Geburtsbericht Anja (ja ich weiss, sehr spät)

ShikokuShikoku

305

bearbeitet 27. 12. 2006, 00:30 in Geburtsberichte
Es war Dienstag, der 10. Mai 2005 und ich in der 36. Woche schwanger. Mein Mann arbeitete (Nachtschicht). Am Abend saß ich mit meiner Mutter bei mir zuhause vor meinem PC und bastelten an der neuen Ausgabe des Journal’s „Mir san Hund“. Wir versuchten gerade einen Rückblick über die Ereignisse der vergangenen Pferde-Ausstellung zu schreiben. Dort hatten wir in Kooperation mit Happy Dog ein Fun-Hunderennen für die Besucherhunde und deren Besitzer veranstaltet. Ich hatte einige sehr schöne Fotos von den rennenden Hunden gemacht. Meine Mutter und ich amüsierten uns köstlich über den unfertigen Artikel, und lachten aus vollem Hals über das Wort „Zieleinlauf“.

Inmitten unserem lauten Gelächter spürte ich etwas Nasses in meiner Hose. Nun, kann ja mal passieren, oder ? Ich ziehe mich also gekonnt auf die Toilette zurück und erledigte meine Notdurft. Schließlich war ich damit fertig. Doch musste ich zu meinem Entsetzen feststellen: Ich pinkel, obwohl ich doch gar nicht mehr pinkel ! Nachdem der erste Schwall vorüber war, stand ich auf und ging zu meiner Mutter ins Wohnzimmer und sagte „Ich glaube, es ist etwas kaputt gegangen ….“ und erläuterte etwas näher die Details von „kaputt gegangen“.

Unsere richtige Vermutung: Meine Fruchtblase ist geplatzt. Kein Wunder, wir hatten uns ja auch krumm und bucklig gelacht … weger’m Zieleinlauf.

Also setzte ich mich wieder auf die Toilettenschüssel, um größere Sauereien zu vermeiden und rief die Hebamme meines Geburtsvorbereitungskurses an. Sie sagte mir, ich solle mich mal so langsam auf den Weg in meine Entbindungsklinik machen. Ja, eigentlich klar.

Meine Mutter rief bei meinem Mann in der Arbeit an, er solle sich doch bitte auf dem Heimweg machen – es gehe los ! Wenige Sekundenbruchteile später war nur noch ein aus der Luft herunter fallender Hörer und eine Staubwolke Richtung Ausgang zu sehen …. Dies wurde von seinen Kollegen korrekterweise als „Bei seiner Frau geht’s los!“ gedeutet.

Mein Mann war dann auch in wenigen Minuten zuhause und ich delegierte von meiner Position auf der Toilette aus die anstehenden Vorbereitungen (wasserdichte Unterlage auf Beifahrersitz, Beifahrersitz möglichst in Liegeposition, Kliniktasche packen etc etc). Dann zog ich meine Jogginghose wieder hoch und packte mir ein Handtuch zwischen die Beine. Oh mein Gott – welch peinlicher Anblick. Und wir fuhren in die Klinik im Nachbarort (Frauenklinik Dachau).

Dort angekommen wurde ich von der diensthabenden Hebamme untersucht. Sie bestätigte den Blasensprung und dass der Muttermund sich nur minimal geöffnet hatte. Wehen hatte ich auch noch nicht wirklich. Jetzt hies es abwarten.

Ich erinnerte mich an den Geburtsvorbereitungskurs und dass eine Geburt schon sehr anstrengend sein soll. Nun überkam mich ein Anflug von Panik, dass ich für die Geburt nicht genug „Kraft“ hätte, da ich noch gar nicht zu Abend gegessen hatte. Die Sache war klar: Ich muss noch vor der Geburt etwas essen ! Also jetzt.

