Unser Engel wurde geholt

valerisvaleris

136

bearbeitet 19. 05. 2006, 15:59 in Geburtsberichte
Geburtstermin war der 22.10.2005.
Am 2.10.2005 gegen 3 Uhr morgens ist mir die Fruchtblase geplatzt. Ich, auf den Weg zur Toilette. Halb verschlafen, aufgeregt. Ein Buch geschnappt und nachgesehen, ob es tatsaechlich Fruchtwasser ist, was da auslaeuft. Habe schon gedacht, ich haette eingemacht.
Eine halbe Stunde auf dem Klo zugebracht. Mein Mann kam, genauso verschlafen, und fragte, was los sein. Wasser?, sprach's und er ging wieder ins Bett. Keine 2 Minuten spaeter hoerte ich ihn wieder schnarchen.
Habe mir eine Binde geschnappt und mich so gut es ging, zu verpacken. Wieder runter vom Klo. Restliches in die Tasche gepackt und angezogen. Meinen Mann geweckt. "Wir sollten gehen?" "Wohin?" "Krankenhaus". Von einem Moment auf den anderen war mein Maennlein hell wach. Schnappte sich die ganzen Sachen und war im Auto. Ich habe der Katze noch Futter gegeben, die Blumen gegossen und bin dann runter. Auf der Fahrt haben die Wehen angefangen. Gut zu veratmen und eigenartigerweise schon im 5 Minuten Abstand.
Gegen 5 Uhr Ankunft im Krankenhaus. Der erste Arzt hat mich untersucht. Mittlerweile war das Fruchtwasser am fluten. Meine Hose war patschnass, ueberall, wo ich ging, stand und lag...alles nass. Wieviel Fruchtwasser hat man eigentlich?
MuMu nicht geoeffnet, Baby noch nicht im Becken. Zimmer, Wehenschreiber. Der naechste Arzt. Gute Wehentaetigkeit. Herztoene vom Kind bei jeder Wehe zwischen 154 und 176. Kaiserschnitt. Nein, ich wollte nicht. Wollte warten, Zaepfchen, egal was. Der Arzt, sehr ratlos. Hat den Oberarzt geholt. Untersuchung. MuMu geschlossen. Reden bezueglich Infektionsrisiko, Nabelschnurvorfall etc. Ich weigere mich zum Kaiserschnitt. Ein dritter Arzt. Kaiserschnitt. Ich gebe auf und unterschreibe. Tropf wird gelegt (recht Hand). Auf dem Weg zum OP fragt man mich staendig, wie ich heisse. Man will 3 Namen, habe aber nur einen Vor- und einen Nachnamen.
Ich koennte bei jeder Wehe heulen, weil sie ploetzlich so sinnlos geworden sind. Ich bin unendlich traurig und will nur noch Narkose. Bekomme die volle Droehnung. Ich habe mir fest vorgenommen, nicht einzuschlafen...ich trete weg.

Ich sehe weisses Licht durch meine Augenlieder. Ich spuere, wie man mich naeht. Ich will mich bemerkbar machen, kann mich aber nicht bewegen. Traenen laufen aus meinen Augen. Man wischt sie weg. Alles ist so schwer. Trotzdem schaffe ich es, meine rechte Hand von der Liege zu ziehen. Da ist doch der Tropf dran, dass muessen sie doch merken. Es gelingt mir und man legt die Hand wieder hoch. Ich versuche die andere Seite, wieder werde ich gepackt und in Position gebracht. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, ob ich schon einen Tubus im Hals hatte. Ich fange an zu sabbern, hoere auf mit atmen, hoere die Geraete um mich herum piepsen. Bewegung kommt ins Spiel. Die Aerzte arbeiten, der Tubus wird reingeschoben (ich weiss nicht, ob sie ihn vorher entfernt und gesaeubert haben, oder ob er nicht drin war), ich werde abgesaugt. Ich spuehre, wie man mir eine kalte Eisenstange, oder aehnliches, zwischen die Beine schiebt. Als will man Ausschaben. Der Tubus wird entfernt. Ich fluestere "Pain" und bekomme eine neue Spritze. Ich schlafe noch 5 Minuten. Wache vor dem OP auf und sehe auf die Uhr. Wieder keine Atmung. Jemand schreit nach dem Sauerstoffgeraet. Ich liege da und sehe die Welt, wie sie aus dem Nebel kommt. Es ist 10 Uhr. Unser Engel ist 9:45 auf die Welt gekommen. Ich frage immer wieder, ob es ihr gut geht. Jaja, alles sei in Ordnung.
Im Zimmer rufe ich meine Eltern an, die es gar nicht glauben koennen. Meine Mutter weint. Ich habe unser Kind noch nicht gesehen. Ich verlange nach ihr und sie wird mir gebracht. Sie schlaeft, ist unglaublich suess. Gefuehle? Als wenn jemand ein Kind ins Zimmer schiebt!
Das Stillen klappt problemlos. Mein Mann sieht das Kind um 11 Uhr abends.
Keine schoene Geburt und ich bin nach wie vor der Ansicht, es haette nicht sein muessen. Mein Eindruck: Es ging nur ums Geld. Ein Kaiserschnitt ist 10 Mal teurer als eine normale Geburt.

