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12.10.2006 Irgendwann ziehen sie einfach los, den kleinen Rucksack auf dem Rücken. An der Tür drehen sie sich noch einmal um, ein schnelles Winken - und ab geht´s in den Gruppenraum zu den Kindergartenfreunden. Eben noch ein Baby und jetzt so selbstständig: Den Kindergartenstart empfinden viele Eltern als großen Entwicklungsschritt.
© ddp
Denn der Kindergarten ist mehr als ein Platz zum Spielen und Basteln. Was die Kleinen dort erleben, prägt ihre Entwicklung entscheidend. Je nach Qualität der Kindertagesstätte könne man unabhängig von der sozialen Herkunft Entwicklungsunterschiede bis zu einem Jahr beobachten, mahnte kürzlich der Berliner Pädagogik-Professor Wolfgang Tietze. Und eine Studie der OECD zur Betreuung von Vorschulkindern in Deutschland kam zu dem Ergebnis, dass Bildung und Erziehung in deutschen Kindergärten zu kurz kommen. Die Politik reagierte mit Bildungsplänen für Kindergärten, die sich aber - so klagen Praktiker - ohne zusätzliches Geld und Personal nur schwer umsetzen lassen.
Muss der Kindergarten also eine Mini-Uni sein mit Englischkurs und Chemielabor? "Auf solche einzelnen Angebote kommt es nicht an", sagt Anette Stein, Leiterin des Projekts "Kinder früher fördern" der Bertelsmann Stiftung, das sich für mehr Qualität in Kindertagesstätten einsetzt. "Wichtig ist ein stimmiges Gesamtkonzept." Und das erkenne man beispielsweise daran, dass die Kita die Kinder ihre Umgebung mit allen Sinnen erleben lässt, dass Platz ist zum Toben ebenso wie zum Ausruhen, dass die sprachliche Entwicklung angeregt wird mit Büchern, Geschichten und Liedern, dass die Erzieherinnen einfühlsam und liebevoll auf ihre Schützlinge eingehen, dass die Einrichtung den individuellen Tagesrhythmus der Kinder berücksichtigt und sie den Tagesablauf mitgestalten lässt. Zwei ausführliche Checklisten finden Eltern auf der Homepage der Bertelsmann Stiftung unter http://www.kinder-frueher-foerdern.de (Link: Downloads).
Erläutern lassen sollte man sich auch, wie der Kindergarten die Eingewöhnungszeit für die "Neuen" gestaltet, rät Stein: "Kindergärten, die bei der Eingewöhnung sensibel auf die Kinder eingehen, bieten meist auch bei der Betreuung hohe Qualität." Das habe der Kita-Preis der Bertelsmann Stiftung gezeigt, bei dem im Jahr 2004 Eingewöhnungskonzepte ausgezeichnet wurden.
Auch Kindergarten-Experte Martin Textor vom Staatsinstitut für Frühpädagogik in München hält die Eingewöhnungszeit für eine ganz entscheidende Phase: "Die Eltern sollten ihr Kind in den ersten Tagen so lange begleiten dürfen, wie es für das Kind notwendig ist", sagt der Pädagoge und Herausgeber des Online-Handbuchs kindergartenpaedagogik.de. Denn für die meisten Kleinen bedeute es eine große Umstellung, plötzlich so viel Zeit ohne die Eltern und mit vielen anderen Jungen und Mädchen zu verbringen.
Ob der Tag im Kindergarten nun nach den Prinzipien der Waldorf-, der Reggio- oder der Montessori-Pädagogik gestaltet wird, ob der Kindergarten dem Situationsansatz folgt oder als Bewegungskindergarten firmiert, sei für die Qualität der Betreuung gar nicht so entscheidend. "Wichtig ist, dass es überhaupt ein Konzept gibt, das man nachlesen kann und das vom gesamten Team mitgetragen wird", sagt Textor. Fällt die Wahl auf einen Waldorf- und Montessori-Kindergarten, sollten sich die Eltern allerdings im Vorfeld schon etwas genauer mit den entsprechenden Theorien beschäftigen, denn das Programm unterscheidet sich vom Alltag "gewöhnlicher" Kindergärten: "Wer Wert auf viele Gruppenangebote legt, sollte sein Kind zum Beispiel nicht in einen Montessori-Kindergarten schicken. Dort beschäftigen sich die Kinder eher allein", erläutert Textor.
