LUTZ auf dem Weg in die Welt (suuuuperlang...)

bearbeitet 8. 11. 2006, 11:24 in Geburtsberichte
Nachdem mich mein FA schon lange verrückt gemacht hatte, dass unsere kleine Kartoffel eventuell zu früh kommen könnte, war ich schon leicht amüsiert und auch sehr beruhigt, dass wir den ET vom 5.10.06 erreicht hatten.
Zwar zwickte und zwackte es seit Wochen – ständig hatte ich Wehen, Rückenschmerzen und ein Drücken nach unten – aber die Hebamme vom Arzt (wohlgemeint, NICHT meine selbst gewählte) sagte immer nur „Och, das dauuuuuuuert noch! Die Gebärmutter ist noch nicht mal ganz oben!“

Meine eigene Hebi meinte jedoch, dass der Bauch schon längst nach unten gesackt sei und er DESwegen nicht mehr oben sein könne ;O). Und die Wehen, die laut FA-Hebi gar keine seien, wären prima Senkwehen und ich sollte mich auf die Geburt freuen.
In der Woche vor dem ET hatte ich mit schöner Regelmässigkeit Wehen. Die wöchentliche Akupunktur schien einiges in Gang gebracht zu haben und ich war (meist in den Abendstunden) damit beschäftigt, im Haus herum zu wandern und meine Schmerzen zu veratmen.
Unser Hund war dann jedes Mal völlig aus dem Häuschen; schnuffelte ständig an mir rum und war total nervös.

Der ET (5.10.06) war ein Tag wie jeder andere auch. Ich war lange in den Weinbergen spazieren und habe die Sonne genossen. Mein Bauch hatte die Nacht über nicht geschmerzt und ich fühlte mich so gut wie lange nicht mehr.
Unser Hund wich jedoch nicht mehr von meiner Seite und als es in meinem Bauch nachmittags so merkwürdig zu gluckern begann, war er kaum noch zu beruhigen. Da unser Kartoffelkind aber immer recht aktiv war, habe ich es einfach auf eine seiner berühmten Turnübungen geschoben und habe den Tag entspannt mit einem warmen Bad ausklingen lassen.

Am Morgen des 6.10.06 bin ich wie sonst auch aufgestanden. Mein Mann seufzte schon „Schon wiiiiiiiieder eine Nacht rum und es ist nix passiert“…..Der Arme wartete einfach auf seinen Sohn und den mit der Geburt beginnenden Urlaub ;O)
Nachdem mein Mann dann zur Arbeit gefahren ist, habe ich es mir auf dem Sofa gemütlich gemacht, gefrühstückt und wollte mit Hundi kuscheln.
Nur DER stand völlig neben sich und ich dachte schon „Meine Güte, was hat DER denn?“. Er schnuffelte wieder dauernd an mir rum und klebte an mir wie eine Klette. Ok, ich wollte aber ehrlich gesagt einen Gemütlichen machen und so bin ich wieder ins Bett, hab mein Buch zur Hand genommen und mich in den Bettdecken verkrochen.

Gegen 11:00 wollte ich unter die Dusche. Beim Ausziehen entdeckte ich eine leicht rötliche Flüssigkeit im Slip. Aha! War das jetzt das Zeichen, um ins KH zu fahren? Gings jetzt los? Oder sollte ich noch warten?
Nachdem bei meiner Hebi leider keiner das Telefon abnahm, habe ich schnell im KH angerufen. Dort meinte man, ich solle besser mal vorbei kommen – und so habe ich meinen Mann von der Arbeit „zurückbeordert“.
Wir sind dann ohne Hektik aufgebrochen – der einzige, der bis zu diesem Zeitpunkt Stress hatte, war unser Hund ;O)

Im KH angekommen, wurde ein nahezu ergebnisloses CTG geschrieben. Der Test auf Fruchtwasser war negativ. Zur Sicherheit riet man mir, den Tag und die kommende Nacht dort zu bleiben. Erst, wenn der zweite Fruchtwasser-Test negativ sei, würde man mich nach Hause schicken.
Und ich sagte zu meinem Mann: „Mich kriegen hier keine 10 Pferde weg. Ich will jetzt unser Kind kriegen!!“

Wir haben also unser Familienzimmer bezogen, etwas gegessen und gegen 16:00 sollte ich zur Akupunktur kommen.
Etwas mutlos gingen wir dann zum wohlbekannten Akupunkturzimmer. Die Hebamme brachte Wehentee und meinte, wir sollten uns Zeit lassen und ausruhen. Sie käme zum Nadelsetzen, wenn ich Lust hätte.