Ich versuche alle in Aegypten zu ueberzeugen, die normale Geburt zumindest in Erwaegung zu ziehen. Da alles ist jetzt ueber 3 Monate her. Seit einigen Wochen bin ich mehr oder weniger Beschwerdefrei. Wie koennen sich Menschen das freiwillig antun?

Kommentare

  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Das zu lesen ist ziemlich traurig, finde ich... :sad:
  • najonajo

    1,083

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Es tut mir leid für Dich, daß es so schlimm war! :troest:
  • valerisvaleris

    136

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    danke ihr Lieben. Ich weiss nicht, ob ich daraueber weg bin. Anfangs habe ich nicht daran gedacht, aber spaeter dann kam es hoch. Und jetzt habe ich tierische Angst. Wollte ja eigentlich noch ein Kind. Will immer noch, wenn ich meine Suesse sehe. Habe aber jetzt Angst.
  • PatyPaty

    2,953

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Es tut mir sehr leid für dich, dass es so gelaufen ist!

    So lief das bei meinem KS auch, die Herztöne waren aber 120 -125.

    Das Schlimme daran ist, dass man sich sooo ausgeliefert fühlt und so hilflos ist! Die Ärzte wissen schliesslich was sie tun, bekommt man gesagt und selbst weiss man es ja auch nicht besser.

    Ich habe das teilweise bis jetzt noch nicht verarbeitet und bei Dir ist es gerade erst passiert.

    Gib Dir Zeit!

    Trotzdem, Herzlichen Glückwunsch zu Deiner kleinen Maus :fantasy03:
  • elifelif

    81

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    hallo valeris,

    hier wird auch sehr schnell ein Kaiserschnitt gemacht. Aus 2 Gründen:
    1. Es gibt mehr Geld und 2. Weil das Personal sich nicht stundenland mit einem beschäftigen will. Das ist auch ein Grund warum fast jede Frau einen Dammschnitt bekommt.
    Weil mir das alles vorher bekannt war, bin ich erst 1 stunde vor der geburt ( hatte meine Hebi zuhause und es ging auf einmal sehr schnell)ins Krankenhaus gefahren und trotzdem ging es dem Krankenhauspersonal nicht schnell genug - trotzdem Dammschnitt.
    Ich würde das nächste entweder zuhause oder in Deutschland bekommen.

    Ich wünsche dir alles Gute und eine schöne Zukunft mit dem Nachwuchs.

    :grin:
  • valerisvaleris

    136

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Wollte auch schon das erste Kind zu Hause bekommen. Aber die Aerzte haben mir davon abgeraten. Das erste Kind waere sicherer im KH. Ausserdem gibt es keine Hebammen hier, was die Sache nicht unbedingt einfacher macht. Denke auch darueber nach, das naechste Kind in Deutschland zu bekommen. Nochmal will ich das nicht.
  • Umm NuzaUmm Nuza

    515

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    hallo

    ich weiss, dass deine geburt schon eine ganze weile zurueck liegt. ich wollte dir aber trotzdem noch etwas mut machen... vieleicht liest du es ja noch.
    ich habe meine tochter letzten dezember auch hier in aegypten auf die welt gebracht. fuer mich war klar, dass wenn ich hier lebe, auch hier gebaeren werde. naja, zuerst war es mal eine etwas laengere suche nach einer frauenaerztin, welche bereit war nur mit frauen zu entbinden und mein mann aber anwesend sein durfte. aber gott sei dank, fand ich eine liebe aerztin, zu der ich auch ein vertrauen aufbauen konnte.
    doch dann stellte sich die naechste diskussion. ueblicherweise werden die frauen hier in aegypten kurz nach beginn der presswehen in vollnarkose versetzt und das kind wird mit der zange rausgezogen. warum soll sich eine frau quaelen? hahah... das war ein kampf zu erklaeren, dass ich keine narkose moechte! ich wuerde mich haenden und fuessen dagegen wehren. die aerztin versprach mir, dass sie keine narkose setzen wird.
    dann war die geburt so weit. ich hatte etwas sprachprobleme, da nur meine aerztin englisch konnte und mein arabisch nicht sonderlich zu gebrauchen war. ich hatte immer einen kampf, dass sie mir keinen wehentropf anhaengten, denn sie wollten die geburt so schnell wie moeglich zu ende bringen. sie konnten nicht verstehen, was eine natuerliche geburt ist und wie man freiwillig so etwas will.
    naja, zu guter letzt hatte ich mich durchgesetzt, musste aber waehrend den presswehen meine beine so bloede hochhalten und die position war mir gar nicht angenehm. erst da merkte ich, da mein mann sich auch komisch verhielt, dass sie mich da unten betauebte und schnitt. dann war das baby auch schon da. ich durfte sie kurz streicheln und schwups wurde sie weggebracht und ich wurde versorgt.
    wie sich spaeter herausstellte, hatte ich nicht, wie man in europa macht einen dammschnitt, sondern voellig veraltet einen sogenannten scheidenschnitt kombiniert mit einem dammschnitt.
    gott sei dank ist alles gut verheilt!
    was ich damit eigentlich sagen moechte, dass hier in aegypten eine normale geburt fast unmoeglich scheint. das ist traurig, aber die frauen hier wuerden niemals auf ihre narkose verzichten. o-ton: nur die armen frauen, welche sich den spital nicht leisten koennen, gebaeren ohne narkose.
    ich hoffe, dass du bei einem zweiten kind, eine bessere erfahrung machst!
    ganz liebe gruesse umm nusaybah
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