Vitamine, nicht ganz neu

bearbeitet 20. 11. 2007, 10:52 in Plauderecke
Ende Februar hat eine internationale Studie einer Arbeitsgruppe aus Dänemark gezeigt, dass die Antioxidantien Betakarotin, Vitamin A und E in Form von Zusatzpräparaten nicht nur keinen gesundheitlichen Nutzen haben, sondern sogar das Leben verkürzen können. Viele Laien und ein paar industrienahe Forscher waren erstaunt und wollten das nicht glauben.

Wissen konnten sie es längst. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt seit Jahren Höchstgrenzen für Vitamine an. Die Verbraucherzentrale Bayern warnte 2004: "Zu viele Vitamine schaden der Gesundheit." Damals hatten schon mehrere Studien gezeigt, dass besonders die Vitamine A, E, C und Betakarotin in Form von Nahrungsergänzungsmitteln unterschiedliche Nebenwirkungen auslösen und der Gesundheit schaden können.

Ärzten ist zwar seit Jahrzehnten bekannt, dass beispielsweise eine Überdosis Vitamin C zu Nierensteinen führen kann, zu viel Vitamin A Gelbsucht auslöst und ein Übermaß an Vitamin E die Blutgerinnungszeit verlängert. Doch der Markt ist lukrativ und die Angst der Deutschen anscheinend unermesslich, unter chronischem Vitaminmangel zu leiden.

Zwischen 20 und 30 Prozent der Erwachsenen in Deutschland nehmen gelegentlich oder regelmäßig Vitaminpräparate. Diese Millionen Menschen glauben fest daran, dass die Mittel eine positive Wirkung entfalten, ähnlich wie Medikamente. Doch der Umgang mit den Ergänzungspräparaten ist viel lockerer.

Trotz der vollmundigen Herstellerangaben müssen frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel weder zugelassen, noch registriert werden, wie es für Arzneien üblich ist. Wirksamkeit und Unbedenklichkeit müssen ebensowenig nachgewiesen werden wie Risiken und Nebenwirkungen. Nicht mal die genaue Dosierung muss angegeben werden.

Vitamine schützen nur Form eines gewachsenen Nahrungsmittels

Befürworter von Vitaminzusätzen erwecken den Eindruck, dass moderne Lebensmittel an Nährstoffen verarmt seien und die Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen durch die Ernährung nicht mehr gewährleistet sei.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung stellt dazu fest: "Wissenschaftlich fundierte Untersuchungen liegen diesen Aussagen nicht zugrunde." Die Ernährungsexperten der DGE haben den Mineral- und Vitamingehalt verschiedener pflanzlicher und tierischer Lebensmittel über die vergangenen 50 Jahre untersucht und kaum Schwankungen feststellen können.

In Laborstudien und Experimenten werden gelegentlich positive Wirkungen der Vitamine im Reagenzglas, auf Zellkulturen oder im Tierversuch beobachtet. Diese Ergebnisse lassen sich jedoch nicht ungeprüft auf den Menschen übertragen. Die unkritische Gleichsetzung von Laboruntersuchungen und Studien an Menschen hat schon oft enttäuschende Ergebnisse geliefert. In methodisch guten Untersuchungen an der Durchschnittsbevölkerung wurden bisher keine positiven Wirkungen der Zusatzpräparate festgestellt.

Auch wenn der Vitaminbedarf bei schweren auszehrenden Leiden erhöht sein kann, wirkten Vitaminzusätze weder vorbeugend gegen Krebs, noch gegen Herzerkrankungen oder die Makuladegeneration im Alter, eine Augenerkrankung. In diesen Studien zeigte sich im Gegenteil bereits schon die Tendenz, dass Vitaminzusätze schaden können.

Dass die in Obst, Gemüse, Getreide und anderen Lebensmitteln enthaltenen Vitamine gesund sind, ist unbestritten. Die einzelnen Komponenten in Pulver- oder Tablettenform sind es aber offenbar nicht, egal ob sie als Mono- oder Multivitaminpräparat eingenommen werden.

Vitamine schützen wohl nur dann, wenn sie in Form eines gewachsenen Nahrungsmittels aufgenommen werden. Entweder ist nur in diesem Fall die mengenmäßige Zusammensetzung optimal oder es gibt andere, noch nicht identifizierte Nahrungsbestandteile, die zur Schutzfunktion beitragen. Für eine Ernährung mit Obst und Gemüse ist eine Sprudeltablette jedenfalls kein Ersatz.

Quelle: SZ
Anmerkung:
Einige der explosivsten Studie in Sachen synthetisch gegen natürlich hat die Universität Upsala in den Neunzigern verfasst. Dabei kam heraus, dass man die über 40fache Menge an synthetischem Vitamin C zu sich nehmen muss, um nur einen ähnlichen Effekt zu erzielen wie mit dem natürlichen Vitamin C! Konkret auf den Alltag gerechnet: Die WHO empfiehlt 100mg Vitamin C pro Tag. Wenn man sich dies über synthetische Vitamin C-Produkte zuführen will, dann sind wir bei sage und schreibe über 4000mg, resp. 4 Gramm!!!