Als mein Mann dann Hunger bekam, bat ich ihn, mir doch bitte einen Kaffee und Schokolade mitzubringen – und als er nach ein paar Minuten wieder kam, musste ich schon den Gang vor dem Akupunkturzimmer auf und ablaufen, weil die Wehen inzwischen schon recht heftig waren.

Ab 16:30 hatte ich dann auf einmal Wehen im 2 Minuten -Takt. Ich lief und stöhnte. Stöhnte und lief. Mein Mann reichte mir den Kaffee und ich verschlang die Tafel Schokolade.
Irgendwann kam eine Hebamme vorbei und meinte, ob sie nicht mal nachsehen sollte, wie es aussähe. Den Weg ins CTG-Zimmer schaffte ich nur mit Toiletten-Stop – ich hatte auf einmal fürchterlichen Durchfall und irgendwie dämmerte mir so langsam, dass es jetzt wohl so langsam richtig losgeht.

Das CTG schrieb dann sehr ausdrucksstarke Wehen. Ich musste mir die ersten Schmerztränen wegdrücken, als die Hebamme den Mumu massierte und nach 5 Minuten bekam ich das Ok für das Kreisszimmer.
Dort angekommen, habe ich mich umgezogen. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten – die Wehen rollten jetzt so heftig über mich hinweg, dass die Ärztin mir (ohne mein Verlangen) eine Schmerzspritze setze. Ich bekam ausserdem Buscopan, weil der Kopf von unserem Kind schon so stark auf den Muttermund drückte – nur DER war leider erst ein paar Zentimeter geöffnet.

Kurze Zeit später kamen die Wehen im Abstand von einer Minute. Ich schrie und stöhnte, sollte mich auf den Rücken, die rechte Seite, die linke Seite legen. Nichts passierte, es ging nicht vorwärts. Die Schmerzen blieben und mein Mann flösste mir homöopathische Tropfen ein und nach jeder Wehe gabs Globuli.
Der Druck auf mein Steissbein war unerträglich und ich krallte mich am Kreisbett fest.
Irgendwann sollte ich dann auf die Knie gehen – das Kopfteil des Bettes wurde aufgestellt und ich konnte mich mit dem Oberkörper dagegen lehnen. Nach weiteren schmerzhaften Wehen war auch hier klar: es geht nicht weiter! Lagewechsel!

Dann bugsierte man mich auf den Hocker. Dort fühlte ich mich etwas wohler, denn ich konnte mit den Wehen mitgehen, hatte mehr Bewegungsfreiheit und konnte die Schmerzen so besser verarbeiten. Doch auch hier war nach Kurzem klar: es geht nicht weiter! Und die Schmerzen waren unvorstellbar.
Die Ärztin bat mich dann, doch bitte aufs WC zu gehen und meine Blase zu entleeren. Ich bekam einen Lachkrampf – wie sollte ich mit solchen Wehen zum Klo gehen??? Ich wehrte mich heftigst und man beschloss, mir eine Pfanne in den Hocker zu legen.
Ich versuchte, mich zu entspannen. Locker zu lassen. Doch das war nicht möglich. Immer, wenn ich durchatmen konnte, kam auch schon wieder eine Wehe und in mir zog sich alles zusammen. An Pipimachen war da nicht zu denken!
Als man mir anbot, dass doch alle kurz mal den Raum verlassen könnten (sicher sei ich etwas gehemmt wegen der vielen Leute), musste ich noch mehr lachen. DAS war mir jetzt nun wirklich egal! Fakt war, es kam einfach nix. Ich konnte einfach nicht vor lauter Schmerzen!
Auch als mir die Ärztin sagte, dass sie dann eben zwischen zwei Wehen einen Katheter legen müsste, die volle Blase stünde einfach im Weg, war mir das piepegal.

Gesagt getan. Rauf aufs Bett. Katheter rein, Wasser abgelassen und weiter gings mit den Wehen.

