Gerne möchte auch ich von der Geburt meines ersten Kindes erzählen...
Um alles genau zu verstehen muss ich erstmal ein bisschen weiter ausholen und vom Ende der Schwangerschaft erzählen.
Andreas wuchs am Anfang der Schwangerschaft laut FA zu langsam, was sich aber ab dem 8ten Monat ganz schnell änderte. Er wuchs fast doppelt so schnell wie es durchschnittlich normal wäre.
So schätzte ihn meine FA schon auf 3,8kg bei ET -7. Sie riet mir die Geburt einleiten zu lassen, da es bei diesem Gewicht und Größe sonst problematisch werden könnte - wenn er noch länger im Bauch bleiben würde. Natürlich ist man am Anfang sehr unsicher, vorallem wenn man den ET noch nicht erreicht hat.
Die Ärztin bestellte mich bei ET-1 nochmal in die Praxis um eine Entscheidung zu hören.
Dummer Weise (muss ich hinterher zugeben) war ich der Meinung dass mein Baby noch nicht reif wäre, und wimmelte die FA ab. Ich wollte spontan entbinden und somit meinem Baby die Entscheidung für den Start lassen.
~
Da ich am Ende der Schwangerschaft fast 100kg wog (Startgewicht 68kg/das meiste waren Wassereinlagerungen) hoffte ich natürlich insgeheim schon eher auf den Beginn der Geburt - aber eben spontan! Wie oft lag ich Abends auf der Couch mit Schmerzen - wie Wehen beschrieben wurden - nur ohne Pause. Ein durchgehender ekliger Schmerz. Zudem war mir innerlich heiß, ich brannte regelrecht. Warum bin ich damals nicht schon in die Klinik gefahren? Ich hoffte jeden Abend auf das Einsetzen der Wehen, denn der Kopf war bereits, wie es sein sollte, schon in der 37SSW fest im Becken.
Meine äußerst intelligente Hebamme (ironisch gemeint) dachte dass ich nur rumheule, und dieser Schmerz gar nichts mit Geburt zu tun hat - das sind eben Schwangerschaftsbeschwerden. Ziemlich genervt meinte sie sie könnte schon einen CTG schreiben... Aber da sie so mies reagierte lies ich es lieber sein. Vorallem war der Schmerz auch schon wieder paar Tage her.
Sonntags war ich am Ende der Schwangerschaft immer bei der Akupunktur. Hierbei untersuchte uns die Hebamme auch. Der Muttermund war ständig 1cm geöffnet - nichts besonderes.
Hier fing es an dass meine Hebamme schon immer moserte und meinte, dass das noch Zeit braucht, das passt in meinem Körper alles noch nicht, viel zu fest und zu eng. Also laut ihr braucht das Baby noch Zeit um das Licht der Welt zu erblicken.
Umso näher der ET rückte, umso inaktiver wurden die Herztöne am CTG. Also sie waren so als würde mein Baby ständig schlafen. Meine FA meinte schon dass ihr das nicht geheuer ist - meine Hebamme sagte es wäre alles in bester Ordnung.
Wem glaubt man nun?
Länger als bis zu ET + 3 habe ich nicht gewartet, meine FA legte mir nahe dass es Zeit wird das Baby zu holen, da die Herztöne ständig so schwach sind. Außerdem lies sich sein Kopf nun abschieben, d.h. er war nicht mehr fest im Becken.
Voller Erwartung mein Baby doch wenigstens normal und ohne Kaiserschnitt auf die Welt bringen zu können ging ich mit dem Überweisungsschein zur Geburtseinleitung.
~
Es war der 23. September 09 - 07:00 Morgens. Pünktlich erschienen wir im Kreissaal und mussten leider auf meine Hebamme eine halbe Stunde warten. Ziemlich schlecht gelaunt tauchte sie dann auch auf.
Zuerst wurde mir Blut entnommen und eine Tablette die den Muttermund reifen lassen soll in die Scheide gesetzt. Nun sollten wir 120 Minuten spazieren gehn.
Recht schnippisch meinte sie noch dass wir das ohne PDA sowieso nicht schaffen.
