Bischof befürwortet Sterbehilfe bei kranken Babys

HjördisHjördis

2,857

bearbeitet 13. 11. 2006, 14:45 in Plauderecke
GROSSBRITANNIEN
Bischof befürwortet Sterbehilfe bei kranken Babys

Ein Bischof der Church of England hat ein Tabu gebrochen. Tom Butler, Bischof von Southwark, schrieb in einem Brief an eine britische Ethikkommission, Sterbehilfe sei unter Umständen akzeptabel. Kritiker sind entsetzt.

Hamburg - In bestimmten Fällen solle es gestattet sein, schwer kranke Babys oder extreme Frühgeburten sterben zu lassen, schreibt Tom Butler nach Angaben der britischen Zeitung "The Observer" in seinem Brief. Bei der Entscheidung müsse man bedenken, wie teuer eine mögliche Langzeitbehandlung werden könne. Unter Umständen sei es moralisch vertretbar, einen "möglicherweise tödlichen Akt" zu vollziehen, heißt es in dem Schreiben.

Der Brief ging an den Nuffield Council on Bioethics, eine Kommission aus Ärzten, Juristen, Philosophen, Naturwissenschaftlern und Theologen. Die Gruppe ist nach eigenem Bekunden unanhängig und wird von der Nuffield-Stiftung, dem medizinischen Wissenschaftsrat und dem gemeinnützigen Wellcome Trust getragen. Der Rat gibt ethische Richtlinien für Ärzte heraus, die durch den medizinischen Fortschritt in eine moralische Zwangslage geraten. Die Mitglieder geben am Donnerstag Richtlinien für den Umgang mit Frühchen und schwer kranken Babys heraus.

Zurzeit ist es medizinisch möglich, dass ein Fötus überlebt, der in der 22. Schwangerschaftswoche zur Welt kommt. Bischof Butler, stellvertretender Chef der Öffentlichkeitsarbeit der Church of England, sagte dazu: "Für einen Christen bedeutet der Tod nicht das Ende, und er muss auch nicht mit allen Mitteln abgewendet werden."

"Genug ist genug"

Die Äußerungen des Bischofs riefen vielerorts Empörung hervor. Ein Sprecher des konservativen Flügels der Church of England warnte vor einer Nähe zu Euthanasie. Laut "Times Online" hat die katholische Kirche bereits eine Stellungnahme abgegeben. Darin heiße es, das Recht auf Leben sei unumstößlich.

Eine Sprecherin des britischen Behindertenverbandes reagierte laut "Evening Standard" entsetzt auf das Schreiben des Bischofs. "Wie kann die Church of England behaupten, dass christliches Mitgefühl bedeutet, dass man behinderte Babys töten darf - sei es durch Entziehen oder Unterlassen von Behandlung oder durch aktive Sterbehilfe?" Weder Ärzte noch irgendjemand sonst hätten das Recht zu entscheiden, ob das Leben eines Babys lebenswert sei oder nicht, nur aufgrund einer Beeinträchtigung oder des Gesundheitszustandes, sagte die Sprecherin.

Der Sprecher der Christlich-Medizinischen Gesellschaft, Peter Saunder, hingegen verteidigte den Standpunkt des Bischofs. Es gehe hier nicht um Euthanasie. "Es gibt einen Punkt in der Medizin, an dem man sagen muss, genug ist genug. Manchmal ist die Behandlung schlimmer als die Krankheit, und in diesen Fällen ist es eine gute medizinische Wahl, eine Behandlung zu unterlassen."

ffr

Quelle: Spiegel-online

Wie seht ihr das? Ist es richtig, ein Kind, das in der 22. Schwangerschaftswoche geboren ist, mit allen Mitteln der modernen Technik am Leben zu halten? Angesichts der Tatsache, dass immer mehr Menschen eine Verfügung für den 'Ernstfall' erstellen, dass sie nicht mit allen Mitteln am Leben erhalten werden möchten, sondern dass die Geräte schnellstmöglich abgeschaltet werden sollen, stellt sich doch die Frage, inwieweit das bei so überaus frühgeborenen Kindern gehandhabt werden kann/soll.
Sicher entscheiden am Ende die Eltern, aber mir scheint es manchmal, dass Eltern, die sich für den natürlichen Verlauf der Ding entscheiden, immer öfter schief angeguckt werden, weil der technische Fortschritt ja da ist und an sich alles machbar wäre...

'Jeder hat das Recht auf Leben' - um jeden Preis?

