Eine Wehe? Was ist das? Das fragte ich mich immer wieder bis zur SSW 41+4. Aber am 04.08.06 sollte sich das ändern und im Nachhinein bin ich froh, dass ich Wehen vorher nicht kennenlernen brauchte. Aber von Anfang an...
Jonathan war inzwischen 11 Tage über Termin und alle wehenauslösenden Maßnahmen haben bis dato nichts gebracht. So schwebte das Damokles-Schwert der Einleitung über mir...und davor hatte ich riesig Angst, denn am 07.08.06 wären definitiv die Ärzte ans Werk gegangen.
Morgens am 04.08.06 wachte ich auf mit leichten Bauchschmerzen, die sich so wie gewöhnliche Bauchscherzen anfühlten, als wenn man etwas falsches gegessen hätte. Mittags wurden diese öminösen Bauchschmerzen etwas doller, also legte ich mich ins Bett, zog die Beine an und schlief eine halbe Stunde...so wie immer um dem Unwohlsein ein Ende zu bereiten.
Gegen 16 Uhr habe ich dann zusammen mit meiner Mama unsere Betten bezogen und danach hatte ich ein leichtes Ziehen im Rücken...tja, ich hatte mich wohl irgendwie verdreht beim Matratzen wuchten...dachte ich.
Um 18 Uhr kam mein Mann nach Hause und ich bin als erstes unter die Dusche, immer noch nichts ahnend, dass da wirklich was im Gang ist. Nach der Dusche wurde das Ziehen im Rücken stärker und ich dachte noch „ach wie schön, vielleicht sind das ja jetzt endlich mal ein paar Senkwehen und der Kopf rutscht richtig runter“ (der Kopf war mir immer noch als nicht fest im Becken diagnostiziert worden).
Ab 20 Uhr hatte ich die Nase von den „Senkwehen“ schon voll und ich tipperte durch die Wohnung, die Hände in den Rücken gestemmt und dumme Witze machend. Dass es wirklich losgegangen ist, hatte ich immer noch nicht wahrgenommen.
So gegen 21.30 Uhr haben wir angefangen die Abstände zu notieren: 10 min, 8 min, 6 min, 8 min, 10 min, 6 min...so ging weiter und die Wehen wurden heftiger, die Abstände kürzer.
Um 22.45 Uhr wollte ich probieren, eine Wehe im Liegen zu verarbeiten, denn wir wollten uns noch einen Film ansehen. Kaum lag ich, da machte es <peng> und ich dachte, der Atlantik läuft aus mir heraus. In diesem Moment war mir klar „jetzt geht es wirklich los, Du bekommst dein Baby!“.
Ganz fix musste ich ins Bad, denn mein Darm wollte sich noch leeren. Einmal gesessen, war es mir unmöglich da wieder aufzustehen. Mein Mann hatte inzwischen im Kreisssaal angerufen und uns angekündigt und rief mir immer nervöser werden durch die Badezimmertür zu: „3 min, 3 min, wir müssen los.“ Zu überhören war ich inzwischen nicht mehr, so konnte er die Abstände gut messen.
Um 23.20 Uhr haben wir es endlich geschafft unter lauten Gestöhne das Auto zu erreichen, mich dort hinein zu verfrachten und zum Krankenhaus zu starten. Ich hing den ganzen Weg am Haltegriff, denn Sitzen war nicht mehr drin. Ich dachte, dass die Autofahrt nie ein Ende nehmen würde, konnte meine bessere Hälfte aber noch anschnauzen, dass er Ärger mit mir bekommt, wenn er noch eine rote Ampel mitnimmt.
Nach schier endlosen 25 min. sind wir am Krankenhaus angelangt und schafften es innerhalb von 5 Wehen vom Parkplatz bis zur Station, wo mich die Nachtschwester schon in Empfang nahm und der Hebamme bescheid gab, dass wir da seien.
Auf dem ganzen Weg hat mich nur ein Gedanke begleitet: „Wenn das weiter so geht, dann hältst Du das nicht durch. Wenn der Geburtsbefund immer noch unreif ist, dann lässt Du Dir sofort eine PDA geben!“
Im Kreisssaal haben mich die Hebamme und die Ärztin gemeinsam irgendwie auf das Bett gehievt um mir Blut abzunehmen, mir einen Zugang in die Handvene zu legen (wegen dem Diabetes) und mich zu untersuchen. Wehen hatte ich inzwischen alle 1-2 min., ohne nennenswerte Pause zwischendurch. Der Gebärmutterhals war fast verstrichen und der Muttermund 3-4 cm geöffnet.