Die Hebamme gab uns grünes Licht und so fuhren wir zum nächsten McDrive und ich schlug mir erst mal den Bauch voll. Im Auto natürlich, ich wollte nicht wirklich gerne mit einer nassen Hose und immer noch auslaufenden Fruchtblase in ein Restaurant – und sei es nur ein McDonald’s – einkehren. Im Auto merkte ich dann, wie ich zunehmende Schmerzen im Unterleib bekam. Das müssten dann folgerichtig Wehenschmerzen sein. Doch sie wurden immer schlimmer und mir blieb mein Fischmac förmlich im Hals stecken. Also dann mal schnell zurück in die Klinik.

Die Hebamme meinte jedoch ernüchternd, dass sich da bei mir noch gar nichts tut und sie nicht mit einer Entbindung vor morgen früh rechnet. Ich solle mich auf der Wochenbettstation hinlegen und etwas schlafen. Mein Mann sollte auch erst noch einmal nach Hause fahren und sich schlafen legen, bevor es dann morgen früh los geht. Nun, was sagt man dazu? Er fuhr also meine Mutter nach Hause und selbst dann auch.

Ich lag in einem Einzelzimmer in der Wochenbettstation und fragte mich und anschließend auch die Krankenschwester, wie ich unter Wehenschmerzen denn schlafen soll !? Sie gab mir dann ein Zäpfchen, welches aber nur wenige Minuten in meinem Körper verweilte. Ich schlief nicht. Stattdessen krümmte ich mich auf meinem Bett und versuchte alle mögliche Positionen, die den Schmerz nachzulassen vermochten. Ich fand eine solche Position nicht. Schließlich rief ich wieder die Schwester. Diese fand mich auf alle Vieren auf dem Boden kriechend und robbend wieder und meinte trocken: „Ich bring Sie besser in den Kreissaal“. DANKE !

Doch die Hebamme stellte bedauerlicherweise fest, dass sich mein Muttermund immer noch nicht wirklich weit geöffnet hatte. Ich solle mich noch etwas ausruhen. Diesmal hier im Kreissaal. Sie gab mir eine Spritze. Ich hab keine Ahnung, was sie mir da verabreicht hat – aber es wirkte. Ich schlief – oder so etwas ähnliches – und sah die Figuren aus meinem Lieblings-Computerspiel durch das Zimmer wandern …

Nach etwa einer Stunde wurden die Wehenschmerzen jedoch wesentlich schlimmer. Da half selbst die Spritze nicht mehr. Die Hebamme kam – alarmiert durch meine merkwürdigen Äusserungen – herein und verkündete endlich, dass sich mein Muttermund gut geöffnet hatte. Sie fragte mich, ob ich telefonieren könnte (mit meinem Mann, den sie nun anrufen wollte). „Natürlich kann ich telefonieren!“ antwortete ich und sagte die Nummer an. Doch während sie wählte packte und rüttelte mich eine Wehe und an etwaige Tätigkeiten, wie etwa telefonieren, war nicht mehr zu denken. Die Hebamme sprach mit meinem Mann, dass es nun los gehe und er sich ganz in Ruhe fertig machen und herkommen solle. Während sie mit ihm sprach, spürte ich schon die erste Presswehe. Ich hatte keine Ahnung, wie sich Wehen, geschweige denn Presswehen anfühlten. Doch in diesem Moment wusste ich es mit absoluter Sicherheit. Ich rief (oder brüllte?) nur noch „Die kommt raus! Die kommt da RAUS !!!!“

Die Hebamme legte auf und stellte fest, dass der Geburtsvorgang schon im Gange war und rief nach einer Frauenärztin. Diese kam dann auch recht bald. Sie wiesen mich an, ich solle tief Luft holen, anhalten und nach unten pressen und erst erneut Luft holen, wenn sie mich dazu anwiesen. Wie lustig. Es verging eine Ewigkeit und ich glaubte, sämtliche meiner Gehirnzellen sterben gerade aufgrund akutem Sauerstoffmangel ab. Ich holte Luft. Und äusserste meine Bedenken zu meinen eventuell sterbenden Gehirnzellen. Irgendwie wurden diese jedoch ignoriert und ich solle wieder Luft anhalten und pressen. Ich wehrte mich noch einmal mit „Das kann ich nicht!“. „Doch, das können Sie.“ entgegnete die Hebamme ruhig.
Tja, was sagt man dazu? Nun, dann holte ich eben wieder Luft, hielt an und presste. Es schien aber tatsächlich zu funktionieren, denn nach zwei oder drei mal pressen war meine Anja auch schon geboren! So schnell ging das ! Seit dem Telefonat mit meinem Mann sind gerade mal 10 Minuten vergangen ! Daran, dass mir die Hebamme einen Dammschnitt verpasst hatte, kann ich mich nicht mehr erinnern.

