Für Elise

NukaNuka

2,340

bearbeitet 8. 05. 2007, 22:50 in Geburtsberichte
Heute wird meine Tochter ein Jahr alt.

Zum Geburtstag schenke ich ihr ihren Geburtsbericht.

Ich hatte vor Ewigkeiten damit angefangen, da ich ihn aber sehr ausführlich gestalten wollte, war es mir zuviel Arbeit und blieb liegen :oops:
Gestern Nacht habe ich dann noch einmal fleißig getippt. Obwohl sicher nicht mal die Hälfte drin steht (wollte mich ja kurz fassen), ist er sehr lang geworden.

Deshalb für alle, die ihn nicht lesen wollen (was ich bei der Länge nachvollziehen kann) hier die Kurzfassung:
02. Mai 2006, 23:00 h erste spürbare Wehe (in der ganzen SS),
03. Mai 2006, 20:27 h, meine Tochter wird geboren. ( 53 cm, 3575 g , KU 35 cm)


F Ü R E L I S E

Ich war neun Tage über dem errechneten Termin.
Der Besuch bei meinem Frauenarzt am Vormittag diesen Tages war etwas frustrierend. Seit Wochen hatte sich mein Befund nicht geändert, das Kind saß zwar tief, aber der Muttermund wollte sich noch nicht bewegen und war überhaupt schwer zu ertasten.
Die letzten Tage hatte ich sogar Wehen – so sagte zumindest das CTG.
Gut, wenn ich darauf achtete konnte ich dann doch merken, dass der Bauch sehr hart wurde und es im Oberbauch drückte. Im Liegen verspürte ich auch Druck im Hals und Nacken. Irgendwie fand ich das völlig falsch, schließlich sollte unten mal irgendwie irgendwas ankommen. Ob mein Kind der Meinung war es müsse oben raus?

Mein FA schrieb mir für den nächsten Tag eine Einweisung fürs KH aus. Ich war ja dann zehn Tage über Termin. Ich geriet etwas im Panik, alle Untersuchungen waren i. O., ich sah überhaupt keinen Grund für eine Einleitung und hatte gar keine Lust mich auf Diskussionen diesbezüglich mit dem KH-Personal einzulassen.

Abends vor dem Fernsehen diskutierte ich also mit meinem Mann, ob ich am nächsten Tag überhaupt ins KH gehen solle, oder erst übermorgen.
Mittlerweile hatte ich etwa alle neun Minuten eine Wehe, welche sich aber immer noch nur durch ein bißchen Drücken bemerkbar machten. Trotzdem wusste oder hoffte ich, dass Madame sich schon bald selber auf den Weg machen würde und keiner Einleitung bedürfe. Sie würde zu mir kommen, wenn sie es für richtig hielte.

Nur rummeckern, dass ich keine Einleitung wolle, aber selbst nichts wehenförderndes tun, fand ich auch etwas unangebracht. Da ich mich aber körperlich nicht betätigen wollte und ein heißes Bad am Vortag nichts genützt hatte, beschloss ich, es doch mal mit Sex zu versuchen. Das war zwar in meinem Zustand nicht so der Renner, aber auch wieder nicht so schlimm, wie ich befürchtete hatte.
Das ganze spielte sich so um 22:30 h ab. Während mein Mann danach den Schlaf der Gerechten schlief, blieb ich artig auf dem Rücken liegen und harrte der Dinge die da kommen sollten. Noch dachte ich , dass die Aktion wahrscheinlich ziemlich überflüssig war, waren die Wehen doch weg.

Um 23:00 h kamen dann wieder Wehen und siehe da, es fing an weh zu tun. Es drückte nun ganz leicht schmerzhaft im Bauch, hatte ein bisschen was von Bauchweh, nur dass man die Anspannung in dem hart werdenden Bauch auch spürte. Nackenschmerzen hatte ich keine mehr. Ich freute mich, dass sich jetzt eventuell doch mal was unten tun könnte (auch wenn ich wirklich unten noch nichts merkte) dachte mir aber, sag deinem Mann mal noch nichts, könnte ja blinder Alarm sein.
Ich ging auf Toilette und bemerkte Blut. Schon recht viel, also wie Regelblutung, und sehr dunkel. Daß das vom Sex kam konnte ich mir nicht vorstellen. Sollte das vielleicht der Schleimpfropf sein? Schleimig war es nur nicht? Blutete dann aber auch nicht weiter, also dachte ich mir, kein Grund zur Besorgnis, bleib cool.

In vielen Geburtsberichten habe ich mich sehr gewundert, dass die Frauen die ganze Nacht vor sich hin geweht haben und erst morgens früh mal ihren Mann geweckt haben, zum Frühstück und ins KH fahren. Das war mir immer unverständlich - aber jetzt ließ ich ihn auch schlafen.

Meine Freude über die spürbaren Wehen waren nur von kurzer Dauer. Der Schmerz wurde nämlich mit jeder Wehe stärker und die Wehen kamen alle paar Minuten. Schnell fühlte sich das Ganze nach einer unangenehmen Mischung aus Magenkrämpfen, Periodenschmerzen und Ischiasschmerzen an. Offensichtlich war der Schmerz jetzt unten angekommen.

Um 1:00 h entschloss ich mich, meinen Mann zu wecken um ihm zu erzählen, dass ich jetzt doch wohl mal richtige Wehen hätte und er mich mal ne Runde bemitleiden solle. Das tat er auch und schlief wieder ein.
Ich lief durch die Wohnung, weil Liegen unangenehmer in der Wehe war als stehen oder gehen, ging auf Toilette und „erfreute“ mich meines weichen Stuhlgangs (Durchfall sollte doch ein Anzeichen einer baldigen Geburt sein).

Langsam musste ich die Wehen doch als wirklich schmerzhaft bezeichnen (lächerlich – es kam noch viel schlimmer). Ich wehte auf einem Stuhl abgestützt mit kontrollierter Atmung meinem Schicksal entgegen.
2:30 h. Mein Mann wurde wach, sah mir zu und fragte, wann wir denn ins Krankenhaus fahren sollten.
Ich antwortete, dass wir so langsam fahren könnten.
Ich war völlig überfordert mit der Kleiderwahl und ließ deshalb mein Schlaf-T-Shirt an und zog Hose, Pulli und Jacke darüber.
Mein Mann schnappte sich den vollgepackten Klinikkoffer. Ferner nahmen wir noch ein Badehandtuch (und ich glaube sogar einen blauen Müllsack) zum Unterlegen falls die Blase platz mit.