Der erste Lichtblick zwischen dem Ganzen war dann, als ich irgendetwas von „offen“ und „10 cm“ hörte. Ich wollte endlich pressen! Wollte, dass es voran ging und ich endlich diese Schmerzen hinter mich bringen konnte.
Die ersten Pressversuche brachten jedoch gar nichts. Ausser einem roten Kopf und tauben Ohren bei meinen Geburtshelfern brachte mein Bemühen gar nichts. Ich hatte das Gefühl, dass dieses Kind im Leben nicht aus mir heraus kommt!
Irgendwann beugte sich die Ärztin zu mir herüber und flüsterte in mein Ohr, dass ich doch meine ganze Wut, darüber, dass es einfach nicht voran gehen will, nicht in meine Stimme, sondern ins Pressen stecken soll. Ich sollte meine Kraft nutzen, meinen Kopf ausschalten und auf ihre Stimme hören.

Ich war an dem Punkt, wo ich wirklich alles getan hätte, um endlich diesen Kopf herauszubekommen! Ich sah, dass die Hebammen und die Ärztin schon mit fragenden Blicken wortlos ausdiskutierten, ob geschnitten werden sollte oder nicht.
Ich wollte „Oder nicht“! Krallte mich am Bett fest und presste. Presste genau an den Punkt, wo die Hebamme ihren Finger gelegt hatte und endlich, endlich tat sich etwas!
Ich machte so viel Druck, dass ich auch schon wieder zum hecheln aufgefordert wurde – was von mir mit einem wilden NEIN!!!!!!! – Schrei quittiert wurde. Ich hatte die Faxen jetzt dicke, nahm einen tiefen Zug aus der Sauerstoff-Sonde, die mir zwischenzeitlich in die Nase gelegt wurde.
Als ein Entzückensschrei kam „Jaaaa, das Köpfchen ist da!! Wollen Sie mal fühlen?“, habe ich nur laut geschrien: „Nein, verdammt noch mal! Ich will, dass dieses Kind jetzt endlich rauskommt kommt!“

Mit einem Mal schrie mein Mann meinen Namen; ich sah, dass ihm die Tränen kamen und er mich mit einem festen Griff wieder aus meiner Umnebelung holte – da wusste ich, dass ich es geschafft hatte.

Unser Kartoffelkind war endlich auf der Welt – mein grosser, schlanker Lutz wurde mir bebend auf die Brust gelegt und ich konnte überhaupt nicht fassen, so ein schönes Kind geboren zu haben!
Das Glück überflutete mich, ich tauchte aus den Schmerzen auf und mit einem Mal war ich wieder hellwach. Ich war endlich Mama!

Nachdem ein paar Schürfungen versorgt wurden (leider musste dabei NOCH mal ein Katheter gelegt werden…), war ich auch wieder in der Lage mit der Ärztin Scherze zu machen. Ich musste ihr doch sagen, dass ihre Schmerzmittelspritze echt für die Füsse gewesen war und warum sie mir nach der langen Schmerzphase nicht eine PDA gegeben hätte.
Da grinste die nette Frau nur und sagte „Haben Sie mal auf die Uhr geschaut? Sie waren so fix bei der Sache, dass dafür keine Zeit war. Sie haben Ihr Kind in 4,5 Stunden geboren!“

Erst da habe ich auf die Uhr gesehen; die Stunden kamen mir so unendlich lang vor und ich hatte so eine Wut im Bauch darüber, dass es gefühlsmässig nicht vorwärts gehen wollte….und dabei hatte ich eigentlich eine Superzeit hingelegt. Mit den Wehen hatte ich komplett das Gefühl für die Zeit verloren.

Nachdem wir auf unser Zimmer gebracht wurden, haben wir noch schöne drei Tage in trauter Dreisamkeit verlebt.
Leider stellte sich dann jedoch heraus, dass Lutz wohl eine Infektion bekommen hatte und er wurde in die Kinderklinik gebracht. Fünf lange Tage lief ich nur zwischen den Abteilungen hin und her – fünf lange Tage habe ich mir sehnlichst gewünscht, endlich mit ihm nach Hause zu kommen. Meine Stimmung war auf dem Nullpunkt, die Schwestern von der Kinderklinik nicht besonders freundlich und die dort herrschende Stimmung nicht gerade milchbildend.
Ich war froh, als wir nach Hause konnten. Froh, endlich dieses kleine Wunder in Ruhe bestaunen und fühlen zu können –
endlich unsere kleine Kartoffel auf Erden zu begrüssen und ihr zu erzählen, dass wir überglücklich sind, dass Lutz endlich nicht nur in unseren Herzen ist, sondern endlich auf der Welt ist!

