Pünktlich wie die Maurer und doch ganz anders als geplant

bearbeitet 2. 06. 2004, 20:48 in Geburtsberichte
Nach langer Zeit melde ich mich auch mal wieder. Die letzten Wochen der Schwangerschaft waren einfach nur Streß - beruflich (Mutterschutz ist bei Selbstständigen so eine Sache ;-) ) und gesundheitlich (Mittelohrentzündung in der 39. SSW). Aber jetzt haben wir das alles hinter uns.

Unser kleiner Sonnenschein muß in der Schwangerschaft wohl mal einen Blick in den Mutterpaß geworfen haben, denn pünktlich am Entbindungstermin ging es in der Nacht um 3.00 Uhr los. Erst spürte ich einen heftigen Tritt und dachte, ich liege einfach ungünstig, aber als ich mich umdrehte verlor ich plötzlich Fruchtwasser. Auf dem Weg zur Toilette wurde es immer mehr. Blasensprung!

Na gut, dachte ich mir, dann mußt du wenigstens nicht grübeln, wann der richtige Zeitpunkt ist, um in die Klinik zu fahren. Ich packte also die letzten Dinge in die Kliniktasche und weckte meinen Mann. Der hat mich garnicht ganz ernst genommen, es gab vorher nämlich überhaupt keine Anzeichen und welches Kind kommt schon am Entbindungstermin ;-) ! Aber er stand dann natürlich doch ganz schnell auf und machte sich fertig.

Nachdem ich ja auf eine ambulante Geburt spekulierte, wanderten natürlich auch MaxiCosi und "Ausgeh-Anzug" für unseren Kleinen ins Auto.

Auf dem Weg in die Klinik setzten langsam aber sicher die Wehen ein.

In der Klinik angekommen (ca. 4.00 Uhr), nahm uns eine ganz nette Hebamme in Empfang und hängte mich erstmals ans CTG. Danach durften wir es uns im Wehenzimmer gemütlich machen. Ich schaffte es sogar, zwischen den Wehen immer mal wieder kurz wegzudämmern.

Um 7.00 Uhr war dann Schichtwechsel bei dem Hebammen und es übernahm die Tagesschicht. Die Hebamme kannte ich schon von der Klinikbesichtigung, unterstützt wurde sie von einer sehr netten Hebammenschülerin.

Meine Wehen wurden immer stärker, die Abstände immer kürzer, und ich immer lauter!!! Zum Glück half mir die Hebammenschülerin immer wieder beim veratmen, sonst wäre ich wahrscheinlich völlig aus dem Takt gekommen. So ging es bis ca. 10.00 Uhr. Mal lag ich auf dem Bett, mal saß ich auf dem Ball, lief herum oder stand am Bett und stützte mich ab. Zwischendurch untersuchte mich die Hebamme immer mal wieder. Alles lief super, die Muttermund war jedes Mal ein ganzes Stück weiter auf. Zwischendurch bekam mein Mann ein bombastisches Frühstück serviert. Ich habe dankend abgelehnt, mir war speiübel. Nur Tee habe ich genommen. Dann zogen wir alle zusammen ins Entbindungszimmer um.

Die Wehen wurden inzwischen fast unerträglich. Der Muttermund war vollständig auf, alles drückte heftig nach unten, nur unser kleiner Zwerg wollte einfach nicht in den Geburtskanal. Nachdem ich die Schmerzen fast nicht mehr aushalten konnte, schlug mir die Hebamme vor, alles für eine PDA vorzubereiten. Ich stimmte zu, denn die Schmerzen wurden unerträglich (ich habe den ganzen Kreissaal zusammengeschrien!). Als die PDA saß, hatte ich endlich wieder die Kraft mitzuarbeiten. Inzwischen hatte ich die schönsten Presswehen. Nach ca. 1,5 Stunden ließ die PDA nach, da waren die Schmerzen dann so stark, dass ich nicht mehr atmen konnte, zwischen Pressen und Schreien blieb gerade noch Zeit, um nach Luft zu schnappen.