Ich musste natürlich noch meine Katze verabschieden, die da gerade keinen Kopf für hatte – wie Katzen halt so sind. Ihr war die Situation auch komisch und mir war so schwer ums Herz. Schließlich war sie ein richtiges Mamakind, hing den ganzen Tag bei mir. Ich wusste, dass würde nie wieder so sein. Wahrscheinlich wäre Dracula total verstört, wenn ich mit dem Kind nach Hause käme. Nichts würde mehr so sein wie vorher. Ich konnte mich kaum trennen.

Auf dem Weg zur Garage so gegen 3 :00 h dachte ich noch, hoffentlich sieht Dich keiner, was sollen denn die Nachbarn denken, wenn es ein Fehlalarm ist. Das ich mir immer so den Kopf zerbrechen muss, was andere von mir denken.

Aufgrund der Uhrzeit waren die Straßen frei, bis jetzt war meine größte Sorge gewesen, ich müsse im Berufsverkehr bis in die Landesfrauenklinik, das hätte ewig gedauert.

Wirklich bequem war es im Auto nicht, ich krallte mich an den Türhaltegriff. Normal bequem im Auto sitzen konnte ich eh schon lange nicht mehr.
Aber ich verspürte keine wirklichen Wehen. Toll, Fehlalarm! Wir waren schon fast in Elberfeld als eine indentifizierbare Wehe kam. So ein Glück!

Beim Schreiben des Geburtsberichts würde mein Mann mich daran erinnern, dass in Elberfeld, auf Höhe der alten Feuerwache, also kurz vorm Krankenhaus, ein verwirrt aussehende Frau auf die Straße lief und uns anzuhalten versuchte. Sicher brauchte sie Hilfe und wir sind einfach an ihr vorbei gefahren. Richtig , mein Mann fuhr einen Schlenker um sie. Zum Glück, mein Mann ist doch immer so hilfsbereit und ich fürchtete schon, er hielte an. Die arme Frau – na ja.

Als wir in der Klinik ankamen, war der Storchenparkplatz (Parkplatz für werdende Väter direkt vor der Tür) bis auf einen Stellplatz voll. Na das könne ja heiter werden.
Bei den Wochenend-Kontrollterminen im KH wurde uns gesagt, wir könnten einfach direkt in den Kreisssaal hochgehen wenn es soweit sei.
So einwenig weh tat es ja schon, also schritten wir leicht schmerzverzerrten Schrittes am Empfang vorbei. Die Dame guckte nur kurz auf, mein Mann flötete noch freundlich „N`Abend“ Ich konnte mir nur ein müdes Lächeln entringen. Ich kam mir schon wieder blöd vor. „Was denkt die denn jetzt von Dir, wenn Du einfach an ihr vorbeirennst? Na, da bist Du ja andererseits sicher nicht die Erste.“
Der Kreisssaal war im ersten Stock, ich entschloss mich heldenhaft die Treppe zu gehen. Aufzug mag ich eh nicht und Treppensteigen sollte ja gut sein. Meine größte Sorge war ja, dass sich da unten noch gar nichts getan hatte und die mich für blöd halten.

Da standen wir nun vor der Tür des Kreisssaals – und nun? Ich habe mich gar nicht getraut zu klingeln, was sollte ich denn da sagen??? Mein Mann war wohl auch eher der Meinung, ich solle mich lieber drum kümmern. Ich glaube, wir beschlossen einen Kompromiss. Es ist oft so schwer, sich nach einem Jahr noch an so viele Einzelheiten zu erinnern. Trotzdem hat er glaube ich die Klingel gedrückt und ich musste sprechen. Das weiß ich noch genau. Ich hörte die Stimme aus dem Lautsprecher „ja, bitte?“ (Das war mir ja vielleicht unangenehm, mitten in der Nacht bei fremden Leuten zu klingeln) und ich sagte mit vor Verlegenheit lachender Stimme „Ja hallo, ich glaube ich bekomme gerade ein Kind!“ Und schon wieder dachte ich „Oh Gott die halten Dich für doof“ Aber es ging einfach die Tür auf. Eine freundliche Hebamme begrüßte uns und ich musste durchatmen „Hier hält Dich keiner für doof!“

Zu meiner Enttäuschung wurden wir in ein Untersuchungszimmer geführt. Warum denn nicht direkt in den Kreissaal? Hatte ich mir irgendwie so vorgestellt. „Wahrscheinlich sind sie überbelegt und Du musst Dein Kind auf dem Gyn-Stuhl kriegen. Oder die halten Dich doch für doof.“
( Mein Mann hat heute noch gesagt, er hätte den Eindruck gehabt, man hätte uns da geparkt. )

Die Hebammenschülerin schnallt mich ans CTG, ich liege auf der Seite und habe auch wieder Wehen. * juhu * , * jammer *
Man sucht meine Akte, schließlich war ich extra zur Geburtsplanung hier und habe auch in der Schwangerschaft einen stationären Aufenthalt wegen Blutungen gehabt.
Man sucht.
Und sucht.
Einen Teil meiner Akte findet man sogar. So hatte ich mir das vorgestellt! *Augenverdreh *
Die Hebammenschülerin beginnt erneut pflichtbewusst mit einer Anamnese. Ich bin völlig genervt von ihren Fragen.
Irgendwann bekomme ich eine Hebamme zu sehen. Wird auch Zeit. Aber ausgerechnet die, die mir bei der Geburtsplanung schon so unsympathisch war. Sie ist aber zuckersüß und freundlich. Das kommt mit spanisch vor. Sie untersucht mich und teilt mir mit, dass der Muttermund bei 2 cm sei und ich unter der Geburt. Da bin ich froh, dass ich nicht umsonst ins Krankenhaus gefahren bin. Andererseits bin ich etwas frustriert, dass es erst 2 cm sind. Im Geburtsvorbereitungskurs sagte die Hebamme, dass man in etwa sagen könne 1 cm / Stunde. Ich rechne und denke „noch 8 Stunden also 14 Uhr. Hm, komisch, um diese Uhrzeit kommen doch keine Kinder , oder?“
Die Hebamme schickt uns spazieren. Um 7 Uhr sollen wir wieder in den Kreissaal kommen. Danach würden wir dann mal baden. Das hört sich ja gut an.