Aber ich war sehr gut gelaunt und voller Zuversicht. Ich schaffe das - und heute Abend halte ich mein Kind im Arm!!
Nach dem Spaziergang um ca. 10:30 wurde ich nochmals untersucht. Keine Veränderung am Muttermund. Verdammt! Also blieb nur der Wehentropf. Die Wehen begannen sehr leicht. Ich ahnte ja nicht wie fest sie noch werden würden
Ca. 1 Stunde später meinte die Hebamme dass sie mich nochmal untersuchen müsse. Ok.
In diesem Moment hatte ich eine Wehe, und als sie ihre Hand rauszog kam ein Schwall Flüssigkeit mit.
Ich dachte mir " Oh Gott ich hab der Frau auf die Hand gepinkelt " Sie drehte sich weg von mir und meinte da nun die Fruchtblase offen sei würden die Wehen stärker werden. Ich sagte " Achso, war das eben Fruchtwasser?" Und sie meinte nur " Natürlich, was denn sonst???" Hallo, kann ich Hellsehen? Sie sagte ja nicht dass sie mir die Fruchtblase öffnet. Zunehmend sank mein Laune Richtung Keller.
Und die Wehen wurden sehr stark. Wow. Genau beschreiben kann ich sie leider nicht mehr - aber es war der selbe Schmerz den ich jenen Abend zu Hause auf der Couch spürte. Doch keine Schwangerschaftsbeschwerden? Sie waren wirklich krass, aber ich hatte richtig schöne Pausen zwischendurch, es war erträglich. Mit aller Konzentration überstand ich jede Wehe mühelos - nicht dass es einfach war, aber es klappte. Immer schön veratmen. Ich fühlte mich meinem Baby schon sehr nah.
Ich weis gar nicht mehr wieviel Zeit genau verging, aber eine Stunde könnte es schon gewesen sein.
Die Hebamme kam wieder in den Kreissaal und ohne mich zu untersuchen oder etwas zu sagen fummelte sie am Wehentropf herum - und da begann der Horror meines Lebens.
Ich musste die ganze Zeit auf der linken Seite liegen und durfte mich nicht bewegen zwecks CTG - besser gesagt ich konnte mich nicht bewegen.
Aufeinmal liesen die Wehen nicht mehr nach. Der Schmerz bauschte sich auf - immer mehr immer mehr immer krasser... Ich wusste nicht was geschah. Ich drehte mich so dass ich auf den CTG sah und merkte dass ich mitten in einem Wehensturm war. Am Anfang versuchte ich noch so gut es ging zu veratmen. Aber es wurde immer schlimmer - der Schmerz schien schon fast unerträglich...
Irgendwann konnte ich nichtmehr veratmen ich fing an mich zu verkrampfen. Ich wollte schreien - so laut. Ich wollte aufstehn, meinen Bauch fest drücken, irgendwo dagegen schlagen - ich konnte mich nicht mehr entkrampfen. Es wurde von Minute zu Minute schlimmer...
Die Hebamme kam wieder in den Kreissaal und schnautzte mich erstmal an was ich da mache, ich atme falsch und bla bla bla... Sie machte mich regelrecht zur Sau. Obwohl sie genau am CTG sah dass ich keine Pausen mehr zwischen den Wehen hatte. Mittlerweile hatte ich auch meinen Freund aus dem Kreissaal geschickt da ich einfach allein sein wollte. Das hielt sie mir dann auch noch vor - warum ich ihn rausschmeiße...
Aber ich konnte jemanden nicht zuschaun der vor mir saß und sich langweilte während ich vor Schmerzen am liebsten sterben würde. Trösten lassen wollte ich mich von ihm auch nicht - also schickte ich ihn aus dem Kreissaal.
Ich weis nicht mehr wie lange ich im Wehensturm lag - es war keine Stunde - aber lang genug...
Die Hebamme meinte zuerst dass sie jetzt garantiert keinen Anästhesiearzt für eine PDA bekommt da im Moment lauter OPs laufen.
Was für eine Ermutigung!!
