Ich sammle bibliophile Bilderbücher und Schmuckausgaben und habe darunter auch eine alte Struwwelpeter-Ausgabe. Greta hat Zugang zu diesen Büchern und darf sie sich anschauen.
Jetzt hat sie den Struwwelpeter entdeckt und ist ziemlich entsetzt von einigen Geschichten. Vor allem die Geschichte vom Daumenlutscher Konrad, dem die Daumen abgeschnitten werde, beschäftigt sie sehr.
Habt Ihr Erfahrungen mit dem Struwwelpeter?
Kommentare
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Sie hat mir schon gesagt "Aber das ist nur in dem Buch, ne?" Das habe ich natürlich bestätigt.
Aber schocken tut sie das schon sehr, daß da einfach die Daumen abgeschnitten werden.
Und warum soll man keine Daumen lutschen? Das macht für sie keinen Sinn. Sie selbst lutscht zwar keinen Daumen, aber sie findet die Strafe sehr heftig.
Witzig finde ich, daß sie es stört, daß die Jungens und Männer im Buch oft Knickerbocker-Hosen mit Strumpfhosen tragen. Das ist ihr sehr fremd.
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Genau das... du kannst ihr erklären, dass das Buch vor langer Zeit geschrieben wurde, als die Leute das noch schlimm fanden. Und dass man heute weiß, dass Daumenlutschen nicht so schlimm ist. Und dass die Strafen, die die Kinder in dem Buch bekommen, nur erfunden sind und nichts mit "echt" zu tun haben.
Ich hab grad mal überlegt, ich glaub ich war erst so 5 oder 6 Jahre als ich das buch "gelesen" hab.
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Vielleicht kannst Du den ja dazu besorgen und ihr dann erklären, dass man früher so gedacht hat und den Kindern mit dem Buch Angst machen wollte, dass es dann aber Leute gab, die sich darüber geärgert und das Buch neu geschrieben haben?
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Für die Kleinen, wie Greta mit 3 Jahren, ist das Buch so an der "Gruselgrenze" gewesen, sie wollten ihn anschauen, aber mit einem wolligen Schauer. Die größeren Kinder haben sich schon tierisch drüber lustig gemacht. Wichtig ist, dass du es mit ihr zusammen anschaust und abwartest welche Fragen kommen - beim vorlesen so neutral wie möglich vorlesen!
Viel Spaß damit und besorg dir als Kontrastprogramm dazu die "Struwellise"
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Ich finde, nicht jedes Buch muß mit einem Gegen-Buch erklärt oder abgeschwächt werden.
Allerdings schau ich sie mir mal an, haben wir, glaube ich, im Laden stehen.
Das ist eine gute Idee, das mit dem "vor langer Zeit" und so. Denn heutzutage ist es ja absolut nicht schlimm, wenn man Daumen lutscht (jetzt mal vom Zahntechnischen abgesehen). Das sowieso.
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Ich finde sowas völlig überflüssig.
Wilhelm Busch und Konsorten kann er lesen wenn er grösser ist - wenn er will. Jetzt versuche ich das zu vermeiden, weil Tom einfach unheimlich empfindsam ist und eine blühende Fantasie hat.
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Oh SCHÖN dass du es ansprichst, wir haben den auch geschenkt bekommen (und auch diese ganzen Max und Moritz-Geschichten), auch so eine Uraltausgabe. Und ich war auch total entsetzt und habe das Buch sofort konfisziert! Das werde ich nie vorlesen! :shock: Das ist nicht die Art Erziehung die wir hier anstreben *kopfschüttel*
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Da geb ich Dir recht, NICHT JEDES BUCH. Aber wenn ich mich recht entsinne, entstammt der Anti-Struwwelpeter der 68er-Riege. Wenn man schon den Struwwelpeter historisch erklären will, finde ich es sinnvoll, den Kindern auch zu zeigen, dass es später Gegenbewegungen gab. Ich finde, damit unterestreicht man, dass wir solche Vorstellungen heute absolut nicht mehr teilen.
