Bindung

sophie33sophie33

1,977

bearbeitet 5. 07. 2009, 10:40 in Babys erstes Lebensjahr
hallo,

ich haette da mal eine frage aus reinem interesse. es geht nicht um meinen sohn - der ist ja nun auch schon 14 monate - sondern um meine eltern, denn mir ist ploetzlich aufgegangen, dass meine beiden eltern in den ersten 6 bis 8 monaten mit groesster wahrscheinlichkeit keine feste(n) bezugsperson(en) hatten.
man sagt doch immer, dass fuer die bindung v.a. die ersten 12 monate entscheidend sind. wie ist das denn dann wenn es in den ersten monaten keine festen bindungen gibt, oder die bezugspersonen sich aendern? hat das auswirkungen auf die spaetere entwicklung? liegt dann zwangslaeufig eine bindngsstoerung vor oder sind die kleinen da noch "flexibel"?
kennt sich da jemand aus?

LG
sophie

Kommentare

  • sophie33sophie33

    1,977

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    nochmal hallo,

    hatte gestern so wenig zeit. deswegen war meine frage etwas lapidar :roll: .
    also, ich habe dann natuerlich den artikel zur bindungstheorie auf wikipedia gelesen und klar, bindungsverhalten wird auch durch spaetere bindungen, also nach dem 1. jahr gepraegt. allerdings ist mir eben eine sache nicht ganz klar geworden bei der lektuere des artikels. einerseits liest man (lese ich) daraus, dass vor allem die zeit nach 8 monaten wichtig ist, da dann die individuationsphase einsetzt - wenn man das so nennt - bin keine psychologin. auf der anderen seite steht da ein satz, den ich mit dem rest nicht recht in verbindung setzen kann, naemlich: die ersten sechs monate sind die zeit der staerksten praegung.
    also wie jetzt nun? deswegen meine frage, ob sich damit jemand auskennt...
    auch stelle ich meine frage nicht aus rein theoretischem interesse, sondern eher aus persoenlichem. jetzt da ich selbst ein kind habe - und so geht es sicher vielen - muss ich wieder oft ueber die beziehung zu meinen eltern und meine kindheit nachdenken. und wenn mir das auch schon vorher klar war, sehe ich die defizite dieser beziehung jetzt aus einer etwas anderen perspektive. sozusagen nicht nur aus der kind- sondern auch aus der elternperspektive. und da ist mir eben beim gruebeln - ich schlafe sehr schlecht bei dieser hitze :groggy: - das zum ersten mal aufgegangen: hey, meine mutter war schon 8 monate, als sie "endlich" feste bezugspersonen hatte und mein vater war schon 6 monate, als er zu seinen eltern kam. und beide haben dann auch in der spaeteren kindheit einschneidende erfahrungen mit ihren jeweiligen muettern gemacht - ich moechte da jetzt gar nicht naeher darauf eingehen. das ist ja deren privatssphaere.
    ich fand das aber einerseits frappierend, dass das bei beiden der fall ist und frage mich, ob und was es fuer einen zusammenhang mit der qualitaet ihrer beziehung und unserer beziehung geben koennte und letztlich dann eben, ob - und das macht mir die sorgen - es nicht noch einen einfluss auf meine beziehung zu meinem sohn hat. man kann von dieser typologie halten, was man will - wie grundsaetzlich von typologien. aber in der beziehung zu meinem vater, finde ich, sehe ich viel von dem vermeidenden und in der beziehung zu meiner mutter viel von dem unsicher-gebundenen beziehungstyp - als ich spreche jetzt von mir. in der bindungstheorie wird ja ausdruecklich auf die generationenuebertragung von bindungsmodellen hingewiesen. deswegen, aber nicht nur, beschaeftigt mich das gerade.
    also wenn hier zufaellig eine psychologin unterwegs ist, die sich mit der bindungstheorie auskennt, wuerde ich mich ueber eine meinung freuen!

    LG
    sophie
  • NanakiNanaki

    3,896

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Puh ich fürchte das wird schwierig. Glaube kaum, dass sich hier jemand wirklich fachlich damit auskennt.

    Hast du denn Probleme mit deinen Eltern? Oder mit der Beziehung zu deinem Sohn?
  • sopie74sopie74

