Babyklappen sollen weg

MiaofeliMiaofeli

3,647

bearbeitet 1. 12. 2009, 09:55 in Plauderecke
Der Deutsche Ethikrat hat eine Empfehlung herausgegeben, Babyklappen aufzugeben.
Das Selbe gilt für Angebote zur anonymen Geburt.

Der Rat sieht die Probleme aber nicht nur im ethischen, sondern auch noch im rechtlichen Bereich. Hier geht es insbesondere um das Recht der Kinder, zu wissen woher sie stammen, denn das würde damit verletzt.

Naja lieber Tot als nicht wissen wer die Eltern sind ist natürlich eine Alternative.... Angeblich würden die Babyklappen aber auch gar nicht von Müttern genutzt werden, die ihre Babys sonst aussetzen würden...

Kommentare

  • rajenriverrajenriver

    4,287

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Miaofeli schrieb:
    Naja lieber Tot als nicht wissen wer die Eltern sind ist natürlich eine Alternative....

    Das hab ich auch gedacht :roll:
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Und wo ist das Recht auf Leben bei dieser Ethik geblieben? Was für Menschen müssen das sein, die diese Entscheidung über das Leben stellen? Ich fasse es nicht...

    LG!
  • AnonymousAnonymous

    59,500

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ich bin zwiegespalten. Ich finde das Angebot an sich eigentlich sehr gut, auf der anderen Seite kann ich mir aber auch vorstellen, dass es für Kinder später ziemlich schlimm sein muss, wenn sie so gar nicht wissen, wo sie herkommen...! Besser wäre es, der Ethikrat würde zuerst Alternativen für diese beiden Angebote schaffen, bevor sie sie schlicht verbieten wollen..! Gibt es eigentlich Zahlen, wie häufig letztlich anonyme Geburt und Babyklappen genutzt werden?
  • TinaLunaTinaLuna

    3,602

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    ich habe gestern gelesen, dass seit 1999 rund 500 babies in die Klappen gelegt wurden. 500 kleine leben. wobei ich fast glaube, dass eine frau, die unter angst und keine ahnung welchen umständen ihr kind loswerden will, es trotzdem tötet oder lieber im park ablegt und nicht noch das risiko unternimmt, es an einer öffentlichen stelle tatsächlich abzugeben.
  • MiaofeliMiaofeli

    3,647

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Zu keiner Zeit hatte man sich der Illusion hingegeben die Todesrate der durch die Eltern getöteten Säuglinge auf 0 zu bringen. Es ging auch nicht um die überforderten verwirrten/kranken Mütter, die mit der Geburt gar nicht zurecht kommen und das Kind direkt töten oder liegen lassen. Da helfen die Klappen nichts, da hier ein rationelles Denken komplett aussetzt. Daher ist es unfair diese Fälle mit einzuberechnen. Es ging um die Kinder die aus einer Not heraus vor Kirchen gelegt werden ect. und das funktioniert. Es muss kein Baby sterben, weil der Pfarrer zu spät vor die Tür geschaut hat ect.
  • TinaLunaTinaLuna

    3,602

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    kann denn der ethikrat allein etwas bewirken? oder kann er nur "denkanstöße geben? wie wichtig ist diese empfehlung? ich würde es auch unverantwortlich finden, diese klappen zu schließen! ich habe mal gelesen, allein, dass es diese möglichkeit gibt, macht es gerade sehr jungen frauen leichter, ihr baby auszutragen. quasi als notlösung in der hinterhand.
  • MiaofeliMiaofeli

    3,647

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Der Rat macht den " Vorschlag" und die Politiker stützen sich dann darauf, denen die Klappen ein Dorn im Auge sind... Klingt jetzt böse aber Babyklappen kosten Geld und wenn man auf kosten der schwächsten sparen kann, greift so mancher gerne zu. Vorallem wenn es um Punkte geht, bei denen mit wenig Wiederstand in der Bevölkerung zu rechnen ist... Wer interessiert sich schon für Babyklappen... Selbst hier im Forum ist die Reaktion eher gering, da kann man sich vorstellen wie bei dem Rest der Nation diese Nachricht einschlägt...
  • NaseweisNaseweis

    5,435

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Naja ich lese zb hier mit, aber wusste nicht genau was ich dazu nun sagen soll? Ich persönlich hatte mir erhofft, dass sich durch Babyklappen, manch eine von der grauenvollen tat abbringen lässt ,das Baby zu töten. Einfach da sie sehen, dass sie noch optionen haben, ihr Kind wo hinzubringen, wenn sie es nicht wollen. Ich denke so denken vielleicht viele, aber wie man sieht, sterben trotzdem noch soooo viele Babys und dass sieht die Menschheit und denkt sich wohl : oh bringt kaum was, also egal.