Trotzdem werde ich auf jeden Fall versuchen, solche Bücher insgesamt zu vermeiden. Ich finde es schon bedenklich, Kinder überhaupt auf die Idee zu bringen, dass solche Sachen wie Daumenlutschen etwas bestrafenswertes darstellen. Ich hatte als Kind wirklich eine blühende Fantasie und hatte ununterbrochen schlechte Nächte, weil ich wegen irgendetwas ein schlechtes Gewissen hatte, was im Grunde überhaupt nicht wert war, dafür ein schlechtes Gewissen zu haben. Wenn ich mir vorstelle, meine Eltern hätten mir auch noch den Struwwelpeter vorgelesen :shock:
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ich weiß, da denkt jeder anders drüber und es ist ein heißes PFlaster. Aber ich persönlich strebe eine solche Erziehung auch bei meinen künftigen Kindern nicht an, wurde so auch nicht wirklich erzogen und sehe das einfach als Geschichten. Wie gesagt, ich hab diese Geschichten geliebt als Kind, mich drüber lustig gemacht, wie extrem das ist. Für mich ist das schon der Anfang dazu, dass Kinder Geschichte und Wirklichkeit unterscheiden lernen.
Klar weiß jede Mutter, ob ihr Kind da jetzt besonders sensibel reagiert, oder das einfach "wegsteckt". Bei mir wars jedenfalls immer letzters und ich würde es meine Kinder lesen lassen. Nicht mit 2 oder 3 Jahren, sondern etwas später. ist doch dasselbe mit Märchen. Die darf man Kindern dann auch nicht vorlesen, weil die böse Hexe dann auch im Traum vorkommt.
oder nehmen wir mal diese ganzen Phantasy-Bücher, die ich neulich im Regal für Kleinkinder unseres Buchladens entdeckt hab :shock: ehrlich gesagt find ich sowas nicht mal für große Kinder angemessenen Lesestoff. Find ich viel schlimmer als Max und Moritz oder Struwwelpeter.
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EDIT: ich hab als Kind gerne Dumbo gesehen und ich fand die Stelle, als die Raben ihn wegen seiner langen Ohren so fertig gemacht haben irre prägend. Ich habe noch nie andere wegen ihrer Schwächen belächelt und irgendwie muss ich, wenn ich das bei anderen sehe an Dumbo denken. Daher finde ich, dass man die MESSAGE dieser Bücher keineswegs vernachlässigen sollte! :confuded:
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Ich finde solche Erziehungsmethoden natürlich auch völlig abwegig, aber darum geht es ja nicht.
Für mich gehört dieses Buch einfach zur Bilderbuchausstattung dazu, mag sein, daß ich da als Buchhändlerin auch anders denke, wie gesagt, es ist ja auch ein Buch aus meiner Sammlung.
Aber ich finde nicht, daß ich Greta davor "schützen" sollte. Ich will, daß sie versteht, daß die Geschichten aus einer anderen Zeit stammen und nichts mit dem Heute zutun haben.
Deshalb dachte ich, eine von Euch hätte schon Erfahrung mit ihren Kindern gemacht mit dem Struwwelpeter.
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Das kann ich gut verstehen, ich finde auch, dass man dieses Buch kennen sollte, hab da als Germanistik- und Geschichtsstudentin wahrscheinlich ähnliche Vorlieben. Aber meiner Meinung nach müssen Kinder mit 4 noch nicht alle Klassiker der Weltliteratur kennen, das hat ja noch ein bisschen Zeit :biggrin:
Ich denke, wenn man die Bedeutung dieses Buches angemessen reflektieren will, dann sollte das nicht in dem Alter passieren, das ursprünglich die Zielgruppe des Buches war, weil es nun mal mit "Techniken" arbeitet, die Kinder in diesem Alter teilweise auch unterbewusst beeinflussen.
Anscheinend gibt es da verschiedene Meinungen,, aber mich erinnert es auf jeden Fall daran, dass ich mal schauen sollte, was bei uns so in Kinderreichweite im Bücherregal steht ;-)
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Nein, Du hast natürlich recht, aber sie hat halt Zugang zu dem Regal und es stehen fast nur Bilderbücher drin, die "ganz normale" Kindergeschichten beinhalten, aber in besonderer Ausstattung. Sie kam mit dem Struwwelpeter an und ich wollte jetzt nicht schreien "Haaaalt, das darfst Du nicht, das ist nix für Dich...", weil ich selbst eigentlich keine schlechten Erinnerungen dran habe.