    2,615

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Also ich habe u.a. Psychologie studiert mit anderm Schwerpunkt, doch im Grundstudium natürlich auch Entwicklungspsychologie. Bin also kein echter Experte, kenne aber schon die gängigen Theorien und Modelle.
    Was ich immer bedenken würde: Die reine Lehre gibt es in diesem Bereich einfach nicht. Gerade die von dir zitierte Bindungstheorie ist eine von vielen Ansätzen, die Eltern-Kind-Bindung zu beschreiben, in ihrer wissenschaftlichen Überprüfbarkeit aber ziemlich angreifbar ist. Es gibt zahlreiche andere Ansätze, die jeweils bestimmte Teilbereich wie Bindung, Sozialisation oder Erziehungsstile abdecken. Theorien, die besagen, dass Bindung erst mit 6-8 Monaten wichtig ist, gibt es m.E. nicht, in diesem Alter wird die Bindung lediglich bei den meisten Kindern deutlich erkennbar z.B. durch fremdeln. Es gibt eindeutige wissenschaftliche Belege dafür, das Zuwendung gerade für Kinder in den ersten Monaten überlebenswichtig ist, d.h. das fehlen solcher Zuwendung führt zu schweren Störungen (Stichwort Hospitalismus) und sogar zum Tod. Jetzt weiss ich natürlich nicht, wo deine Eltern gelebt haben, bevor sie zu ihren Eltern kamen und welche Defizite sie dort erfahren haben. Es gibt durchaus die Möglichkeit, dass sie bereits in den ersten Monaten eine sichere Bindung zu einer andere Bezugsperson (z.B. Heimerzieherin) aufgebaut haben und diese dann quasi 'schadlos' auf die 'neuen' Eltern übertragen konnten. Wie das gelaufen ist, weißt du wahrscheinlich besser, dass ein Kind gar keine Bindung hat ist eigentlich nicht möglich, die früher angenommene Prägung auf eine Person (wie bei Enten z.B. ) ist aber beim Menschen nicht gegeben, d.h. es findet keine Fixierung sondern eher eine Gewöhung statt.
    Was bei Störungen passiert und wie sich diese auf das spätere Leben auswirken kann keinesfalls vorausgesagt werden, es gibt viele neue Befunde, die dafür sprechen, dass sich Störungen der frühkindlichen Bindung gar nicht so dramatisch auch das spätere Leben auswirken wie angenommen. Bei echten Traumata (z.B. durch bewußtes Verlassenwerden oder Missbrauch) ist das anderes, hier ist doch eine seht starke Disposition zu psychischen Störungen im Jugend- und Erwachsenenalter gegeben.
  • sophie33sophie33

    1,977

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    hallo,

    danke sopie fuer deine ausfuehrliche antwort!
    du schreibst, gibt es keine praegung auf eine bestimmte person, sondern die bindung, wenn sie aufgebaut wird - was sie, wenn ich richtig verstanden habe, zwangslaeufig muss - kann dann ubertragen werden. das beantwortet meine frage, nach der "flexibilitaet" der kleinen. das heisst ja, dass ein wechsel der bezugspersonen unbeschadet moeglich ist.
    hmm... leider weiss ich nicht genau, wie das bei den beiden gewesen sein muss und sie wissen es auch nicht. deswegen schrieb ich ja auch erst "mit groesster wahrscheinlichkeit". alle konkret betroffenen, die sich erinnern koennten oder naeheres wissen koennten, leben auch nicht mehr.
    mein vater ist mitte der 30er jahre als 6-monatskind zur welt gekommen und erst nach ueber 6 monaten aus dem krankenhaus entlassen worden. dass er ueberlebt hat, ist bemerkenswert. das waere sicher auch nicht der fall gewesen, wenn er nicht in einer stadt geboren waere, die zu der zeit ein krankenhaus mit einer fuer damalige verhaeltnisse hervorragende fruehchenstation hatte. wie es da genau ablief, weiss ich nicht, also wie fruehchen da versorgt wurden, ob es da referenzschwestern gab, die sich gekuemmert haben und die dann quasi die bezugspersonen werden konnten. da muesste man auf historische quellen zurueckgreifen. es gibt da also die moeglichkeit, dass er ein paar feste bezugspersonen hatte und diese bindung dann auf seine eltern und grossmutter uebertragen hat.
    bei meiner mutter ist es allerdings unwahrscheinlicher. sie wurde ein paar monate vor einmarsch der roten armee vor ende des 2. weltkriegs oestlich der oder-neisse-grenze unehelich geboren und wohl sofort nach der geburt weggegeben. dann muss sie einige zeit dort in einem heim verbracht haben und schliesslich mit einem kindertreck gefluechtet sein, woraufhin sie in ein anderes heim westlich der oder-neisse-grenze kam. letztlich wurde sie dann mit ueber 8 monaten von meinen grosseltern adoptiert. ich weiss nicht, ob davon auszugehen ist, dass sie auf der flucht von denselben betreuerinnen versorgt wurde, wie im 1. kinderheim und wie zum damaligen zeitpunkt und unter diesen umstaenden die betreuung ausgesehen haben muss. aber im 2. kinderheim waren es sicherlich andere personen. somit haette sie zumindest - wenn nicht noch oefter - bis zum alter von 9 monaten 3 mal die bezugspersonen gewechselt.
    ach je, wie ich schon sagte, diese hitze! da kann ich nicht schlafen und komme staendig ins gruebeln :roll: . der einfluss der vertreibung durch die rote armee auf die beziehung zwischen mir und meinem sohn :oops: :oops: :oops: . im winter waere ich da nicht drauf gekommen :biggrin: .

    LG
    sophie
  • AnonymousAnonymous

    59,500

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Hallo Sophie,

    also ich find das gar nicht peinlich, sich über so Sachen den Kopf zu zerbrechen. Du hast ja jetzt selber ein Kind und dann reflektiert man ja oft automatisch die eigenen Beziehung zu den Eltern nochmal ganz anders oder eben die Beziehung, die man selber jetzt zu seinem Kind hat. Ich finde das ganz normal und auch gut, denn man verändert sich ja, wenn man Kinder bekommt und macht sich in dieser Lebensphase ja auch ganz andere GEdanken über wie Beziehungen sind, sein sollten, nicht waren usw. als in seiner kinderlosen Zeit, wo vielleicht eher andere Themen wichtig sind.

    Ich hab mich so Sachen auch oft gefragt und wenn meine Kinder in einem bestimmten Alter waren, hab ich verglichen, wie ging es meiner Mama mit zwei Jahren, oder auch wie ging es mir selber mit 2 Jahren, wie geht es meinem Kind mit zwei Jahren und die Erlebnisse die wir und unsere Eltern in unseren wichtigen Lebensphasen gemacht haben prägen ja auch noch immer unsere Beziehungen zueinandern.
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