Wie sollte ich das nur überstehen? Irgendwie hatte ich schon aufgegeben. Ich wollte nicht mehr - ich konnte nicht mehr.
Nach einer viertelten Stunde trudelte meine Hebamme mit einem Narkosearzt im Kreissaal ein! Gott sei Dank! Die erste Wohltat meiner Hebamme an diesem Tag!
Es war Rettung in Sicht! Nur so konnte ich diesen Wehensturm überstehn.
Für die PDA musste ich mich aufrichten. Ich musste mich mit einem Katzenbuckel auf das Bett setzen. Leichter gesagt als getan.
Ich konnte mich einfach nicht ruhig halten - äußerst unangebracht wenn einem jemand eine Kanüle in den Periduralraum legen will.
Meine Hebamme hielt mich fest und drückte mir die Schultern nach unten.
Das waren die einzigsten 10 Minuten an diesem Tag an dem sie zu mir hielt und sprach mir Mut zu.
Die Betäubungsspritze am Rücken tat ein wenig weh - den Rest spürte ich dann auch nicht mehr. Es dauerte noch ca. 10 Minuten bis die PDA wirkte.
Ein wahrlicher Segen. Leider wirkte die PDA nur halbseitig, und trotz seitenlage verteilte sich das Mittel nicht. Aber halber Schmerz war schon mal erträglicher.
Der Wehensturm klingte nicht ab. Der Arzt meinte dass die PDA längstens 1 1/2 Stunden wirkte, dann müsse wieder ein Mittel gespritzt werden.
Anfangs war eine Helferin des Narkosearztes an meiner Seite. Doch ihr schien langweilig zu werden.
Ich war nun auf beiden Seiten an Geräte angeschlossen - ich erinnere mich schon gar nicht mehr an was alles genau. Aber mir wurde auch der Blutdruck alle paar Minuten automatisch gemessen. Als die Schwester verschwunden war fing das Blutdruckgerät lautstark an zu piepsen. Anscheinend war mein Blutdruck auf irgendwas mit 100 und 41 gesunken. Ich schickte meinen Freund der mir mittlerweile wieder zur Seite stand auf die Suche nach Hilfe.
Kann man das glauben? In den Kreissälen war weder meine Hebamme noch irgendein Arzt. Wo zum Teufel waren die alle - und warum lassen sie jemanden mit Betäubung alleine?
Komischer Weise vergingen die nächsten 75 Minuten so schnell wie an diesem Tag die Zeit nicht mehr verging. Auf einmal bekam ich es mit der Angst zu tun.
Was ist wenn die Betäubung nachlässt? Was ist wenn ich wieder diesem ununterbrochenen Schmerz ausgeliefert bin?
Wieder besuchte mich die Hebamme im Kreissaal. Mir schaute sie nicht ins Gesicht. Sie sah sich nur das Mitschreibsel vom CTG an und meckerte vorwurfsvoll "so ein schlechter CTG" und schüttelte den Kopf.
Sie holte den diensthabenden Frauenarzt.
Er sah sich den CTG auch an - und sagte ohne lange zu überlegen: Die Herztöne des Kindes werden schon wieder sehr schwach, ich sehe mir das nicht länger mit an - ich mache jetzt einen Kaiserschnitt bei Ihnen!"
Die erste Erleichterung trat schon ein - bald halte ich mein Kind im Arm.
Sie fuhren mich runter in den OP. Die Helferlein im OP waren alle gut gelaunt, und somit steigte auch meine Laune. Sie brachten mich zum lachen.
An allzuviel kann ich mich hier nicht mehr erinnern, da alles mehr wie ein Rausch war. Bereits im Aufzug spritzten sie die PDA hoch.
Ich hatte Angst dass die Betäubung auch nur halbseitig wirkte, das testete der Arzt aber. Mein Freund war dicht an meiner Seite und hielt mir meine Hand. Mit der anderen Hand quetschte ich die zarte Hand einer Krankenschwester zusammen
Ich musste feststellen dass ein Kaiserschnitt wahrlich kein Spaziergang ist. Das Gefühl dass sie einen mit bloßen Händen aufreißen und einem alle Organe qualvoll herausziehen lies mich erschaudern. Aber ich spürte keinen Schmerz. Nur Druck und Ziehen.
