fühlte mich unheimlich stark, auch als die Presswehen kamen, die ich so gar nicht gut in Erinnerung hatte. Die Hebamme lockerte mein Becken, damit ich die letzte Verspannung aus Angst lösen konnte und zeigte mir mit dem Kaffeewaschlappen, wohin ich pressen musste. Der warme Kaffee tat unheimlich gut und ich entspannte mich. Das Köpfchen wurde geboren, die Fruchtblase war bis zum Schluss schützend verschlossen gewesen. Mein Mann sagte so etwas Seltsames wie: "Sie sieht hübsch aus, alles ok!" doch das war wie von einem anderen Stern. Gegen Ende war ja alles so schnell gegangen. "Ihhhhhhh!" schrie ich die Katze an, die mir immernoch interessiert zusah und dann - flutsch - war der Druck verpufft und der Bauch leer. Ich hörte das Baby, konnte es aber kaum glauben. Der Kick war so gigantisch, es geschafft zu haben, mir schießt jetzt noch Adrenalin ein wenn ich nur dran denke...

So ist sie jetzt hier, die kleine Elise, stramm und wacker, ganz sanft und vornehm und natürlich sind wir sehr verliebt in sie.

Ihr habt gut durchgehalten, danke!

Kommentare

  • EowynEowyn

    27,156

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Hach, ein schöner Bericht und offensichtlich eine schöne Geburt :grin:
  • MamaMama

    331

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ganz herzliche Glückwünsche zur Tochter!!!

    Und wirklich ein tolles Geburtserlebnis. Das kommt mir so bekannt vor. Scheinbar gehen Frauen mit einer Hausgeburt wirklich ganz anderes da ran als Klinikgebährende ;-). Ich finde ne Geburt ja auch wirklich was tolles (naja bis auf das Drumrum bei meiner ersten Klinikgeburt :biggrin: ). Ich kann irgendwie gar nicht verstehen, warum man auf etwas so gewaltig überwältigendes verzichten möchte und lieber nen WKS möchte.

    Hast Du ganz ganz prima gemacht!!!
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