Eine weitere Untersuchung ergab, dass sich unser Kind immer noch keinen Millimeter vorwärtsbewegt hatte. Der Oberarzt, der inzwischen dazugekommen war, meinte, ich könnte es natürlich weiter versuchen, dem Kind ginge es gut, die PDA könnte noch mal aufgespritzt werden, aber aus seiner Sicht würde sich aller Wahrscheinlichkeit auch nach weiteren 1,5 Stunden noch nichts weiter bewegt haben und er würde in dieser Situation einen Kaiserschnitt empfehlen. Das war für mich im ersten Moment schon ein ganz schöner Schock, ich wollte doch gern eine natürliche Entbindung und vor allen Dingen so schnell wie möglich wieder nach Hause. Aber andererseits war mir klar, dass ich bereits alles geleistet hatte, wozu ich im Stande war (klingt zwar jetzt nach Aufgabe, aber auch im Nachhinein bin ich davon überzeugt, dass ich nicht mehr hätte weitermachen können.). Ich gab also meine Zustimmung.

Danach ging alles sehr schnell, PDA noch mal aufgespritzt, bis ich meine Beine und meinen Bauch überhaupt nicht mehr spürte, Wehenhemmer, OP-Hemdchen, Thrombose-Strümpfe, dazwischen der Papierkram mit Anästhesist und Chirurg und dann ab in den OP (in dieser Klinik hat der Kreissaal einen eigenen OP, also keine Wartezeiten wegen irgendeines Kreuzbandrisses oder so.) Mein Mann wurde in einen grünen Kittel gesteckt und musste mir während der Operation eine Sauerstoffmaske vors Gesicht halten, während der Anästhesist sich mit mir über mein EKG unterhielt.

Und plötzlich drang ein noch etwas zögerlicher Schrei durch den OP und unser kleiner Tom war auf der Welt (erst jetzt wussten wir zu 100%, dass es ein Tom und keine Jenny war). Nachdem die Schwester ihn mir gezeigt hat, wurde er im Nebenzimmer schnell untersucht. Unter den wachsamen Augen des Vaters hat er die Kinderärztin erst angepieselt und dann in den Finger gebissen. Danach bekam ich ihn, während ich genäht wurde, auf die Brust gelegt zum ersten Kennenlernen. Ein Anlegen war hier leider noch nicht möglich, aber wir konnten uns wenigstens schon mal beschnuppern.

Danach hieß es für mich ab in den Aufwachraum und für Vater und Sohn zurück ins Entbindungszimmer zum Kuscheln. Nach etwa 45 Minuten kam ich dann dazu. Jetzt konnte ich meinen Sohn endlich richtig in die Arme nehmen und ihn anlegen. Leider zeigte er aber nur wenig Interesse.

Nach ca. 1 Stunde wurde ich dann auf die Station verlegt. Durch die OP war ich leider erst mal sehr unbeweglich. So konnte ich Tom nicht allein aus seinem Bettchen nehmen. Das Anlegen und Stillen wollte auch nicht klappen. Dazu kam, dass ich natürlich noch Schmerzen hatte und mir durch Infusion und Blasenkatheter wie gefesselt vorkam. Am nächsten Tag wurde ich zum Glück von allen Anhängseln befreit und durfte auch aufstehen. Das Stillen klappte aber immer noch nicht. Tom wollte und wollte nicht an die Brust. An dieser Stelle ein großes Lob an die Schwestern, die mich mit einer unendlichen Geduld bei den Stillversuchen unterstützt haben.

Am 2. Tag nach der Entbindung kam dann der nächste Schlag. Tom brütete eine Infektion aus und musste auf die Neugeborenen-Intensiv-Station zu einer Antibiotika-Behandlung verlegt werden. Am nächsten Tag kam dann auch noch eine heftige Gelbsucht dazu. Da lag er nun in einem Wärmebettchen, über ihm eine blaue Lampe, in seinem Kopf eine riesige Infusionsnadel, sein kleiner Körper angeschlossen an einen Überwachungsmonitor. Ich war völlig fertig.

Die Intensivstation lag zum Glück unmittelbar neben der Wochenstation und das Pflegepersonal versuchte alles, um ein Stillen nach Bedarf zu ermöglichen. So wurde ich von jetzt an immer in meinem Zimmer angerufen, sobald Tom sich mit Hunger meldete. Das Stillen war hier mit einigem Aufwand verbunden: Tom musste von allen Drähten befreit werden, dann wurde er gewickelt und vor und nach dem Stillen gewogen, über die Trinkmenge wurde genau Buch geführt. Kommentar der Schwester: zu Hause machen Sie das aber nicht! (hatte ich auch nicht vor J). Dabei musste ich immer das Infusionsgerät mit uns rumschleppen und hatte immer Angst, irgendwo hängen zu bleiben und ihm die Nadel herauszureißen.