Weitere 10 Minuten später traf auch mein Mann ein. Die Hebamme empfing ihn bereits im Flur und begrüßte ihn mit „Herr Starke, es tut mir wirklich sehr leid ….“ Meinem Mann stockte der Atem und wurde leichenblass. Von der Hebamme im Flur mit DIESEM Satz begrüsst zu werden kann nur Unheil bedeuten. In seinem Kopf wirbelten bereits die schrecklichsten Gedanken von Totgeburt oder ähnlich Schlimmen. Doch die Hebamme sprach dann weiter und erklärte, dass er zu spät gekommen sei und seine Tochter schon auf der Welt wäre. Er hat alles verpasst :sad: und war sehr sehr traurig und enttäuscht. Ich auch, denn eigentlich wollte ich nicht ganz allein mit zwei fremden Personen mein Kind gebären. Naja, wie dem auch sei, …

Unsere Anja hat am 11. Mai 2005 um 03:25 Uhr das Licht der Welt (oder den Scheinwerfer der Zimmers) erblickt !
:grin:


wenn man nun den Humor meines Berichtes weg lässt, finde ich es eigentlich sehr traurig. Ich war eigentlich mit meinen Wehenschmerzen völlig allein gelassen. Keiner war da, der sich um mich kümmerte. Selbst mein Mann wurde nach Hause geschickt, obwohl ich Wehen hatte. Insgesamt fand ich das alles sehr unschön.

Ich bin ja jetzt zum zweiten Mal schwanger und überlege mir, WO ich mein zweites Kind entbinden kann, wo man sich auch tatsächlich um mich kümmert und nicht mit Schmerzmitteln in ein einsamen Zimmer schiebt. Und wo auch mein Mann dabei sein kann und ich meine Wehen veratmen etc etc kann. Wo ich vielleicht auch ein Bad nehmen kann etc etc.

Ich wohne ja in Unterschleissheim, unweit von München. Wenn ihr einen Tipp habt, dann her damit ;-)

Kommentare

  • NukaNuka

    2,340

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Auch wenn es schon ein wenig her ist:
    GLÜCKWUNSCH!!!
    :bounce02:
    Sind die Narben von der "einsamen Geburt" denn schon etwas verheilt?
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    na dann auch mal ich, als männlicher Part,

    wenn ich mir das so durchlese, nebenbei bemerkt ein super Humor, mach ich mir als Mann schon meine Gedanken, ob ich dann auch zum richtigen Zeitpunkt da bin, wenn es bei uns im Mai soweit ist.
    Habe mir zwar Urlaub genommen, aber wenn es wie bei dir ist, dann kann das ja sehr schnell gehen.
    Da kann ich nur hoffen, das das kind einfach zum errechneten Zeitpunkt auf die Welt kommt und das meine frau es nicht ganz so schwer hat, wenn sie das Kind zur Welt bringt.
    wollte noch sagen, ist eine tolle geschichte. :applause:

    in diesem Sinne einen Gruß aus Pforzheim

    der Mann Uli
  • DianbabeDianbabe

    396

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Hallo Claudia ,
    Ich gratuliere noch nachträglich zur Süßen Maus .
    Als ich deinen bericht so gelesen habe erinnerte ich mich ein wenig an die geburt meiner Tochter , also das allein gelassen werden .
    Und ich habe vor mein nächstes Baby zuhause zur welt zu bringen mit meiner Hebamme und meinem Mann zusammen .
    Vieleicht wäre eine Hausgeburt Ja auch vieleicht was für euch?
    Lg Diana
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