Während ich danach wie ein nasser Sack am Seil hing und ein CTG geschrieben wurde, ließ mir die Hebamme Wasser in die Geburtswanne ein. 20 min. später hockte ich im Wasser, man gab mir ein Pulver nach jeder Wehe, dass die Abstände zwischen den Wehen verlängern sollte, damit ich mich ein wenig erholen konnte.
Die nächste Untersuchung um 1 Uhr ergab eine Öffnung des Muttermunds von 6-7 cm, die Wehen kamen nun alle 2-3 min. So viele „Aaaaaaaaaaaaaahhhhhhhhhhssss“ habe ich von mir gegeben, dass ich ab jetzt immer nur „Bbbbbbbbbeeeee“ sagen werde.
Bereits um 1.20 Uhr gingen die Eröffnungswehen in Presswehen über und um 1.25 Uhr war der Muttermund komplett geöffnet. Bis 1.55 Uhr rutschte der Zwerg dann Stück für Stück tiefer und das muntere Pressen konnte beginnen.
Leider fehlten mir immer ein paar Sekunden Luft zum Pressen, so dass nach einer Stunde doch noch ein Dammschnitt gemacht wurde, da der Kopf nicht durchwollte. In dieser Stunde bin ich in der Wanne hin und her gerobbt und habe alle Stellungen durch, doch der Durchbruch wollte einfach nicht gelingen.
Als dann die Hebamme zur Ärztin sagte: „Müssen wir ihn doch noch holen zu guter letzt?“ und dann noch mal zur Schere griff um den Schnitt zu erweitern, legte ich mich noch mal richtig ins Zeug und der Kopf glitt endlich hinaus. In den kurzen Pausen zwischen den Presswehen war ich total klar und habe alles um mich herum wahrgenommen, so hat mir dieser Satz und das Klappern des Besteckwagens doch Beine gemacht.
Der Körper war mit der nächsten Wehe draußen und Jonathan wurde mir sofort auf den Bauch gelegt...was für ein Gefühl...es gibt nichts schöneres auf der Welt; Geburt punkt 3 Uhr morgens am 05.08.2006.
Die Plazenta löste sich schnell und schmerzlos; der stolze Papa, der mich die ganze Zeit tapfer begleitet hatte, durfte die Nabelschnur durchschneiden und bekam dann den Kleinen in die Arme gelegt, weil ich aus der Wanne raus sollte. Das gestaltete sich schwieriger als gedacht, denn ich zitterte am ganzen Körper und meine Beine waren wie Gummi. Eine Blutspur hinter mir her ziehend wurde ich zum Kreissbett gebracht. Da ich zu viel Blut verlor, spritze man mir gleich wieder ein Wehenmittel, so dass sich die Gebärmutter schneller zusammenzieht und die Blutung gemindert wurde.
Unser Zwerg hatte einen Dickkopf von 37 cm und wollte zusätzlich noch seine rechte Hand gleichzeitig mit durch bekommen; so bin ich ziemlich doll gerissen und wurde über eine Stunde lang genäht, innen wie außen. Danach wurde Jonathan gemessen, gewogen und der U1 unterzogen und dann durfte er endlich trinken.
Gegen 6 Uhr morgens waren wir dann auf dem Zimmer; glücklicherweise konnten wir ein Familienzimmer bekommen, so dass wir die ersten 2 Tage alle zusammenbleiben konnten.
Auch wenn es für den Körper eine super Herausforderung ist und ich noch keine vergleichbaren Schmerzen erlebt habe, so bin ich dennoch unendlich froh, dass keine PDA vonnöten war und ich die Geburt wie gewünscht in der Wanne erleben durfte.
Allen, die mir vorher gesagt haben, dass hinterher sofort alles vergessen ist, hätte ich unter der Geburt am liebsten einen Vogel gezeigt...aber es stimmt wirklich. Wenn man dieses kleinen Wesen im Arm hält, dann ist alles vergessen und vorbei.
Und auch wenn ich jetzt noch sage, dass das nächste Kind erst kommt, wenn Männer auch Kinder bekommen können, so weiß ich doch, dass ich mich jetzt schon auf ein Geschwisterchen freue.
:bounce02: :biggrin: :bounce02: :biggrin: :bounce02: :biggrin: :bounce02:
Kommentare
2,953
405