Achten sollten Eltern außerdem darauf, wie ausführlich sie die Erzieherinnen über die Entwicklung ihrer Kinder auf dem Laufenden halten, ob sie Beobachtungsbögen führen, Bilder sammeln und regelmäßige Gespräche anbieten. Ein gutes Zeichen sei es auch, wenn die Eltern am Kindergartenalltag teilhaben, beispielsweise einen Tag lang hospitieren dürfen, sagt Textor.
Wenig Auswahl haben Eltern bei der Größe der Gruppen. 25 Kinder sind in städtischen oder kirchlichen Einrichtungen meist die gesetzlich verordnete Regel. Kleinere Gruppen kann man in von Eltern selbst organisierten Initiativen oder in Integrationskindergärten finden. Bewährt habe es sich, Große und Kleine gemeinsam zu betreuen, sagt der Kindergarten-Experte: Von drei bis sechs reicht in den meisten Kindergärten die Altersspanne. Sind Kinder unter drei dabei, sollte die Gruppe kleiner sein. Und wenn am Nachmittag Schulkinder kommen dürfen, müsse es auch für sie ein altersgerechtes Programm geben.
Doch was sollen Eltern tun, wenn der bevorzugte Kindergarten 100 Kinder auf der Warteliste hat, die weniger beliebte Einrichtung aber noch einen freien Platz? Dann sollte man sein Kind ruhig auch in die "2. Wahl" schicken, sagt Pädagoge Textor - "vielleicht nicht für acht Stunden am Tag, sondern nur für vier Stunden". Schon das Miteinander mit anderen Kindern zu erleben, sei wichtig - und es bleibe den Eltern dann noch der Nachmittag oder das Wochenende, um mit ihren Kindern die Dinge zu unternehmen, die der Kindergarten nicht bieten kann.
(ddp)
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Kommentare
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Ich habe Lukas im September letzten Jahres angemeldet!
Okay, hier sollte man sein Kind am Besten an seinem Geburtstag anmelden,um eine Chance auf den gewünschten KiGa-Platz zu haben :roll:
Das Einzig blöde ist: der Kiga ist so ca. 1 km weg, heißt also: die Kids, die er im Kiga kennt, wohnen höchstwahrscheinlich nicht in unserer Nähe
:twisted: . Wenn wir hier wohnen bleiben, sehe ich eh schwarz für Lukas und Freundschaften , hier gibts keine Kids in seinem Alter (außer dem etwas jüngeren Nachbarsjungen, dessen Mutter ein Obstgeschäft hat und er dann oft "arbeiten" muss).
Es gibt zwar zwei! Kigas in unmittelbarer Nähe, aber da ich der Meinung bin, dass Lukas vernünftig deutsch lernen soll und weniger türkisch ( der Ausländeranteil in diesen KiGas beträgt 80%, und ich
kenne türkische Kids in dem Alter), verzichte ich lieber auf die Nähe *grummel*.
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Hmmm, also da ich bis vor ein paar Wochen noch nichtmal sicher gewusst hab, wo wir wohnen werden, wenn Leander in den Kindergarten gehen soll, hab ich mich da ehrlich gesagt auch noch nicht drum gekümmert. Da wir nun ja aber nach Ansbach ziehen werden, hab ich mal geguckt und die "werben" auf ihrer Website groß damit, dass sie für jedes Kind hundertprozentig einen Platz zur Verfügung stellen können. Ich werde da demnächst mal überall anrufen und fragen wie das mit dem Anmelden ist. Ich geh mal davon aus, dass ich da schon in AN wohnen muss, bevor ich da mein Kind anmelden kann. Und das wird noch mind. bis April nächsten Jahres dauern.
Ich glaube aber auch, bei uns auf dem "Land" (und AN ist schon irgendwie noch ländlich) ist das eh nicht so arg. Ich kenne jedenfalls niemand, der für sein Kind keinen Platz bekommen hat. Naja, ich möchte Leander aber auch nicht in den Kiga tun, bevor er mindestens dreieinhalb ist. Ich selbst bin erst mit vier in den Kiga gekommen und die Zeit dort war wirklich lang genug.
LG
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Deshalb mein Erstaunen ;-)
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