Das Baby in Iserlohn

bearbeitet 21. 07. 2007, 08:57 in Plauderecke
Drei Monate altes Kind starb an Unterernährung
Ließen Eltern ihr Baby verhungern?
Im sauerländischen Iserlohn ist ein drei Monate alter Junge an den Folgen von Unterernährung gestorben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht nur gegen die Eltern des Säuglings, sondern auch gegen das Jugendamt der Stadt.

Nachbarn
Nachbarn und Passanten in der Iserlohner Innenstadt reagierten geschockt auf die Nachricht, dass der kleine André verhungert und verdurstet sein soll. Bereits am 22. Juni war das Kind gestorben. Der Lebensgefährte der Mutter hatte zuvor den Notarzt gerufen. Wie der Hagener Oberstaatsanwalt Wolfgang Rahmer am Freitag (13.07.07) berichtete, kam die Hilfe zu spät. Der Säugling sei noch in der Wohnung gestorben, völlig ausgetrocknet und mit einem "greisenhaften Gesichtsausdruck", so Rahmer im WDR-Fernsehen. Gegen die 26 Jahre alte Mutter und deren 25-jährigen Partner wird jetzt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt. Der Junge sei offenbar hochgradig vernachlässigt worden, sagte der Oberstaatsanwalt. Es werde geprüft, ob dessen Tod vorsätzlich herbeigeführt oder billigend in Kauf genommen wurde.


Sozialarbeiterin unter Druck
Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung laufen den Angaben zufolge auch gegen Mitarbeiter des Jugendamtes Iserlohn. Die Familie, zu der noch ein 16 Monate alter Junge und ein elfjähriges Mädchen gehörten, stehe seit langem unter der Aufsicht der Behörde. Noch drei Tage vor dem Tod des Säuglings hatte eine Sozialarbeiterin im Auftrag der Behörde die Wohnung besucht, bestätigte ein Sprecher des Iserlohner Bürgermeisters. Der Oberstaatsanwalt äußerte Unverständnis darüber, dass sie den Zustand des Kindes offensichtlich nicht erkannt hatte. Die Austrocknung hätte man dem Jungen sicherlich ansehen können. Das Jugendamt hätte laut Rahmer auch auf die hygienischen Zustände bei der Familie reagieren müssen. Die Wohnung sei mehr eine Häufung von Sperrmüll und ungewaschener Wäsche gewesen als eine Wohnung, in der man leben könne, sagte Rahmer.


Stadt reagiert bestürzt

Tod trotz Jugendamt [WDR2]
Säugling verdurstet
[WDR5] Säugling in Iserlohn verhungert
[WDR aktuell] Die Stadt Iserlohn reagierte in einer Pressemitteilung mit "großer Bestürzung und Trauer" auf den Tod. Die Familienhelferin habe die Familie seit März 2007 mit sechs bis acht Stunden wöchentlich besucht, hieß es. Hier sei auch auf die Versorgung des Jüngsten geachtet worden. Eine ärztliche Vorsorgeuntersuchung im Mai 2007 sei erfolgt und ohne Befund gewesen. Bei dem letzten Besuch der Familienhelferin sei wegen einer Erkältung ein weiterer Arzttermin vereinbart worden. Er sollte am 22. Juni sein, am Todestag Andrés.


"Unhaltbare hygienische Zustände"

Pressekonferenz in Iserlohn
Die Polizei hatte bereits Anfang Juni das Jugendamt alarmiert, weil ein Beamter bei einem Hausbesuch des arbeitslosen Pärchens auf "völlig unhaltbare hygienische Zustände" traf. Der Polizist war den Angaben zufolge bei der Mutter, weil er deren per Haftbefehl gesuchten Bruder dort vermutete. Schließlich reagierte das Jugendamt offenbar auch nicht auf den unnatürlichen Tod des am 3. Juli beerdigten André: Die Staatsanwaltschaft hatte das Amt am 27. Juni über das Obduktionsergebnis und die Todesursache "Mangelernährung und fehlende Flüssigkeitszufuhr" informiert. Doch erst am 13. Juli wurden die beiden anderen Kinder der Frau vom Jugendamt im benachbarten Hemer in Obhut genommen, wohin die Mutter nach dem Tod ihres Säuglings gezogen war. Sie wurde am Donnerstag (12.07.07) vom Amtsgericht Iserlohn wegen mehrere Einkäufe mit einer nicht gedeckten EC-Karte zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Es hieß, gegenüber der Polizei habe das Pärchen keine Einsicht gezeigt und erklärt, in der Erziehung alles richtig gemacht zu haben.