Am ersten Tag hatte ich noch nicht ausreichend Milch. Da Tom stark an Gewicht verloren hatte, gab ich meine Zustimmung, dass er zusätzlich ein Fläschchen mit Pre-Nahrung bekommt. Nach dem Milcheinschuß haben wir es dann so gehandhabt, dass er erst an die Brust musste, nachdem er aber durch Gelbsucht und Infektion zu schwach war, hier ausreichend zu trinken, pumpte ich die Milch ab und gab sie mit dem Fläschchen. Der kleine Schlawiner hatte es ganz schnell raus, sich nach der ersten Brust satt und müde zu stellen, wenn man dann mit dem Fläschchen ankam, war er aber ganz schnell wieder munter.

Nach drei Tagen besserte sich sein Zustand aber zum Glück und er wurde kräftiger. Wehe wenn ich nicht schnell genug auf die Intensivstation kam, wenn er Hunger hatte, dann konnte ich sein wütendes Gebrüll schon von weitem hören. Ich werde mich wahrscheinlich nie wieder so über sein Wutgeschrei freuen, wie in diesen Tagen!!

Jetzt ging es auch mit dem Stillen besser, erst mal nur mit Stillhütchen und beim Anlegen brauchte ich nach wie vor die Hilfe der Schwestern (die auch auf der Intensivstation eine unendliche Geduld hatten), aber ich musste nicht mehr abpumpen. Am sechsten Tag ging es dann auch ohne Stillhütchen und am siebten Tag wurden wir beide als geheilt entlassen.

Jetzt sind wir seit fast drei Wochen zu Hause. Meine Hebamme hat uns super betreut. Stillen klappte hier auf Anhieb und inzwischen trinkt er in jeder Lebenslage und wird merklich schwerer (ich bin auf die U3 gespannt) und er ist im Großen und Ganzen ein richtiger Wonneproppen der uns ganz viel Spaß macht und wir genießen die Zeit zusammen in vollen Zügen.

Ach ja, noch zwei kleine Nachträge:

Während des Kaiserschnittes stellte sich heraus, dass ich an der Gebärmutterrückwand ein Myom habe, dass den Weg in den Geburtskanal versperrte. Zusammen mit dem überdurchschnittlich großen Kopf unseres kleinen Mannes war es so völlig unmöglich ihn normal auf die Welt zu bringen.

Ein riesengroßes Dankeschön geht an meinen Mann, der mich während der Geburt und im Wochenbett super unterstützt hat. Er selbst ist zwar der Meinung, dass er ja nicht viel tun konnte, aber für mich war es die größte Unterstützung, dass er einfach da war, mich festhielt, streichelte und Anteil nahm. Ich kann mir die Geburt ohne ihn überhaupt nicht vorstellen.

Kommentare

  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Glückwunsch an Euch alle. Zur Geburt, zur Wahl des Krankenhauses und der Hebamme. Es freut mich wirklich, dass Ihr trotz aller Probleme durchgehalten habt! :engel01:
  • NickyNicky

    576

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    herzlichen glückwunsch und alles gute für den kleinen erdenbürger

    hat ja doch noch gut geklappt ;-) wie groß und wie schwer war er denn :?:
  • AnonymousAnonymous

    59,500

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Herzlichen Glückwunsch !!!

    Schön, dass Ihr alles gut überstanden habt. Wünsche Euch eine schöne Beschnupperzeit!
  • Mandy1976Mandy1976

    4,183

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Herzlichen Glückwunsch zum kleinen Tom.
    Ich wünsche Euch eine schöne Kennenlernzeit :happy01:

    Bravo :applause:, dass ihr das mit dem Stillen so durchgehalten habt.

    Liebe Grüße
    Mandy
  • YasminYasmin

    3,093

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Die allerherzlichsten Glückwünsche zu Eurem Tom! :fantasy05:
    Wie sind den nun die genauen Daten?
    Größe, Gewicht, Kopfumfang, Geburtszeit ????
  • lilalila

    2,943

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Gratulation; :bounce06: :bounce03: :bounce02: :bounce04:
    Wieder mal ein Beispiel dafür, dass nicht alles immer genauso klappt wie vorgenommen. Doch die süssen Kleinen entschädigen das schon irgendwann, gottseidank. Alles Gute weiterhin...
  • AurynellaAurynella

    187

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Auch von mir alles Gute weiterhin und Herzlichen Glückwunsch zur Geburt eures kleinen Tom!
    Ist echt ein toller Bericht, den du da geschrieben hast, dankeschön! Hab richtig mitgefiebert, aber es ist ja alles gut ausgegangen! :grin:
  • quandelequandele

    1,868

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Wir gratulieren auch gaaaaanz herzlich! Und eine schöne Kennenlernzeit Euch Dreien!
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Vielen Dank für die lieben Glückwünsche.