Kommentare

  • BibileinBibilein

    4,312

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    schön, das hab ich gleich an alle Zusatzvitaminjunkies geschickt, die ich kenne!!! Toller Bericht! ;-)
  • supisupi

    8,312

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Hab's auch schon verschickt...an meinen Vater...der nimmt schon so lange konsequent dieses Centrum 50+, gibt dafür ein Heidengeld aus und meint, es sei das Non-Plus-Ultra :roll:
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    ich kenne das von früher, Fischölkapseln und Vitamindrops, mochte es nicht. Die Multivitamintabletten für Kinder aber habe ich überkonsumiert. Meistens ist ja auch noch "kalorienbewusst" Süßstoff in bestimmten Präparaten für den Geschmack, das pusht den Appetit künstlich in die Höhe. Mich ärgert, dass man bei "Mehrfruchtsaft" eigentlich fast nur noch die Multivitamin-Variante kaufen kann. Inzwischen sind wir auf die "bösen" Lebensmittel mit Zucker umgestiegen, Süßstoffe kommen mir wenn überhaupt nur noch als Bonbon für unterwegs ins Haus, dann auch nur sehr beschränkt. Ich als früherer Diät-Junkie weiß inzwischen, dass viel nicht immer viel hilft. Man wird trotzdem krank.
  • MäusleMäusle

    7,471

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Anmerkung: es gibt auf der ganzen Welt nur ganz ganz wenige Firmen, die es tatsächlich machen, die Vitamine natürlich zu gewinnen und schonend zu verarbeiten. Ein befreundeter Arzt hat gesagt, wenn es nötig ist würde er nur dazu raten. Vor allem weil 2 dieser Firmen ganz penibel darauf bedacht sind, die Präparate nicht überzudosieren.
    Allerdings ist es auch wieder sehr schwer, den Körper mit Vitamin c überzudosieren, da er das überschüssige einfach nicht aufnimmt, sondern ausscheidet. Ich selber halt nix von sinnloser Vitaminschluckerei aber distanziere mich auch von Panikmache die zurzeit stattfindet. Das finde ich ehrlich gesagt genauso mies, wie wenn man jedem einredet, dass er Vitamine braucht. :fingers:

    Ich finde das ist ermessens-Sache. Der gesunde Mensch braucht keine Vitamine und ähnliches. Wir haben in Deutschland keine Vitaminunterversorgung, sondern einfach viel zu viele Menschen, die sich weigern gesund zu essen und das ist das Problem!!
    Aber es gibt leider auch viele, bei denen man ohne Medikamente durch einfache Vitaminergänzung so manches ausgleichen könnte. ich z.b. brauche seit langem im Winter keine Erkältungspräparate mehr, weil ich zum einen durch Obst und Gemüse ausreichend zu mir nehme und zum anderen im Winter durch gezieltes Stärken des Immunsystems durch bestimmte Vitamine mich fit halte und den größten Teil abfangen kann. Allerdings unter Aufsicht eines Heilpraktikers. Und ich fahre gut damit. Wie gesagt unter Aufsicht und genügend Kenntnissen, was zu beachten ist.

    Das ist ein sehr heikles Thema und es benötigt große Ausgeglichenheit um nicht von einem ins andere Extrem zu fallen. Aber ich bin echt genervt, wie auch alles gleich verteufelt wird von den Medien. einmal hü und einmal hott. Unglaublich
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Man kann nicht immer davon ausgehen, dass alle Leute richtig mit Nahrungsergänzungen umgehen. Zudem ist es ein riesiger Markt. Und wenn man, vielleicht auch auf eine etwas schreierische Art, den Einen oder Anderen zum Nachdenken bringt, würde ich diese Artikel nicht so verteufeln.
    Manche Leute essen nur ungesund, nehmen aber dafür tonnenweise Viatmine, und rechtfertigen so ihre Ernährungsweise.
    Ob es nur zwei korrekte Hersteller gibt, kann ich nicht beurteilen, würde das aber auch nicht einfach unbezweifelt hier stehen lassen. Ich kenne einige ärzte, die einen schwunghaften Handel mit solchen Dingen betreiben. Von daher weiß ich nicht so recht, was ich von solchen Aussagen halten soll.
  • MäusleMäusle

    7,471

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    da der Arzt nicht damit handelt, sondern einfach nur für sich und seine Familie das Beste gesucht hat und mir das auf Nachfrage empfohlen, vertraue ich ihm soweit. Er ist eigentlich ein recht gewissenhafter, einer der (leider wenigen) die echt das Wohl des Patienten im Sinn haben. Es gibt durchaus Ärzte, die damit handeln und nur Geld draus verdienen wollen. Ich frag mich aber auch, wieviele/wenige gibt es wohl, die wirklich nach langer Suche was "gutes" gefunden haben und das einfach deswegen versuchen den Patienten zu empfehlen, wo sie´s für nötig halten...

    Klar hast du Recht, Marlies, es wird zu unbekümmert damit umgegangen und ganz vorsichtig ausgedrückt, die allermeisten Firmen wollen ja eh nur Geld rausschlagen, was das Wohl der Kunden angeht interessiert fast keinen.

    Und ich sag ja, Vitamine sind KEINE Ausrede für schlechte Ernährung. Nur manchmal könnte man damit (sinnvoll eingesetzt) auch einiges ausgleichen, wofür dann lieber Medis geschluckt werden. Aber ich hab auch geschrieben, wenn man sich selber nicht auskennt, sollte das unter Aufsicht geschehen. Und was die synthetischen Vitaminpräparate angeht, die finde ich sowieso absoluten Käse, weil wie du schreibst, der Körper das meiste nicht aufnimmt. Und manche Vitamine werden eben auch überdosiert.

    Wenn ich allerdings nicht immer die Möglichkeit hätte, am Wochenmarkt einzukaufen - also im Supermarkt das Obst und Gemüse sieht mir nicht so aus als wären da noch viel Vitamine drin. Ehrlich gesagt, da würde ich das dann auch lieber über Tabletten zuführen :table2:
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