Und gerade solche "abstrusen" Geschichten haben ja auch was Faszinierendes an sich. Etwas, über das man lange und oft spricht. Vielleicht eher und öfter, als eine öde "normale" Geschichte. Ja, das finde ich auch. Aber die Gebrüder Grimm haben die Märchen damals ja auch gar nicht für Kinder geschrieben. Greta hört gerne die Geschichte von dem Wolf und den sieben Geisslein und auch Rotkäppchen hat es ihr angetan.
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Aber gerade bei Paulinchen die mit den Streichhölzern spielt würde ich mir wünschen das es so nachhaltig ist das meine Kinder niemals ohne mein Beisein Streichhölzer und co anfassen.
Das mit dem Daumen ist krass das stimmt.
Aber auch die Geschichte mit dem Mohren finde ich gut. Da wird vermittelt das man nicht rassistisch sein darf..das ist doch in Ordnung.
Und Max und Moritz da kommt es denk ich auch auf das Alter an.
Bei den 7 Geislein ein in den Brunnen geworfener Wolf finde ich jetzt auch nicht gerade harmlos.
Bei gegebener Zeit wird es die Bücher bei uns auch geben...aber man muß abwarten wann die Kinder alt genug dafür sind.
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Ich weiß das da meine Schwester als kleine ganz schön zu knabbern hatte das der Wolf dann wohl tod ist..
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Joelle hat dieses Buch bei meiner Schwiegermutter und liebt es ... wir lesen es ihr bisher noch nicht wörtlich vor, weil ich die Sprache relativ schwer verständlich finde, sondern erzählen es quasi in eigenen Worten nach.
Ich kann nichts schlimmes daran finden, dass Kindern durch Geschichten ein gewisses Moralverständnis vermittelt wird - nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern einfach ins Bewusstsein gerufen. Das passiert bei uns überwiegend dadurch, dass wir über das sprechen, was im Buch vorkommt, und ihre Fragen beantworten.
Gut, die Geschichte mit dem Däumling ist nicht so moralisch wichtig, aber z.B. mit dem - wie heißt der noch? - der den Hund schlägt und daraufhin vom Hund gebissen wird ... Joelle sagte direkt, dass man keinen schlagen darf, auch keine Hunde ... und dass der Hund sich halt gewehrt hat - finde ich jetzt nichts schlimmes dran.
Oder das Paulinchen mit dem Feuer ... an das erinnern wir sie auch manchmal, wenn wir Streichhölzer benutzen, und obwohl wir Streichhölzer immer außer Reichweite der Kinder haben, finde ich es wichtig, dass Joelle (und später auch Jannik) weiß, wie gefährlich das ist.
Ich hatte noch nie den Eindruck, dass Joelle beim Lesen des Buches Angst gehabt hätte ... im Gegenteil, sie findet es toll! Ich denke, ihr ist schon klar, dass das übertrieben dargestellt ist - z.B. findet sie es lustig, dass der Hase nachher die Brille auf hat, als er das Gewehr des Jägers nimmt ...
Mithilfe solcher Bücher lernen KInder doch erst, Realität und Fiktion zu unterscheiden - das finde ich ganz wichtig!
Märchen liebt Joelle übrigens auch ... vor allem die mit Wölfen haben es ihr angetan (Rotkäppchen, 7 Geißlein)!! Die meisten Märchen haben ja auch irgendwo eine Quintessenz, die man den Kindern nahe bringen kann .... z.B. wohnen wir direkt am Waldrand, und wenn wir Rotkäppchen lesen, lasse ich schon immer mal einfließen, dass man nie allein durch den Wald gehen sollte (jetzt nicht wegen Wölfen ... ;-)) - wer weiß, auf welche Ideen sie sonst mal kommt, wenn sie älter ist!