Ach, eigentlich hatte ich meinen Stillbericht für die Semesterferien angekündigt, müsste eigentlich ein Referat vorbereiten, nun habe ich aber Lust bekommen, endlich meinen Stillbericht zu schreiben.
Eigentlich könnte ich hier einfach meinen Geburtsbericht hineinkopieren und einen Schwangerschaftsbericht hinzufügen, denn damit hat alles angefangen, denke ich. Wären in der Schwangerschaft und bei der Geburt nicht alle meine Wünsche und Hoffnungen zerschlagen worden, wäre ich nicht immer von so vielen Ärzten verunsichert worden, dass es mir und meinem Kind gut geht, hätte ich nicht immer Angst gehabt, falsch zu handeln und mein Kind zu gefährden - vielleicht wäre das Gefühl nach der Geburt ganz anders gewesen und hätte das Stillen viel schwieriger gemacht.
Mein Gefühl nach der Geburt war aber: Nun ist er draußen! Jetzt kann ich selbst sehen, dass es ihm gut geht, jetzt kann mir niemand mehr reinreden, jetzt verlasse ich mich auf mein Gefühl und keiner weiß so gut wie ich, was mein Kind braucht, um glücklich und gesund zu sein.
Und das ist im Grunde schon unsere Stillzeit, denn diese Überzeugung hat mich viele Probleme gar nicht als Probleme wahrnehmen lassen bzw. hat mich nie auf die Idee kommen lassen, dass ein Problem ein Grund fürs Abstillen sein könnte.
Unsere Stillzeit verlief völlig unkompliziert. Als ich den Geburtsbericht gelesen hab, fand ich es etwas unheimlich, dass ich Johan erst so "spät" nach der Geburt angelegt habe. Nach der Geburt musste Johan ziemlich schnell untersucht werden (er war eine Saugglockengeburt und das Fruchtwasser war grün gewesen). Im Grunde war mir auch alles egal und ich hab gar nicht daran gedacht, ihn so schnell wie möglich anzulegen. Nach über einer Stunde fragte meine Hebamme dann, ob wir ihn nicht mal anlegen wollten. Sie half mir dabei und sagte zu Johan "Oh, wo hast Du das denn geübt?" ;-) Es lief völlig problemlos. Er öffnete einfach sein Schnäbelchen und dockte an. Ich selbst war völlig fasziniert von diesem Gefühl, es kribbelte so und ich hatte nicht erwartet, dass es so ein starkes Ziehen sein würde. Nach dem Stillen kamen wir alle drei ins Familienzimmer. Johan wurde in ein kleines Babybettchen gelegt. Wenn mich vorher jemand gefragt hätte, ob ich mir das vorstellen könnte, wäre ich entsetzt gewesen, aber in der Nacht hab ich über so etwas gar nicht mehr nachgedacht. Umso glücklicher bin ich im Nachhinein, dass Johan noch anfing zu quäken, bevor wir überhaupt geschlafen haben. Mein Mann nahm ihn kurzerhand aus dem Bettchen und legte ihn zwischen uns in seinen Arm. Er schlief sofort ein, wir himmelten ihn noch eine Weile an und schliefen dann auch ein.
3 Stunden später quäkte es leise neben mir. Michael war so müde, dass er gar nicht davon aufwachte. Aber ich war sofort hellwach. Ich konnte mich nicht gut bewegen, es gelang mir aber, mich soweit aufzurichten, dass ich ihn auf meine Seite holen und ihn anlegen konnte. Etwas unbequem war das alles, aber er dockte an und nuckelte. Ein schönes Gefühl. Ein paar Stunden später, es war mittlerweile hell, wiederholten wir das. Michael schlief immer noch wie ein Stein.
Eine Stunde später kam eine Hebamme mit einer Praktikantin, bewunderte Johan gebührend und sagte: "So, sollen wir ihn jetzt mal anlegen?"
Da musste ich lachen. Damals fragte ich mich, was sie wohl glaubte, wie wir die Nacht umbekommen haben. Wahrscheinlich dachte sie aber, dass Johan einfach durchgeschlafen hatte.
Man versuchte noch uns zum Bleiben zu überreden, aber ich wollte so schnell wie möglich nach Hause und weg von diesem Ort der Verunsicherung. Ich hatte das Gefühl, dass zu Hause einfach alles heile Welt sein würde und so war es dann auch.