    Gerade in einem anderen Forum liest man auch heraus, dass viele so denken wie ich :oops: .
    Mir zb war total neu, dass es darum geht, dass mamis anstatt vor die kirche halt das baby in die Babyklappe legen sollen...ich dachte eher dass soll halt denen helfen, die in der schwangerschaft nicht wissen wohin mit dem Baby und daher die Gefahr der Kurzschlussreaktion sehr gross ist. Wenn ihr versteht was ich meine...! An die Frauen wo ihr Baby aussetzen, damit es andere finden, habe ich - dass muss ich ganz offen gestehen- am allerwenigsten gedacht :oops:
  • Snoopy82Snoopy82

    7,740

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ich finde es schwierig, sowas zu beurteilen ... dazu müsste man zuerst z.B. wissen, welche Frauen ihre Babies da reinlegen? Sind es die, die die Babies sonst umgebracht hätten oder irgendwo ausgesetzt hätten? Dann finde ich Babyklappen sinnvoll und notwendig. Oder aber sind das Mütter, die ohne die Option Babyklappe ihr Baby zur Adoption freigegeben hätten? Und mit der Option Babyklappe halt einfach den weniger aufwändigen Weg gehen? Dann sähe ich keine Berechtigung für Babyklappen. Das finde ich eben schwierig, weil man über das Denken der MÜtter, die ihre Babys dort reinlegen, so gar nichts weiß (also, ich zumindest).
    Grundsätzlich bin ich natürlich der Meinung - wenn nur ein Leben dadurch gerettet wird, haben die Klappen ihre Berechtigung!

    Gibt es denn irgendwo Zahlen, wie oft die Babyklappen genutzt werden?
    Und gibt es Zahlen zu getöteten Säuglingen vor und seit Babyklappen?
  • AnonymousAnonymous

    59,500

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Und warum kosten Babyklappen Geld? Das ist doch jetzt alles installiert und da sitzt ja nicht non-stop jemand dahinter und wartet auf ein Baby, das ist doch sicher mit irgendeiner Technik ausgestattet, die dann z.B. piepst, wenn die Klappe benutzt wird. Was daran ist teuer? VErsteh ich nicht.
  • NaseweisNaseweis

    5,435

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    soweit ich weiss kann man da eine klingel drücken....
  • MiaofeliMiaofeli

    3,647

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Welcher Art die Kosten sind, weiß ich auch nicht, nur das wegen Kosten gestritten wurde, als sie eingeführt werden sollten. So wie ich das kenne fallen da die Kosten für ein abgegebenes Kind ( Bett, versorgung ect. ) locker mit rein... und Stromkosten oder erhöhte Bugets oder was weiß ich noch....
  • sopie74sopie74

    2,615

    bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    So, ich hab jetzt mal die kompletten Stellungnahme des Ethikrates gelesen und bin immer noch unschlüssig was ich davon halten soll. Die Datenlage ist wirklich schlecht, doch es scheint bspw. gesichert, dass die anonyme Kindsabgabe (also alle Angebote wie Babyklappe, anonyme Geburt...) einfach noch mehr anonym geborene Kinder hervorbringt und mit großer Wahrscheinlichkeit die Zahl an 'anders' ausgesetzten und getöteten Kindern nicht beeinflusst.
    Ich würde dem Ethikrat keine 'Leichtfertigkeit' unterstellen, auch das Kosten-Argument zieht aus meiner Sicht nicht so wirklich, da diese Angebote ja oft auf Initiative kirchlicher oder sonstwie gemeinnützigen Träger hervorgehen, die wurden also mit viel Energie und Engagement errichtet und es gibt sicher größere Batzen an denen sich besser sparen ließe.
    Das ist tatsächlich eine sehr schwierige ethische Frage, die ich nicht leicht zu beantworten finde: Darf es Kinder zugemutet werden, dass ihre Eltern auch ohne größte Not, die Möglichkeit einer anonymen Geburt nutzen und sie so niemals erfahren, woher sie kommen und warum sie abgegeben wurden. Die Frage ist auch, ob man den Müttern diese Möglichkeit zumuten darf. Denn auch für sie ist dieser Schritt nach einiger Zeit nicht mehr rückgängig zu machen... Ich weiß es auch nicht....
  • bearbeitet 30. 11. -1, 01:00
    Ich kopiere das mal hier ein. Einig sind die sich ja auch nicht.
    PRESSEMITTEILUNG 06/2009
    Berlin, den 26. November 2009
    Ethikrat legt Stellungnahme zur anonymen Kindesabgabe vor

    Unter dem Titel "Das Problem der anonymen Kindesabgabe" hat der Deutsche Ethikrat heute seine erste Stellungnahme verabschiedet.