Da ich selbst noch nie in dieser Situation war, kann ich gerade keine wirkliche Auskunft dazu geben. Ich hoffe nur, dass ich im Fall der Fälle die richtige Entscheidung treffen kann.

Kommentare

  • Mönchen82Mönchen82

    1,184

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Huhu,

    das kommt wohl drauf an wie man "um jeden Preis" nun im einzelnen definiert :traurig04: Bei uns waren sicherlich auch einige der Ansicht das hier "um jeden Preis" gekämpft wurde, da Mausi ohne die OP in der 20.(!) Woche nicht überlebt hätte..

    Nein, ich denke Ärzte haben den Eid geleistet, Leben zu erhalten und das sollte so bleiben und keiner sich dazu gewzungen fühlen müssen "Gott spielen" zu müssen indem er den Zeitpunkt des Todes bestimmt.
    Die Ärzte sind bereits jetzt in einem Dilemma, was Spätabtreibungen betrifft und versuchen derzeit, politisch etwas zu ändern; zugunsten der Kinder!

    Ein Erlebnis, welches ich während unserer ITS Zeit mitbekommen habe bekräftigt mich in dieser Einstellung noch..
    Es wurde bei einem sehr kranken Mädchen beschlossen, alle Maschinen abzustellen etc. und sie "passiv" sterben zu lassen. Sie haben die Rechung aber ohne die kleine Kämpfermaus gemacht, die dann nach drei Tagen(!!) auf einmal wach wuurde und "hi" sagte! Sie ist später tatsächlich gestorben, aber sie hat sich den Tag selbst ausgesucht - da konnte auch keine "Maschine" der Welt noch etwas dran ändern!

    Ich denke, wenn die kleinen Mäuse gehen wollen, dann gehen sie.. sie bestimmen den zeitpunkt aber selbst!

    Eine weitere Problematik: sollte an der Gesetzeslage "erleichternd" was geändert werden, wird es im gleichen Drama ändern, wie die Abtreibungsdiskussionen in denen alle stecken weil sie viel zu oft zu "leicht" ist (siehe auch Statistiken dazu)

    Die Ärzte haben bereits jetzt "Mittel und Wege" (siehe oben - Maschinen abstellen) es sollte nicht "noch leichter" gemacht werden um zu gewährleisten das es wirklich "Einzelfälle" bleiben - dies ist nun unabhängig von meiner persönlichen Meinung,s. oben (=ich würde den Zeitpunkt nicht bestimmen _wollen_ )
  • mimmi36mimmi36

    511

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ich finde, das ist ein sehr schwieriges Thema, dass man auf keinen Fall pauschal abhandeln kann und wo ich mir pauschal auch keine Meinung bilden kann. Aber was mir an dem Artikel aufstößt, ist:
    Bei der Entscheidung müsse man bedenken, wie teuer eine mögliche Langzeitbehandlung werden könne. Unter Umständen sei es moralisch vertretbar, einen "möglicherweise tödlichen Akt" zu vollziehen, heißt es in dem Schreiben.
    Wird da jetzt eine moralische Frage zum ökonomischen Problem oder umgekehrt? Oder hab ich irgendwas nicht richtig verstanden? Ich find das ziemlich verwirrend...
  • CarolCarol

    1,315

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ich finde das sehr schwierig. Auf der einen Seite meine Nichte, die 14 Jahre alt geworden ist. Die Ärzte wollten sie nach der Geburt nicht behandeln, da sie eh höchtens vier Wochen lang leben würde.
    Auf der anderen Seite mein Neffe und Patenkind, für den wir an seinem 5. Lebenstag die Entscheidung getroffen haben, die Maschinen abzustellen, die Schmerzmittelgabe zu erhöhen und ihn sterben zu lassen. Er hätte vielleicht weitergelebt, aber alle Organe waren durch Wassereinlagerungen schwer geschädigt, zudem hätte er immer so große Schmerzen gehabt, dass die Ärzte meinten, vielleicht würden sie ihn aus dem künstlichen Koma garnicht aufwachen lassen können, weil er die Schmerzen dann nicht ertrage. Man sah, dass er sogar im Koma gelitten hat, wenn man ihn berührte, am letzten Tag.
    Ich glaube, man darf das nie pauschalieren und muss immer dieses eine Baby ganz genau betrachten und dann ist es eine Gewissensentscheidung.
    Jedes Kind mit allen Mitteln am Leben zu erhalten, finde ich auch nicht richtig, ich denke, bei meinem Neffen wäre es eine falsche Entscheidung gewesen.
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