Fall wurde unter der Decke gehalten
Öffentlich bekannt geworden war der Fall erst am Freitag, nachdem der Iserlohner Kreisanzeiger darüber berichtet hatte. Der Richter hatte einen Tag zuvor in dem Betrugsverfahren die Ermittlungen zum Tod des Säuglings der Frau erwähnt. Wie die Zeitung am Freitag in ihrer Online-Ausgabe berichtete, ist nun vor Ort ein Streit über die Informationspolitik der Stadtverwaltung entbrannt. Oberstaatsanwalt Rahmer soll die späte Bekanntmachung des Kindstodes damit erklärt haben, dass zuerst die Beerdigung und das Betrugsverfahren abgewartet werden sollten.


Presskonfernz von gestern


Antworten aus dem Iserlohner Rathaus



Mit einer ausführlichen Aufstellung aller Einsätze und Kontakte des Jugendsamtes zur Mutter des drei Monaten alten Säuglings Andre´, der im Juni in einer Wohnung an der Iserlohner Sofienstraße an einer Mangelversorgung mit nahrung und Flüssigkeit gestorben war, trat gestern die Iserlohner Rathausspitze um den 1. Beigeordneten Dr Ahrens und den Ressortleiter Friedhelm Kowalski an die Öffentlichkeit. Kowaslki machte deutlich, dass in dem vorliegenden Fall nachweislich mit einem Höchstmaß an Begleitung und Hilfestellung gearbeitet worden sei. Ob der schlechte Zustand des Kindes bereits drei Tage vorher erkennbar gewesen sei, müsse die Staatsanwaltschaft klären.

Ist das wirklich eine Antwort??

Kommentare

  • snoopalsnoopal

    676

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ohje, der arme Kleine! Ich stelle mir das Leiden so schrecklich vor.... :shock:
    Unfassbar! :groggy:
  • SiLvASiLvA

    605

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    ich habs im fernsehen verfolgt und ich muss knallhart sagen, egal wie sie sich rausreden, das jugendamt trägt mitschuld daran. wie kann ich bitte drei tage vorher da sein und nicht sehen, das da was nicht in ordnung ist. das muss einem kind doch anzusehen sein, ob es kurz vorm verdursten und verhungern steht. genauso was die hygienischen verhältnisse angeht.
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ich hatte gestern gehört, dass eine freiberufliche Familienpflegerin eingesetzt war....und mir kam der ketzerische Gedanke, vielleicht war sie ja gar nicht da...und hat nur abgerechnet.
  • Caro2310Caro2310

    20,547

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ein entsetzlicher Gedanke, Marlies :shock: Aber es wäre eine Erklärung. Denn ich glaube auch nicht, das man drei Tage vorher nichts gemerkt hätte. Ich verstehe es einfach nicht :sad:
  • KäferleKäferle

    961

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Wenn ich mir überlege, was ein hungriger Säugling für einen Krach schlagen kann und wie furchtbar sich so ein Weinen aus Hunger anhört, dann läuft es mir eiskalt den Rücken runter, wenn ich auch nur ansatzweise dran denke, das der arme Kerl verhungert und verdurstet ist. Was müssen das für herz- und gefühllose Monster sein, die sich da Eltern schimpfen?!?! :flaming01:
    Ich bin einfach nur traurig, dass diese arme kleine Seele so hat leiden müssen und wütend, dass sowas immer wieder vorkommt. Was müssen das für Menschen sein, die soetwas zulassen können?!? Dann sollen sie den Zwerg doch anonym irgendwo abgeben oder dem Jugendamt sagen, dass sie überfordert sind. Dann hat der Zwerg wenigstens eine Chance und darf leben!
    Entsetzlich... :sad:
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Also ich weiß wie solche Kinder aussehen, und kann mir nicht vorstellen, dass man so etwas nicht sieht. Zudem ist ja die Wohnung auffällig gewesen, und die anderen Kinder ebenfalls.
    Schreien ist eine andere Sache. Die Babys sind irgendwann so schwach, dass man sie kaum noch hört..... :sad:
    @Käferle: Da fehlt die Einsicht. Sie haben nichts falsch gemacht sagt die Mutter angeblich.
    Zudem waren vom Jugenamt massenhaft Besuche in der Akte verzeichnet.
  • HjördisHjördis