Spazieren ist doof. Wir gehen die Vogelsangstr. hinauf – im Schneckentempo. Es wird hell. Ich habe Rückenschmerzen. In regelmäßigen Abständen dieses fiese Ziehen im Bauch. Ich empfinde es als eine Zumutung, dass ich mich bewegen soll. Dann tut es nämlich viel mehr weh. Im Nachhinein muss ich sagen, ich war wirklich nicht sehr hilfreich für den Geburtsverlauf. Mein armes Kind musste alles alleine machen.
Diese entsetzlichen Rückenschmerzen. Ein Mann schaut auf ein Kissen gestützt aus dem Fenster. Vor seiner Nase muss ich wieder anhalten, eine Wehe quält mich. Ich komme mir ein wenig doof vor, aber nicht so schlimm, wie ich es vorher befürchtet hätte. Der Mann sieht das bestimmt nicht zum ersten Mal. Er wirkt auch recht teilnahmslos.
Ich gehe extra langsam um die Zeit totzuschlagen. Weit bergauf gehen wir nicht, wir drehen schnell um. Bergab geht es auch nicht schneller. Die Rückenschmerzen sind ja so was von ätzend. Und es ist noch so früh. Vor viertel vor sieben brauche ich mich im Kreissaal nicht blicken zu lassen.

Doch hier habe ich eine sehr intensive, wunderschöne Erinnerung. Auf dem Weg nach unten habe ich während einer Wehe innegehalten. Ich dachte mir, es ist wie Weihnachten! Ich habe den Moment in mich aufgesogen und wollte ihn mir gut merken. Später, wenn meine Tochter einmal erwachsen ist wollte ich mich an diesen Moment erinnern könne, als sei es gestern gewesen. Ich war glücklich. Ich hatte einen wundervollen Mann, eine perfekt Beziehung. Doch nun war alles im Aufbruch. Dieser Moment würde einer der letzten sein, die mein Mann und ich allein miteinander verbringen würden. Ein wenig Trauer überflog mich, aber dann war es wieder so schön und so aufregend. Und irgendwie war es beinahe so, als sei unsere Tochter schon bei uns. Körperlich. Mehr als die Schwangerschaft über. Es war, als sei dieser Moment ein Bindeglied zwischen uns zwein und uns drein. Und es fühlte sich gar nicht beängstigend an.

Gegenüber der Klinik ist ein Kiosk, welcher gerade aufmacht. Mein Mann und ich gehen hinein. Der Verkäufer räumt gerade seine Waren aus. Und er raucht. In dem Kiosk stinkt es nach Zigaretten. Das kann ich gar nicht ab, ich denke, so verpestete Luft kann ich meinem Kind unter der Geburt nicht antun. Also stelle ich mich vor den Kiosk auf die Straße. Irgendwie bin ich mit der Gesamtsituation unzufrieden. Ein Schokoriegel und eine Flasche Fanta gönne ich mir. Dabei hab ich weder Hunger noch Durst. Aber ich merke mal wieder, dass mein Kreislauf nicht der allerstabilste ist. Ach, ist er ja eigentlich nie. Trotzdem denke ich, Zucker und Flüssigkeit kann nicht schaden.

Jetzt kommt die schwere Frage, ob wir den kurzen oder den langen Weg zum Klinikeingang gehen. Ich will mich ja nicht bewegen und plädiere für den kurzen. Leider ist das eine lange Treppe. Ich frage mich wieder, warum ich mir das antun muss, lieber würde ich mich irgendwo hinsetzen.

Ein Jahr nach der Geburt ist es schwer sich an alles zu entsinnen.
Was ist bis zum nächsten Spaziergang passiert?
Wir bekamen ein Kreissaalzimmer zugeteilt. Wanne war nix. Wahrscheinlich war die belegt. Ich wusste nicht so genau, was ich davon halten sollte, tendenziell fand ich es aber blöd. Nachgefragt habe ich aber nicht.
Was mein Mann und ich im Zimmer gemacht haben? Tja, keinen blassen Schimmer, wahrscheinlich haben wir uns unterhalten. Ich wurde ziemlich selbstmitleidig und weinerlich. Eigentlich wäre ich am liebsten gestorben. Die Hebammenschülerin brachte mir Globuli. Danach ging es irgendwie besser.
Ich war mit der Hebammenschülerin im Bad. (In einem normalen ollen Badezimmer ohne Fenster, dessen einziger Reiz die Plastikfisch an der Wand waren; nicht das Luxusbad mit Gebärwanne) Sie hat mir dann genau erklärt, was es mit dem Klistier auf sich hat. Da ich eh schon Durchfall gehabt hatte und seit dem Vortag nichts mehr gegessen hatte, habe ich mich schon gefragt, ob das denn nötig sei. Aber ich dachte mir, dass ein komplett leerer Darm schon entspannend wirken könnte. Also stimmte ich zu.
Niiiiieeee wieder! Da sch.. ich lieber in den Kreisssaal!
Das war wirklich mit das Schlimmste an der Geburt, wenn nicht sogar das Schlimmste.
Das Einführen des Klistier tat höllisch weh, da ich nämlich schon wund an der Rosette war. Das bin ich sofort, wenn ich auch nur leicht Durchfall habe. Das hat so gebrannt! Dann sollte ich die Flüssigkeit 10 min drin behalten. Aber ich habe direkt gemerkt, dass ich das nie im Leben schaffe. Ich habe mir dann als Ziel gesetzt , 5 min zu halten. Also drehte ich meine Runden im Bad. Ich musste , im wahrsten Sinne des Wortes, krampfhaft in meinem Hinterteil alles zusammenkneifen, damit die Flüssigkeit nicht wieder rauskommt. Ich wollte mir ja auch nicht in die Hose schittern. Und das Ganze machte anscheinend die Wehen noch schlimmer. Wie soll man hinten einhalten, wenn man mit Wehen kämpft. Echt, ich habe mich wirklich angestrengt, aber es tat so weh und hat auch wirklich so angestrengt, dass ich nach 3 min entschloss, dem Ganzen ein Ende zu bereiten. Mit Mühe und Not habe ich es geschafft, die Hose noch runter zu kriegen und mich aufs Klo zu setzten. Und dann kam da nur ein bisschen durchsichtige Flüssigkeit raus. Also wirklich , die Aktion war richtig für den A... Und kann mir mal einer erklären, warum die Wehen sooo extrem krampfen, wenn man auf dem Klo sitzt? Im Sitzen ging es eigentlich , komischerweise nur nicht auf dem Klo. Das waren meines Empfindens nach die unangenehmsten Schmerzen unter der Geburt. Ich musste mich schon echt beherrschen, dass ich nicht laut werde, ich vergoss ein paar Tränen , weil alles so schrecklich war und ich doch bitte, bitte endlich aus diesem Albtraum aufwachen möge. Ich wünschte, alles solle wieder so wie früher sein. Den ganzen Tag nur mit Pferden und Freunden rumhängen. Jung und schön. Au ja! Aber würde ich meine Tochter nicht doch vermissen? Wäre ja irgendwie schade, wenn sie doch nicht da wäre.
Ich meine ja, die Badezimmeraktion wäre morgens gewesen, aber war das wirklich vor dem nächsten Spaziergang? Mensch, die Stilldemenz hat mich seit einem Jahr voll im Griff!