P.S.1: Unser Hund kümmert sich übrigens ganz rührend um seinen kleinen Freund. By the way: er hatte von Anfang an den richtigen Riecher: als nach der Geburt die Plazenta mit der Fruchthülle kam, stellte man bei der Untersuchung fest, dass ich einen hohen Blasensprung gehabt hatte und wohl die letzten Tage über tropfenweise Fruchtwasser verloren hatte.
Kein Wunder, dass Hundi so aufgeregt war und seine Nase nicht mehr aus meinem Schritt bekam!

P.S.2: Die arme Ärztin und die Hebammen müssen nach meiner Entbindung wohl für mindestens fünf Tage einen Tinnitus gehabt haben….Im Nachhinein ist mir meine Lautstärke auch etwas peinlich – aber sie war das einzige Ventil, was mir geholfen hatte.

P.S.3: Ich danke meinem Mann aus tiefstem Herzen für die grosse Hilfe, die er mir bei der Geburt war. Er hat mit mir geatmet, mich gestützt und mit mir gelitten. Nach der Geburt sagte er zu mir: „Ich bin so stolz auf Dich, dass Du solche Schmerzen ausgehalten hast, um unser Kind auf die Welt zu bringen“. Und ich kann nur sagen: ich weiss, wofür. Für uns.

Kommentare

  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    :razz: ein schöner Bericht. Alles Gute für die junge Familie!
  • KirschquarkKirschquark

    1,006

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Liebes Flörchen,

    auch hier nochmal herzlichen Glückwunsch zur Geburt von "Herr Kartoffel" :fantasy05:

    Echt ein schöner Bericht über eine schnelle Geburt.

    LG
    Hannah
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    :fantasy05: Der Bericht ist wirklich schön geschrieben. Alles Liebe für Euch und Herrn Kartoffel!
  • puelsekenpuelseken

    796

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Herzlichen Glückwunsch! Ein wirklich toller Bericht - hab mich manchmal auch drin gefunden. Und dein Lutz ist ein süßer Knopf (sorry, Kartoffel ;-) )
    Ich wünsch euch noch eine tolle Kennenlernzeit :fantasy03:
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Hi Floerchen

    Klasse Geburtsbericht !!!
    Und nochmal HERZLICHEN GLUECKWUNSCH !!

    LG Claudia
  • PatyPaty

    2,953

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Herzlichen Glückwunsch!

    Schöner Bericht.

    :bounce02:
  • MamaMama

    331

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    herzlichen Glückwunsch zum Lutz und auch zu dem tollen Bericht. Haste wirklich fesselnd geschrieben und vorher natürlich gut gemacht.

    LG Heike

    PS: Mein Mann meinte heute zu mir, dass er das auch locker geschafft hätte mit so ner Geburt :biggrin: - das sagt der Richtige ;-)
  • PetziPetzi

    303

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ach Flörchen...Schnüff!!!!! <TränenausdenAugenwisch>

    Auch hier und von mir noch einmal Herzlichen Glückwunsch und ein tolles Leben mit eurem kleinen Kartöffelchen. Toll gemacht! Und ich hab' sooo oft an euch gedacht!

    d045.gif

    Was für ein schöner Bericht!

    Alles Liebe
    Patricia
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ihr Lieben!

    Herzlichen Dank für Eure guten Wünsche! :knutsch01:

    Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie stark wir Frauen sind. Wer spricht eigentlich immer vom schwachen Geschlecht?? DAS sass neben mir und hielt meine Hand ;-)

    Liebe Grüsse,
    Flörchen und Lutz
  • schein70schein70

    243

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Hallo,
    herzlichen Glückwunsch zu so einer tollen Geburt und so einem super Bericht darüber.

    4 Stunden " respekt" das wäre mein wunsch für diese SS auch obwohl mir alle schon sagten das es noch schneller gehen "könnte" da es bei mir schon nummer 4 ist.

    Wünsche euch dreien viel Glück und viel Spaß für die Zukunft.

    LG Carmen :bounce02:
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