    2,857

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Wenige Tage vorher war wohl noch die Polizei da... Warum haben die aufs Jugendamt gewartet und das nicht gleich mitgenommen?

    Man kann mal wieder vielen Leuten einen Vorwurf machen, aber das Baby ist tot und ich möchte hoffen, dass er nicht allzu lang leiden musste :sad:
  • KäferleKäferle

    961

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    @Käferle: Da fehlt die Einsicht. Sie haben nichts falsch gemacht sagt die Mutter angeblich.

    Ja, und genau das versteh ich einfach nicht! Ich weiß, das sich das alles psychologisch etc. erklären und begründen lässt, aber ich versteh es einfach nicht!! Ich würde lieber selber verhungern, als mein Kind verhungern zu lassen! Und sojemand sagt, er/sie hätte nichts falsch gemacht... Da geht mir die Hutschnur hoch! Sorry, da fehlt mir einfach jedes Verständnis für.

    Meine Oma musste im Krieg mit ihren kleinen Kindern aus Schlesien flüchten und wenn sie sowas hört/liest dann fängt sie immer das Weinen an und ist ganz fertig, weil sie sagt, sie kriegt die Bilder einfach nicht aus dem Kopf, von den kleinen Säuglingen, die auf ihrem Treck verhungert sind, weil die Mütter vor Hunger und Erschöpfung keine Milch mehr hatten. Und das ganz viele Frauen sich dann nach dem Tod des Kindes einfach aufgegeben haben und starben, weil sie den Tod des Kindes nicht verpackt haben. Und das waren Situationen, da konnte niemand was tun! Aber diese Eltern hätten was tun können und haben nicht und das versteh ich einfach nicht, egal, mit was man mir das erklären möchte.
  • NaseweisNaseweis

    5,435

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Das ist so schrecklich! Der Freund meiner Freundin hat mir davon erzählt, dass dort ein Baby verhungert sein...die wohnen beide in Iserlohn. Ich weiss da nicht was ich dazu sagen soll!!! Da kommen mir echt die Tränen...und da schiebe ich wirkliche eine unbeschreibliche Wut.
  • BabydreamBabydream

    140

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ich mag mir so etwas nicht mal bildlich vorstellen,da wird mir ganz anderst, ich versteh auch nicht wieso solche Eltern,die sowieso schon das Jugendamt auf der Pelle haben überhaupt ihre Kinder bei solche ekligen Umständen überhaupt behalten dürfen. Und warum müssen solche Eltern nicht genauso leiden wie die Kinder...das sollte einfach so sein,damit sie wissen was sie dem Kleinen überhaupt angetan haben. Einfach entsätzlich,aber irgendwie schreckt sowas keine Mutter/Eltern ab,die so drauf sind,wenn ich an die Sachen mit Baby augesetzt,auf Klo ertränkt usw.denke..irgendwas muß man doch dagegen endlich mal tun, wenn man es nicht verhindern kann,dann wenigstens danach und die Eltern genauso quälen. Und ich heule mir schon die Augen aus ,wenn ich sehe wie mein Kleiner im Krankenhaus weint wegen irgendeiner Untersuchung die er nicht mag.
  • NaseweisNaseweis

    5,435

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ja Babydream so geht es mir auch....
    Aber meist heisst es dann psychisch krank usw und das Urteil fällt einfach nicht so hart aus (meiner Meinung nach). Ich bin ein Mensch wo immer versucht eine andere Seite zu verstehen, aber da sind meine Grenzen dann erreicht und ich habe null verständnis!
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