Auf jeden Fall wurden wir wieder spazieren geschickt. Morgens war es noch ganz schön frisch, aber vormittags (so gegen 11 Uhr) war es heiß. Vor ein paar Tagen hatte es noch geschneit, und nun waren es 20 Grad. Mir war so heiß! Mein Mann und ich irrten um das Krankenhaus herum. Ich habe gejammert. Immer dieses unverschämte Spazieren, hauptsächlich hat mir aber das Wetter zu schaffen gemacht. Heute ist es auch das einzige, woran ich mich an diesem Spaziergang erinnere. Morgens sind mir die Wehen in Erinnerung, aber vormittags weiß ich nur, dass ich zwar Rückenschmerzen hatte, aber ich hab gedacht, ich kipp bestimmt um bei der Hitze. Das kann Dein Kreislauf doch gar nicht mitmachen. Warum muss das denn ausgerechnet heute so heiß sein.
Ich lief BH-los ,mit meinen Riesendingern unter einem Riesen T-Shirt rum . Wir kamen an einer Gruppe junger Leute vorbei, die an einem Hintereingang saßen. Ich dachte noch „wie peinlich, die glotzen alle und du hast keinen BH an.“ Sorgen hat Frau *Augenverdreh* Zu meinem T-Shirt muss ich noch was sagen. Dieses T-Shirt habe ich 1991 auf dem EMF- Konzert im Kölner E-Werk gekauft. Es war mein erstes Konzert. Damals hätte ich mir auch nicht träumen lassen, dass ich dieses T-Shirt mal bei der Geburt meiner Tochter trage.
Einen ganz ähnlichen Gedankengang hatte ich übrigens im Kreisssaal. Die ganze Zeit lief das Radio. Keine Ahnung welcher Sender, keine Ahnung was für Musik. Nur an ein Lied kann ich mich erinnern! Sie spielten doch wahrhaftig „When will I be famous?“ von Bros. Unglaublich, dass habe ich bestimmt seit 10 Jahren nicht mehr gehört. Wenn nicht eher 15? Das kommt nie im Radio. Aber diese Anekdoten nur am Rande.

Ok, nach dem Spazieren wieder Kreisssaal. Untersuchung: 5 cm.
Die Hebamme kommt auf die Idee, die Blase zu sprengen. Sonst würde das noch bis heute Nachmittag dauern, sagte sie glaube ich. Die Hebamme ist so ein voluminöser , älterer Jahrgang. Ich bin mir schon nicht mehr sicher, ob das die ist, die ich heute morgen schon nicht mochte, oder nur das selbe Kaliber. Sie zieht ihren Handschuh an und ich sehe, dass die schlimm Neurodermitis oder so was hat. Am ganzen Arm, mir zieht sich alles zusammen. Ich bin von der Idee mit der Sprengung nicht so begeistert, ich habe das gegen mein Gewissen machen lassen. Mag sein, dass es richtig war, ich weiß es nicht. Aber ich habe mich mies gefühlt. Mir tat es unendlich leid für mein Kind. Als würde man einer Schnecke ihr Schneckenhaus kaputtmachen. Ja, so empfand ich das. Als hätte mein Kind in mir jetzt Überlebensprobleme. Wahrscheinlich hab ich leicht einen an der Klatsche.
Ich lasse mir das „Werkzeug“ zeigen. Heute weiß ich schon gar nicht mehr wie das kleine Ding eigentlich aussah. Das Sprengen habe ich gar nicht gemerkt, Nur plötzlich lief es zwischen meinen Beinen raus. Warmes Wasser (die Hebamme sagte noch „konstante 37 Grad ;-)“), weiches Wasser. Ich fand es richtig angenehm. Wirklich warm und weich. So weich, als sei es ein Balsam. Seltsame Erfahrung. Aber es ist ziemlich viel und man braucht zwei Unterlagen um es aufzusaugen.
Ich meine mich zu entsinnen, dass ich etwas weniger Druck danach im Bauch hatte.
Das ist aber irrelevant, da ziemlich zackig nach der Sprengung die Wehen schlimmer wurden. Deutlich stärker.
Und dann passierte es. Mir wurde schlecht.
Im Geburtsvorbereitungskurs sagte die Hebamme, dass vielen Frauen bei 5 und bei 9 cm schlecht würde. Um es kurz zu machen: ich habe von 5 bis 10 gekotzt * grmpf *
Die Wehen wurden immer fieser und je schlimmer die Wehe wurde, der Schmerz, desto schlechter wurde mir.
Jetzt kommt mein fataler Irrglaube. Ich dachte, mir sei schlecht, weil ich Schmerzen habe. Ich folgerte, wenn ich weniger Schmerzen hätte, wäre mir auch nicht so schlecht. Also mussten Schmerzmittel her.
Ich hatte schon heftige Wehen, aber mir machte in dem Moment wirklich nur die Kotzerei Sorgen. So konnte ich kein Kind zur Welt bringen, wenn ich in der Wehe außer Übergeben sonst nichts auf Reihe kriegen würde.
Eigentlich wollte ich aber keine PDA, weil ich es als Versagen meinerseits empfand und traute mich nicht, danach zu fragen. Deshalb fragte ich kleinlaut nach Schmerzmitteln so im Allgemeinen und was es denn da für Alternativen zur PDA gäbe.
Die Hebammenschülerin verabreichte mir ein Zäpfchen. Eine Wirkung habe ich nicht bemerkt.
Die Wehen quälten mich, vor allem diese elenden Rückenschmerzen. Ich musste mir anhören, dass das sei, weil das Köpfchen sich am Steißbein entlang schiebe. Mir doch egal! Ich will das nicht mehr. Die einzige Position, die geht, ist sitzen. Aufstehen hab ich mal probiert, aber Gehen ist zu anstrengend. Das tut ja weh. (Ich sag doch, ich war total kontraproduktiv * schäm *). Immer wieder bekomme ich erzählt, ich könne aufstehen, ich müsse nicht wegen des CTGs liegen bleiben.

Das CTG war übrigens auch so eine Sache für sich. Die halbe Zeit hat es meinen Puls aufgezeichnet und nicht die Herztöne vom Kind. Das hat tierisch genervt. Ich war nur damit beschäftigt, auf das CTG zu starren und an der Sonde rumzuschieben. In dem Moment, in dem ich dies hier schreibe, ärgert mich das total, es gibt doch Wichtigeres für eine Gebärdende, als auf das CTG zu starren. Aber ich hatte halt immer Angst, irgendwas stimme nicht.