Der Arzt sagte nur: Oh man is der groß!
In dem Moment hoffte ich dass sie mein Baby da auch heil rausbekommen.
Ich merkte nur wie mein Bauch auf einmal zusammenklaffte...
Wähääää... Endlich war unser Andreas geboren!
Sie sagten es ginge ihm gut und es ist wirklich ein Junge. Der Arzt fragte mich ob ich geraucht habe, denn der Mutterkuchen war total verkalkt, d.h. das Kind wurde im Bauch nicht mehr richtig versorgt. Also war es wirklich höchste Zeit ihn zu holen. Aber geraucht habe ich nicht in der SS. Die Neugierde wie er aussah las mich alles andere vergessen. Ich bekam ihn kurz zu Gesicht und durfte ihm ein Bussi auf den Kopf drücken.
Mein Freund verschwand und ich wurde derweil versorgt und zugenäht.
Ich war so happy. Plötzlich hatte ich wieder Kraft in mir. Ich hatte es geschafft!
Wenn auch nicht so wie ich es gerne wollte, aber mein Baby ist gesund zur Welt gekommen.
Andreas Christian, geb. 23.09.2009 um 16:36 im Kreiskrankenhaus in Kösching.
~ 4050g schwer ~ 55cm lang ~ 37 cm Kopfumfang ~
Am nächsten Tag besuchte mich der Arzt der mich entbunden hatte.
Er meinte dass Andreas niemals durch mein Becken gepasst hätte, und, wenn wir trotzdem eine normale Geburt versucht hätten, er mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit entweder tot oder behindert auf die Welt gekommen wäre.
An dieser Stelle möchte ich mich bei meiner Hebamme bedanken, für den Mist den sie mir erzählt hat, dass das Kind noch Zeit braucht, ohne mich ein einziges Mal richtig mit Ultraschall usw. zu untersuchen. Hätte ich auf sie gehört, wer weis was dann passiert wäre. Ich bin der Meinung sie hat den falschen Job.
Ich geben jedem den Tip auf jeden Fall eine Hebamme zu suchen die zu einem hält und falls sich das während der SS ändert auf jeden Fall die Hebamme zu wechseln!
Kommentare
2,444
:laola02:
59,500
20,547
Na da ist ja einiges nicht so toll gelaufen bei Euch :sad:Ich wünsche dir viel Kraft um das Erlebnis auf zu arbeiten :troest:
80
Ja, wenn ich ihn ansehe ist es mir total egal was an diesem Tag alles passiert ist (also die nicht so tollen Sachen zumindest). Schlimm ist es wenn ich im TV eine schöne Geburt sehe, oder sowas lese. Dann kommen mir die Tränen weil es eigentlich mein Wunsch war - eine normale Geburt.
Nunja, hauptsache Andreas ist da, und gesund!
Ich versuch es schon immer jedem zu erzählen - aber meistens hört keiner zu. Oder hört sich die Geschichte nicht ganz an - leider.
3,241
Du hast das sehr schön geschrieben, und ich finde, du hast das auch ganz toll gemacht. Vor allem mit so wenig hilfreicher Unterstützung...
Ich hab mich in einigen Dingen wiedergefunden, die ich bei der ersten Geburt auch so erlebt hab, z.b. so einen Wehensturm ohne Pause :groggy: .
Das ist so schlimm, und du kannst stolz auf dich sein, auch wenn dein Baby nun mit KS geholt wurde.
Ich wünsch euch eine tolle Kennenlern- und Kuschelzeit ;-) .
LG
546
auch wenn deine erste Erfahrung nicht so schön war,und du nicht spontan entbinden konntest,lass dir gesagt sein,das du das ganz toll gemacht hast.
Liebe Grüsse Dana.
80
Es tut gut so etwas von anderen Frauen zu hören, die auch eine/oder mehrere Geburten hinter sich haben!!
917