    Die "technischen Daten" waren Größe 53 cm, Gewicht 3230 g (mein Frauenarzt hat ihn 3 Wochen vorher schon auf 3300 g geschätzt mit der Prognose, das es ein ganz schöner Brocken wird. Irren ist ärztlich :grin::grin: !) der Kopfumfang war 34 cm und geboren ist er um 12.53 Uhr.

    Daß das mit dem Stillen doch noch geklappt hat, verdanke ich wirklich zum Großteil dem Krankenhauspersonal. Außer am ersten Tag auf der Intensiv war auch für das dortige Personal die Flaschennahrung keine wirkliche Alternative. Ziel war es für alle Beteiligten, Tom so schnell wie möglich an die Brust zu bringen.

    Interessant war auch, daß dort normalerweise HA-Nahrung als Fläschchen gegeben wird, wenn keine Mumi zur Verfügung steht.Nachdem ich am ersten Tag zufüttern mußte, habe ich freundlich nach normaler Pre-Nahrung gefragt und die auch ohne Diskussion bekommen, das wurde auch in Toms Akte vermerkt, so daß ich nicht bei jedem Füttern wieder diskutieren mußte. Und das ganze, obwohl sie die Prenahrung portionsweise zubereiten mußten, während es die HA in fertigen Fläschchen gab, auf die man nur noch den Sauger schrauben mußte.

    In dem Zusammenhang fragte mich eine Schwester, ob ich ihr nicht Informationsmaterial über die Nachteile von HA-Nahrung beschaffen könnte. Ich gebe diese Frage hier mal weiter ans Forum und werde selbst noch im Internet recherchieren.

    Was ich leider nicht mehr in Anspruch nehmen konnte war die Stillberatung , die dort 2x wöchentlich angeboten wird. Am Donnerstag wurde Tom verlegt und am Dienstag wurden wir schon entlassen. Tja, zum Glück klappt es jetzt ja auch so.
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Es gibt keine Nachteile im üblichen Sinne. Sie ist nur nicht nötig, wenn die Kinder nicht ernsthaft allergiegefährdet sind. Außerdem gibt es keinen Nachweis, dass sie wirklich Allergien vorbeugt, wie Muttermilch. Sie ist teurer als normales Milchpulver, was ja auch ein Aspekt ist. Es gibt eine Spezialnahrung, die nur in Apotheken zu bekommen ist, seeeeehr teuer, aber die kann dann verschrieben werden.
    Leider habe ich vergessen, wie die heißt.
    Ich hatte lange Jahre einen sehr guten Draht zu einer Ernährunswissenschaftlerin von Milupa :grin: ...von der habe ich das schon vor Jahren ganz privat erfahren.
    Der Preis spielt in den KH insoweit eine Rolle, dass die Provision der Verteter natürlich ansteigt, wenn sie mehr Umsatz machen. Das Personal verläßt sich meist auf die Infos, die sie von den Firmen bekommen. Sie wollen den Kindern ganz sicher nichts Böses damit.
  • NikNik

    825

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Herzlichen Glückwunsch zur Geburt von Tom. Wir wünschen Euch eine schöne Kennenlernzeit.
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Auch von mir herzlichen Glückwunsch und ich freue mich für Euch, dass es nach so vielen Stolpersteinen nun doch richtig gut zu laufen scheint.
  • wudwudwudwud

    2,744

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Auch von uns herzlichen Glückwunsch.

    :laola02:

    Gruß
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    hallo,

    herzlichen glückwunsch und alles liebe auch von uns.

    ein dickes lob für dein durchhaltevermögen beim stillen. dein kleiner wird es dir irgendwann danken.


    ich wünsche euch alles liebe und eine schöne zeit
Hey! 1 Frage - 100 Antworten!
Im BabyForum kannst du dich einfach, sicher und anonym mit (werdenden) Mamas und Papas in deiner Nähe austauschen. Registriere dich jetzt, um alle Bereiche zu sehen und mitzuplaudern:Kostenlos registrieren

Hey & Hallo im Forum!

Neu hier?
Tritt unserer Community bei um alle Bereiche zu sehen und (werdende) Eltern kennenzulernen!

Aktionen

Ratgeber

Ratgeber - Baby und Eltern beim Kuscheln

Social Media & Apps

Registrieren im Forum