Also, ich hatte also toll Schmerzen und musste schön Kotzen. Untenrum tat sich auch nicht wirklich was, 5 – 6 cm. Ich wollte dann doch die PDA. Das musste ich aber mehrfach deutlich kundtun, bis ich überhaupt mal den Zettel zum unterschreiben bekam. Es kam dann noch „ja aber...“ z.B. „sie können dann nicht mehr aufstehen“ Mir doch egal! Ich wollte eh nur sitzen. Ich wollte einfach dasitzen, bis das Kind von alleine rauskam! Die voluminöse Hebamme ließ sich auch mal blicken, aber nur, um mir zu sagen, dass ich nicht sitzen dürfe, da das Kind so nicht ins Becken käme. Mir doch egal! Dann dauert´s halt was länger. Oh man, irgendwie ist es echt lustig, wenn es nicht so traurig wäre. Wir einigen uns, dass ich solange sitzen darf, bis ich die PDA habe.

Tja, bis ich die PDA bekam dauerte es ewig. Mein Mann meinte sogar, es wäre so 18 Uhr gewesen. Mensch, wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mir die PDA auch sparen können. Ich dachte es wäre zwischen PDA und Geburt längere Zeit gewesen. Aber ich habe einfach das Zeitgefühl total verloren.
Eine Assistenzärztin taucht auf und will mich über die PDA aufklären. Ich sag nur „Ja ja, ich kann davon sterben, machen se schon !“ Mir ist sooo schlecht und ich hab sooo Rückenschmerzen. Die gehen einfach nicht weg, auch nicht in der Wehenpause.
Irgendwann geht es dann mal los. Erst einmal auf das Kreisbett umziehen, da ich ja später nicht mehr laufen kann.
Ich muss still halten. Oh das ist ja so schwer unter Wehen. Ich sitze da mit der Nierenschale an meinem Kinn. Mir ist schlecht, ich fühl mich geschwächt.
Das Setzen der PDA ist halb so schlimm, wie ich befürchtet habe. Der Pieks im Rücken war gar nicht schlimm. Mein Man fand, es war das Schlimmste an der Geburt. Mag sein, ich konnte ja nicht sehen, wie gepiekst wird.
PDA sitzt, es tut immer noch weh. Die reden was von Testdosis. Testdosis? Gebt mir Drogen! Igitt, es läuft mir kalt im Rücken runter. Die Schmerzen werden nicht wirklich besser. Jetzt gibt man mir die normale Dosis. Die Wehen werden erträglicher, die Rückenschmerzen bleiben. Na toll! andersrum wäre es mir lieber gewesen.
Übrigens kann ich meine Beine noch erstaunlich gut bewegen. Auch das Personal ist verwundert, glaubt mir gleichzeitig aber nicht so recht, dass ich noch Schmerzen habe.

Ich liege auf dem Kreissbett und dämmere vor mich hin. Ich zittere, als hätte ich Schüttelfrost. Man sagt mir, dass käme von der PDA, das Muskelzittern. Man spritzt mir Buscopan. Mir geht es tierisch dreckig. Ich falle in den Sekundenschlaf, immer wieder. Ich sehe mich außer Stande ein Kind zu entbinden. Ich steh völlig neben mir, fühle mich krank und geschwächt. Man hat mir wohl auch was Blutdrucksteigerndes in den Tropf getan, weil ich so einen niedrigen Blutdruck habe und er unter der PDA sowieso absinken kann. Ich habe jetzt einen Blutdruck von 120/80, für mich horrormäßig hoch, das bekommt mir gar nicht.

Ich sehe wie mein Mann in der Ecke im Sessel sitzt, das Gesicht in den Händen vergraben. Er ist völlig fertig, der Arme. Ich hab ein schlechtes Gewissen, dass ich so lange brauche. Eigentlich wollte ich gerne dass meine Tochter am 04.05.06 zur Welt kommt, 03.05.06 gefiel mir nicht so gut, zumal am 3. Mai schon einige Bekannte Geburtstag haben.
In dem Delirium, in dem ich mich gerade befinde, könnte ich auch noch bis zum 4. liegen bleiben.
Ich weiß eh nicht wie das gehen soll, wie soll das Kind da unten rauspassen? Das kann gar nicht gehen, das übersteigt einfach meine Vorstellungskraft. Wieder wünsche ich , dass doch alles nur ein Albtraum ist.

Besonders lustig war das Pipimachen. Da ich nicht mehr aufstehen konnte, haben sie mir die Blase entleert. Da war die PDA toll, da habe ich den Katheder nicht gemerkt. Die arme Hebammenschülerin, die wollte den Urin doch ernsthaft in so einer winzigen Nierenschale auffangen * gröhl * Na ja, und in noch einer.... und dann musste doch die Bettpfanne herhalten. Das versteht jetzt wahrscheinlich kein Mensch, aber das war eine der lustigsten Situationen unter der Geburt (ok, so lustig war es im Allgemeinen ja auch nicht), da ich auch gar nicht weiß, wo die ganze Flüssigkeit herkam. Ich habe mich ja standhaft geweigert an dem Tag etwas zu trinken, Ich wollte schließlich lieber sterben * kicher *

Jetzt kommt der Clou. Der Wehentropf. Irgendwie war mir unter der Geburt gar nicht klar, dass ich den bekomme, wenn ich eine PDA habe. Dabei ist es mir noch mal gesagt worden, aber ich wollte ja nicht hören.
Der Tropf schlägt sofort an! Zack, werden die Wehen schmerzhaft. Ich frag mich ernsthaft, was der #+!§$% soll! Da war es vor der PDA ja besser zu ertragen! Was hab ich mir denn da eingebrockt. Mir ist immer noch schlecht, ich muss kotzen.
Und noch eine Stufe höher! „Nein“ sag ich. Die Hebammenschülerin ist da erbarmungslos. Und noch eine Stufe höher und noch mal. Es ist einfach unglaublich, dass man es augenblicklich merkt, wie die Wehen heftiger werden. Ich habe nur noch gewinselt „bitte nicht!“ Mensch, das ist ja tierisch erniedrigend, fällt mir gerade so auf.
Irgendwo da zwischen drin habe ich mir die PDA aufspritzen lassen. Schmerzen hatte ich ja schließlich. Wenn das Ding schon mal da ist.... Himmel, wie weh tut das denn ohne PDA???