Im Grunde lief alles so unkompliziert weiter. Am Anfang hatte ich ziemlich wunde Brustwarzen, die auch geblutet haben. Johan wollte quasi ständig Nuckeln und in den ersten Tagen war ich manchmal mit den Nerven am Ende. Das ging aber schnell vorbei. Die Nächte waren von Anfang an total unkompliziert. Johan schlief entweder in seinem Beistellbettchen oder zwischen uns. Wenn er nachts wach wurde, drehte ich mich schnell zu ihm und stillte ihn. Das ging von Anfang an im Dunkeln und im Halbschlaf. Am Mittwoch wurde Johan geboren, am Dienstag hab ich mich zum ersten Mal mit den anderen Mädels aus meinem GVK zum Frühstücken im Café getroffen. Sie waren meine Leidensgenossen in den letzten Tagen der Schwangerschaft gewesen und nach und nach waren immer mehr von uns statt mit Bauch mit Baby gekommen. Wir führten die Wartezeit der Schwangerschaft fort und trafen uns nun zum Austausch. Wir waren meistens ca. 6 Frauen und manchmal saßen wir wirklich alle stillend dort, das war toll. Blöde Kommentare gab es dort nie.
Nach dem Mutterschutz ging ich wieder einen Tag die Woche arbeiten. Mein Mann hatte an diesem Tag frei und konnte sich um Johan kümmern. Für diesen Tag habe ich dann abgepumpt. Zum Glück nahm Johan die Flasche völlig problemlos - bis heute ist es ihm fast egal, was man ihm gibt, hauptsache es macht satt ;-) Das Abpumpen lief erst sehr gut, später wurde es oft stressig und ich musste mir hier Tipps im Forum holen. Besonders nach 5 Monaten, als Johan 20 Stunden die Woche zur Tagesmutter kam und ich noch mehr abpumpen musste, wurde es stressig. Manchmal bekam ich einfach nicht genug Milch zusammen. Mit der Zeit wurde ich da aber auch lockerer und konnte akzeptieren, dass er dann ab und zu einfach ein Fläschchen Pre bekommt. Auch das war Johan egal, ich war fast empört ;-)
Die typischen Probleme hatten wir natürlich auch: durchgenuckelte Nächte oder solche, in denen Johan alle 1-2 Stunden wach wurde. Aber das ging meistens schnell vorbei. Schwierig wurde es, als meine Symphysenschmerzen von dem Dauergenuckel auf der Seite liegend immer schlimmer wurden. Untersuchungen ergaben, dass die Knochen an der Stelle wirklich ausgefranst und entzündet waren. Weil die Schmerzen immer schlimmer wurden, beschloss ich, das Stillen nachts einzuschränken. Seitdem bekommt er nachts ein Fläschchen, wenn er zu lange nuckelt. Dann schläft er meist schnell wieder ein.
Meinen ersten Milchstau hatte ich, als Johan schon 10 Monate alt war. Aber mit Retterspitzwickeln und viel Ruhe ging er schnell vorbei. Das Stillen ist bei uns einfach sehr unregelmäßig geworden und dadurch wird es manchmal schwierig mit der Milchregulierung. Aber inzwischen hat auch das sich gut eingependelt, glaube ich. Insgesamt habe ich nur noch recht wenig Milch - vermutlich durch die nächtlichen Fläschchen und die Zeiten, in der ich in der Uni bin. Natürlich könnte ich die Milchmenge wieder steigern, aber Johan scheint es nicht zu stören, dass da nicht viel kommt. Er will vor allem Nuckeln und wenn er Durst hat, holt er sich seine Trinkflasche dazu ;-)
Ja, und nun ist Johan 14 Monate als und es ist noch kein Ende in Sicht. Im Moment hat er sogar eine ziemlich anhängliche Phase und will ständig gestillt werden. Manchmal nervt das, aber meistens ist es in Ordnung. Nur manchmal frage ich mich, ob ich wirklich warten will, bis er sich selbst abstillt, oder ob wir jetzt irgendwie den Dreh kriegen sollten. Aber letztendlich wird es wahrscheinlich so sein, dass die Dinge ihren Weg gehen...
Ich hab am Anfang geschrieben, dass meine Schwangerschaft und die Geburt einen großen Anteil an unserer Stillgeschichte hatten. Wäre die Schwangerschaft und die Geburt anders verlaufen, hätte ich mir beim Stillen wahrscheinlich viel mehr Gedanken gemacht, hätte vielleicht auch manchmal Sorge gehabt, dass er nicht satt wird o.Ä. So hatte ich das Gefühl, dass Johan nun endlich mein Kind ist und mir niemand reinreden kann. Das Stillen war endlich ein Bereich, in dem wir wirklich vereint sind und uns niemand trennen kann. Und so habe ich das Stillen auch immer als völlig selbstverständlich angesehen und mich da nicht beirren lassen (z.B. als mir mein Hausarzt erklärt hat, dass er mich ohne Antibiotikum nicht aus der Praxis gehen lässt und es keines gäbe, das sich mit dem Stillen verträgt). Trotzdem ist das natürlich nicht die Erklärung für alles, wir hatten auch einfach eine gehörige Portion Glück, dass alles so unkompliziert gelaufen ist, das will ich nicht abstreiten. Insgesamt hat mir das Stillen ganz viel Ausgleich verschafft und ganz viele Enttäuschungen einfach wettgemacht. Vielleicht kann ich das Ende dieser Geschichte irgendwann nachtragen - bisher ist aber kein Ende in Sicht.
Kommentare
27,156