Dann erinnere ich mich, wie ich so auf der Seite lag und die Hebammenschülerin ganz nah zu mir kam und meinte ich soll jetzt schon mal versuchen nach unten zu schieben, wenn ich Druck auf dem Darm verspüren würde. Ähnlich als wenn ich aufs Klo müsse. Ich fragte mich warum? Ich kam mir nicht so vor, als würde ich mich jetzt in der Austreibungsphase befinden. Druck? Hatte ich den? Mit viel Phantasie vielleicht, aber was soll´s, vielleicht bringt´s ja was. Wie ich da jetzt genau drücken sollte wusste ich nicht so genau, ich hab es dann einfach so gemacht, als wärs ein großes Geschäft * hüstel * Die Schülerin erzählt mir immer wieder, wie toll ich das mache. „Ach, das erzählst Du doch jeder“ denk ich. Meines Empfindens nach nahm der Druck auch leicht zu. Aber ich tat mich schwer, die Wehen zu erkennen, eigentlich tat es immer gleich viel weh. Ich leuerte aufs CTG, um mich zu vergewissern, dass eine Wehe anrollte. Getan hat sich nichts. Dachte ich. Ich dachte, ich müsse spüren, wie das Kind sich da unten vorwärtsbewegt – Fehlanzeige. Also war ja klar, dass das Kind da nie im Leben durchpassen würde. Das kann ja auch gar nicht sein, das ist doch ein Märchen, dass man Kinder vaginal entbindet. Da muss doch bestimmt irgendwo der Klapperstorch um die Ecke leuern. Plötzlich verschwand die Hebammenschülerin , ich hörte, wie sie draußen irgendwas rief. Irgendwas mit „Damm und dehnen“ Es klang so, als würde sich mein Damm total gut dehnen, aber das erschien mir unlogisch. Wahrscheinlicher war es doch, dass sie so rausrannte um zu sagen, dass sich nichts dehne. Ich sah die schon mit der Geflügelschere vor meinem geistigen Auge. Spitze!
Fakt ist aber, dass ich dann erst mal wieder auf Eis gelegt wurde.

Wie war das denn * grübel * ? Die Oberärztin tauchte auch und ich verlangte nach einer PDA-Auffrischung. Sie sagte, dass das nicht ginge, das sei zu spät und ich wisse dann nicht mehr, wohin ich pressen solle. „Doch, das weiß ich!“ behauptete ich. Ich wollte Drogen, wenn ich schon einmal mit dem Quatsch angefangen hatte, dann auch bitte richtig. Dann auch bitte schmerzfrei. Sie ließ sich aber natürlich nicht reinreden. Ich fand sie ganz schön grausam.

Eine neue Hebamme kam rein. Diesmal eine junge. Ein glänzendes, pickeliges Gesicht, strähnige Haare und eine total laschen feuchten Händedruck. Boah, hatte ich einen Hals. Ich hätte doch gerne mal eine gehabt, die ich nicht “ih“ gefunden hätte.

Kurz darauf flog die Tür auf und es strömten die Menschenmassen herein. Sagt mein Mann. Ich hab das gar nicht registriert. Es müssen wohl so alle möglichen Ärzte gewesen sein, wohl weil ich eine Risikopatientin war mit meiner Herzgeschichte.
Ich kann mich nur daran erinnern, dass Hebamme und Schülerin mich auf den Rücken „schmissen“, Hebamme rechts Schülerin links aufs Bett gesetzt. Dann musste ich meine Beine anwinkeln und in ihre Seiten abstützen. Ich war völlig überrumpelt! So hatte ich mir das nicht vorgestellt! Es hatte den Anschein, als sei ihr Fließband nun bei mir angekommen. Hm, auf dem Rücken entbinden wollte ich doch eigentlich nicht. Jetzt hatte ich aber keine andere Wahl. In der Situation habe ich es aber nicht verstanden, dass es an der PDA lag.
So, jetzt wurde es ernst! Wenn die Wehe kommt, schieben! Welche Wehe? Ich konnte das CTG nicht mehr sehen, vor allem weil ich ja das Kinn auf die Brust tun sollte. Mensch woher sollte ich denn wissen, wann die Wehe kommt. Das fühlte sich doch immer gleich schlimm an. Na gut, vielleicht wird es jetzt was schlimmer. Ist das denn schon schlimm genug zum Schieben? Ich bin völlig überfordert. Die Hebamme sagte nichts, sie wartete auf mich. Also schieb ich. Ich weiß nicht, wie es geht, also einfach wieder wie Kaka-Machen. Im Gesicht schön entspannen, damit mir nicht die Blutgefäße in den Augen platzen, nur nach unten drücken.
Aber was jetzt? Ich fang an und die Hebamme sagt „schieben, schieben , schieben... – Ausatmen (Hä? Wie jetzt? Hab doch alle Luft schon rausgeschoben!)- Einatmen (Moment nicht so schnell! Ich habe fürchterliche Krämpfe im Bauch, ich kann gar nicht einatmen, ich muss nach Luft ringen) – Schieben, schieben...(Halt, ich komm nicht hinterher, aaaah!)“
Den Sch... in jeder Wehe dreimal. Oh man, das tut ja sooo weh! Ich habe immer wieder gelesen, dass die Presswehen nicht mehr schlimm wären. Da hab ich wohl was falsch verstanden, oder die haben sich falsch ausgedrückt. Das Pressen an sich tat auch nicht weh, klar war anstrengend. Aber die Phase zwischen dem Pressen! Mein Bauch hat derart gekrampft, ich hab versucht in zu entspannen um neu Kraft zu schöpfen , aber das machte alles nur noch schlimmer. Oder besser gesagt, entspannen war einfach nicht. Ich bin ja da etwas genierlich, sonst hätte ich bestimmt geschrieen wie am Spieß. Weh genug tat es! Aber ich hab mich zusammengerissen. Kurz habe ich mal angesetzt , es musste irgendwie raus, aber das hört sich ja ganz peinlich an, deshalb hab ich es wieder erstickt. Also nicht, dass einer denkt, ich hätte nicht großartig getönt, weil es nicht weh tat, sondern weil ich einfach so verklemmt bin. * schäm *

Also erste Wehe, dreimal Pressen. Ich merke gar nichts! Oh nein, ich wusste doch, ich bin die einzige Frau, die drauf reingefallen ist, bei allen anderen kam der Klapperstorch. Ich werde hier sterben, das passt da niemals durch. Vielleicht doch noch ein Kaiserschnitt? Ich merke, wie es höllisch spannt, als würde meine Scheide oben an der Harnröhre auseinander reißen. Ich sage „Das reißt“ „Da ist alles in Ordnung“ Ich muss fühlen um es zu glauben.
Die Hebamme und die Schülerin machen da unten ganz komische Dinge. Einer recht einer links, dehnen sie mit ihren Fingern mit schnellen Hin- und Herbewegungen die Scheide. Ich habe das Gefühl, sie wollen den Kopf aus mir herausschälen.
Dann kann ich mich entsinnen, dass mir erzählt wurde, man sähe schon ganz viel dunkle Haare. Ich sag nur „Oh nein!“ Da guckt die Hebamme wie ein Auto, „Ich hab doch was rothaariges bestellt“ „Na vielleicht sind sie auch dunkelrot“ sagt sie verlegen.
Fragt mich nicht nach der genauen Reihenfolge. Aber ich durfte dann fühlen. Erst war ich etwas skeptisch , ich wollte eigentlich gar nicht groß fühlen, es sollte nur raus, ich wollte keine Zeit mit Betatschen verlieren. Doch dann greif ich zwischen meine Beine und berühr das Köpfen – noch nie habe ich etwas so Weiches gefühlt! Warm, ein wenig glitschig vielleicht, aber nein eigentlich einfach nur weich. Das hat mich sehr erstaunt. Und gerührt. Kurz stieg ein Anflug von Weinen mit einem Wimmern in mir hoch. Das war so unglaublich, ich bekomme beim Schreiben Gänsehaut. Auf einmal war dieses Wesen greifbar! Ich kann das gar nicht in Worten ausdrücken. Von Angst bis Glück war wohl alles dabei.
Das Hinausschieben ist weiterhin total schmerzhaft, bzw. das Luftholen. Ich war schweißgebadet. Doch da spüre ich auf einmal, wie etwas sich da unten seinen Weg bahnt. Vielleicht war die Wirkung der PDA da weg.
Ich merke, wie der Kopf mit einem Flutsch heraustritt.
Nun könnte man meinen, ich sei froh gewesen. Aber nein. Ich hatte doch gehört, dass die Schultern noch mal richtig schwierig sein. „Das schaffst Du nicht, der Kopf war schon so schwer, das schaffst Du nicht, das Kind bleibt da drin stecken und wird sterben! “
Doch noch während ich das denke, muss ich wieder schieben und das Kind ist draußen (20:27 h) *staun*
So einfach ist das also? *lach * (Drei Wehen)

Von einer Sekunde auf die andere ist aller Schmerz weg. Ich fühle mich total entspannt und relaxt. Und auch ganz trocken also gar nicht mehr nassgeschwitzt. Und mir ist wohlig zumute.

Natürlich muss ich direkt schauen, einfach um das gerade geschehene zu verstehen, wie sie aus mir rauskommt.
Ich bin erschrocken, ihre Haut ist dunkelgrau. Mein Mann sagte auch, im ersten Moment dachte er, es sei ein Negerbaby. So hatten wir uns beide das nicht vorgestellt.
Mir fällt auf, dass ich noch nie ein Baby gesehen habe. Klar, irgendwo angezogen im Kinderwagen, aber so nackt? Sie ist irgendwie lang und schlank, ich finde die Proportionen seltsam, wie die Beine da so an der Hüfte sitzen –naja....sehen die immer so aus???
Sie wird in ein Handtuch gepackt, irgendwer reiß mir das schicke Flügelhemd hoch und schon liegt sie auf mir. Einmal quer über der Brust, aber irgendwie ist sie zu lang, die Beine hängen runter.
Nun hat sie eine schöne rote Hautfarbe.
Ich sehe sie mir an, schaue ihr ins Gesicht. Ich war ja eigentlich ein Babyhasser, aber dieses hier ist unglaublich perfekt. Schön! Das sag ich jetzt nicht als verblendete Mutti, die mütterlichen Gefühle waren da noch nicht durchgebrochen, das sag ich ganz neutral, das schönste Baby der Welt. Trotzdem kann ich damit nicht soviel anfangen. Ich bemühe mich aber. Kurz vor der Geburt habe ich einen Bericht gesehen, der sagt, der erste Blick, den Mutter und Kind miteinander haben, verbindet die beiden fürs Leben. Also hab ich sie fleißig angestarrt, dass sie ja nicht wen anders zuerst ansieht. Und dann kam dieser Blick, da war es ja schon fast um mich geschehen. So schöne Augen hatte ich ja noch nie gesehen, ganz dunkelblau! Sie schloss die Augen bald wieder und ich inspizierte den Rest. Ich musste doch die Sache mit den Beinen mal untersuchen. Und von wem sie die Füße hatte. Ich leuerte also unter das Handtuch und musste erst mal feststellen, dass meine Tochter bereits ihr Menkonium losgeworden war. Aber das machte mir nichts aus.
Geschrieen hat sie nicht, nur einen wunderschönen Laut hat sie von sich gegeben. Lange konnte ich mich genau an diesen wundervollen Ton erinnern. Leider ist dem nicht mehr so. Das macht mich sehr traurig.

Der Papa durfte die Nabelschnur durchtrennen. Offensichtlich hatte diese noch nicht auspulsiert, denn es Spritze durch den halben Kreissaal. Es waren wirklich Blutflecken an der Wand.

Über das Entfernen der Nachgeburt war ich schockiert. Mann und Kind waren Messen, Wiegen etc . und im Kreisssaal packt die Hebamme die Nabelschnur und drückt mit den Worten „jetzt wird es noch mal unangenehm“ auf meinen Bauch und zieht. Anschließend beäugelte sie die Nachgeburt entweder mit der Oberärztin oder der Schülerin und sagt „Ist denn da jetzt auch alles dran?“ * Augenverdreh *
ich durfte die Plazenta auch bewundern. Anschließend wurde sie ans Fußende des Kreissbettes gelegt. Ich war so happy, dass ich mich seit langem mal wieder langgestreckt auf den Rücken legen konnte, dass ich die Chance auch gleich genutzt habe – und mich mit den Füßen in die Plazenta gelegt habe.
Das Blut ist aus den Socken übrigens wieder rausgegangen.

Das Nähen des Scheidenrisses war nicht so witzig. Eine Assistenzärztin kam zum Nähen des kleinen Risses. Ich fragte wie viele Stiche sie benötige und die sagte , das wisse sie nicht, da müsse sie erst mal sortieren. *hilfe* Im Endeffekt hat sie die Oberärztin zum Nähen geholt. Das hat ganz schön gepiekt und ließ mich kurzfristig die Entspannung nach der Geburt wieder vergessen.
Mein Mann und mein Kind saßen nun auf dem Sessel in der Ecke.
Ich war froh, dass mein Mann das Kind hatte, so musste ich mich nicht drum kümmern.
Erwähnen muss ich noch, dass ich mit einem der Ärzte ins Gespräch kam. Da ich sagte, ich sei schon bei vielen Fohlengeburten dabei gewesen, löcherte er ich mit den absurdesten Fragen, z.B. ob Stuten während der Wehen Wiehern. Das war eine total absurde Situation.

Als die Hebammenschülerin fragte, wie Das Baby denn hieße, sagte mein Mann ganz selbstverständlich „Elise“. Ich sagte „Hm, ja, jo, hm, wahrscheinlich...“
Ich hätte nämlich gerne was anderes gehabt und Elise war nur die bestmögliche Alternative. Bis zuletzt dachte ich, uns fiele noch was anderes ein.
Ich habe auch heute noch manchmal Zweifel an dem Namen, der allerdings sehr gewissenhaft ausgewählt wurde. Aber ich zweifle immer weniger ;-)

Es kam aber noch der Moment des ersten Anlegens. Ich hielt die kleinere meiner Brüste hin, damit sie die vielleicht besser packen könne. Das ging auch gut. Erstaunlich fand ich, dass das Saugen gar nicht weh tat. Das hatte ich mir irgendwie so vorgestellt. Eigentlich fühlte es sich nach gar nichts an. Ich habe es kaum bemerkt.

Auf dem Weg zur Dusche war mir kreislaufmäßig ziemlich komisch. Unter der Dusch selber ging es, nur Gehen war nicht so toll.
Anschließend waren wir noch in einem anderen Kreisssaal. Ich lag da mit dem Kind, welches in Decken gewickelt war, im Arm und versuchte so zu tun, als sei ich glücklich. Aber ich war überfordert. Ich wünschte mein Mann würde mir das Kind wieder abnehmen. Er machte Photos von uns. Ich habe versucht, das Kind liebevoll lächelnd anzusehen. Es gelang mir nur mäßig. Wenn man die Photos sieht, gelang es mir sogar gar nicht.

Ich durfte etwas Essen.

Danach ging es auf Station, mein Mann ging nach Hause.
Man nahm mir mein Kind weg, was mich wunderte. Ich hatte das von dem Krankenhaus anders gehört, aber anscheinend war es doch üblich. Heute ärgere ich mich, dass man mir das Kind weggenommen hat, aber es lag daran, dass ich ja gejammert habe, ich drohe umzukippen. Mir war es egal ich wollte endlich schlafen. Aber ich war zu aufgeputscht. Irgendwann kam die Schwester und sagte „Ich glaub hier verlangt jemand nach ihnen“ „Oh Gott, was wenn Du Dein Kind jetzt nicht erkennst?“ Aber ich hab es erkannt. Die Schwester sagte auch „Das ist doch mit den roten Haaren nicht zu verwechseln „ :-)
Von da an waren wir immer zusammen.
Auch wenn ich die Schwester erst bat, mein Baby nach dem Stillen ins Babybett zu legen, damit ich vielleicht doch mal schlafen könne. Aber ich war sooo wach und als die Kleine dann laut gab, habe ich schnell gemerkt, dass sie bei mir ruhig ist. Also schlief sie in meinem Bett.

Und das tut sie heute noch.
Sie liegt nebenan in meinem Bett und ich tippe hier.
Es ist nun 05:29 Uhr am Donnerstag, den 03. Mai 2007.
Ich habe es wahrhaftig geschafft, endlich den Geburtsbericht, wenn auch lückenhaft, zu ihrem Geburtstag fertig zu bekommen.
Ich hoffe, ich bin an Elises ersten Geburtstag nicht allzu müde, denn ich habe die ganze Nacht an dem Bericht gesessen .
Aber das ist meine Tochter mir wert.

Kommentare

  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    *schnief* wunderschön :razz:
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    woooooow was für ein bericht......

    alles gute für euch...
  • JullaJulla

    5,464

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, liebe Elise und liebe Nuka! :razz:
  • neeleneele

    150

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Wunderschön.....
    Ich hatte Tränen in den Augen beim lesen.
    Herzlichen Gückwunsch zum Geburtstag, kleine Elise.
    :fantasy05:
    LG
    Angelika
  • Tanja0906Tanja0906

    2,444

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    ach nuka, vielen dank für diesen wundervollen bericht...

    ich hab gelacht und geweint und mir lief die gänsehaut rauf und runter

    Alles Liebe zum Geburtstag kleine Maus!

    :knutsch01:
  • NaseweisNaseweis

    5,435

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    WOW das ist ein wahnsinns toller Geburtsbericht!

    ach übrigens, meine Tochter Mara habe ich auch im St.Antonius KH zur Welt gebracht....mit der hebamme hatte ich auch keine gute erfahrung ;) Zum Glück ist aber die Schülerin da gewesen....
  • KatieKatie

    3,507

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ich sitze auch hier und mir laufen die Tränen runter... Ein wunderschöner Geburtsbericht!

    Herzlichen Glückwunsch zu deinem 1. Geburtstag, liebe Elise :knutsch01: Ein toller Name!
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    selten so gelacht, sehr sehr schoen geschrieben...

    nun darf ich meinen topf schrubben, habe beim lesen das nudelwasser vergessen LOL....
  • AphroditeAphrodite

    315

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Herzlichen Glückwunsch,

    wunderschöne Reise, die du da beschrieben hast, ... spannend, lustig, dramatisch!

    Eine schöne Weiterreise, Euch beiden!
  • FriggFrigg

    16

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Hallo... Erst einmal alles Liebe nachträglich zum 1. Geburtstag Deiner Tochter. Meine Tochter ist am 1. Mai 06 geboren und als ich grad Dein Erlebnis gelesen habe, kamen mir alle Erinnerungen hoch und vieles kommt mir so bekannt vor. Ich glaub wenn ich meine Erinnerungen aufschreiben würde, könnte ich Deinen Bericht nehmen mit klar ein paar Veränderungen. Ich bin jetzt in der 9. SSW und ich hoffe das die zweite Geburt schneller geht.

    Liebe Grüße
  • Iris3105Iris3105

    2,619

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Hallo Nuka,

    das habe ich doch glatt überlesen, drum komme ich heute für einen verspäteten Geburtstagsgruß für Elise vorbei.
    Ein Wahnsinnsbericht, aber schön.

    Wir hatten ja heute unseren großen Tag und auch noch gaaaaanz große Augen, weil jeder der kam ein Päckchen für Svenja dabei hatte, das sie höchstpersönlich auspacken durfte. Die war aber abends jetzt so fertig, daß unterm Brei-Essen fast eingeschlafen wäre.
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Echt ein toller Bericht! Wahnsinn, dass Du Dich noch so detailliert an alles erinnern kannst. Und die Idee, den Bericht als Geburtstagsgeschenk für Deine Tochter zu verfassen, finde ich wirklich sehr schön.

    LG
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