    Die seit 1999 in Deutschland eingerichteten Babyklappen sowie die Angebote zur anonymen Geburt wurden mit dem Ziel geschaffen, Kindsaussetzungen und -tötungen zu verhindern. Schätzungen zufolge sind durch diese Angebote seit ihrer Einführung mehr als 500 Kinder zu Findelkindern mit dauerhaft anonymer Herkunft geworden. Die bestehenden Angebote anonymer Kindesabgabe sind ethisch und rechtlich sehr problematisch, insbesondere weil sie das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft und auf Beziehung zu seinen Eltern verletzen. Die bisherigen Erfahrungen legen zudem nahe, dass Frauen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie ihr Neugeborenes töten oder aussetzen, von diesen Angeboten nicht erreicht werden. Die ethischen und rechtlichen Probleme der anonymen Kindesabgabe werden in der Stellungnahme des Ethikrates im Einzelnen dargelegt.

    Die öffentlichen Stellen der Kinder- und Jugendhilfe und die freien Träger sowie die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen halten dagegen auf gesetzlicher Grundlage ein umfangreiches Angebot an wirksamen Hilfestellungen für Frauen selbst in extremen Notlagen bereit, bei denen sichergestellt ist, dass insbesondere dem Kind seine Herkunft und leibliche Familie nicht unbekannt bleiben. Allerdings werden diese Angebote nicht immer angenommen.

    Der Deutsche Ethikrat möchte mit seinen Empfehlungen dazu beitragen, dass Schwangeren und Müttern in Notsituationen so gut wie möglich geholfen wird, ohne die Rechte anderer, insbesondere ihrer Kinder, zu verletzen.

    Der Ethikrat empfiehlt, die vorhandenen Babyklappen und Angebote zur anonymen Geburt aufzugeben. Dies sollte in einem gemeinsamen Vorgehen aller politisch dafür Verantwortlichen bewirkt werden. Begleitend sollten die öffentlichen Informationen über die bestehenden legalen Hilfsangebote für Schwangere und Mütter in Not- und Konfliktlagen verstärkt werden. Des Weiteren sollten Maßnahmen ergriffen werden, um das Vertrauen in die Inanspruchnahme der legalen Hilfsangebote zu verbessern.

    Um Schwangeren und Müttern in Notlagen darüber hinaus zu helfen, schlägt der Ethikrat ein "Gesetz zur vertraulichen Kindesabgabe mit vorübergehend anonymer Meldung" vor. Damit würde eine gesetzliche Grundlage geschaffen, um Frauen, die in einer schweren Not- oder Konfliktsituation ihre Mutterschaft meinen verbergen zu müssen, durch ein besonders niederschwelliges Angebot zu helfen, das ihnen die Lösung ihrer Probleme im Rahmen einer Beratung und Begleitung unter Wahrung absoluter Vertraulichkeit garantiert.

    Der Ethikrat weist in seinen Empfehlungen des Weiteren darauf hin, dass unbestritten ist, dass in Fällen, in denen unmittelbare physische Gefahr für Leben und Gesundheit von Mutter und Kind besteht, das Notstandsrecht die medizinische Betreuung einer Frau bei der Entbindung aufgrund der Hilfeleistungspflicht auch dann legitimiert, wenn sie ihre Identität nicht preisgibt. Dies gilt aber nicht für das systematische, von einem individuellen akuten Notfall unabhängige Angebot anonymer Kindesabgabe, wie die Babyklappe und das Angebot der anonymen Geburt sowie für die Unterstützung der Aufrechterhaltung der Anonymität nach Wegfall der akuten Notlage.

    Für die Fälle, in denen Kinder dennoch anonym zurückgelassen werden, hält der Deutsche Ethikrat Mindestmaßnahmen zum Schutz der Rechte des Kindes und seiner Eltern für notwendig, vor allem die umgehende Meldung des Kindes beim Jugendamt und die Bestellung eines Vormundes, der von der Stelle, bei der das Kind anonym abgegeben wurde, unabhängig ist.

    In einem ergänzenden Votum haben zwei Ratsmitglieder zum Ausdruck gebracht, dass sie die Empfehlungen des Rates, insbesondere die Angebote der anonymen Kindesabgabe aufzugeben, mittragen, die vom Rat vorgeschlagene gesetzliche Regelung für eine vertrauliche Geburt allerdings nicht für erforderlich halten, weil das Ziel, Frauen zur Bewältigung ihrer Notsituation einen vertraulichen Schutzraum zu gewähren, bereits mithilfe der legalen, niederschwelligen Beratungs- und Hilfsmöglichkeiten erreicht werden kann.

    Eine Gruppe von sechs Mitgliedern hat in einem Sondervotum formuliert, dass sie die Empfehlung, die bestehenden Angebote zur anonymen Kindesabgabe sofort oder schrittweise zu schließen, nicht mittragen können, da sie davon ausgehen, dass für den kleinen Kreis von Eltern und Frauen, die den Weg zu den Beratungsstellen nicht finden, das Angebot anonymer Kindesabgabe ein letzter Ausweg sein kann, der ihnen eine Alternative dazu aufzeigt, ihr Kind unversorgt auszusetzen.

    Pressekontakt:

    Ulrike Florian
    Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

    Deutscher Ethikrat
    Jägerstrasse 22/23
    D-10117 Berlin

    Tel: +49 +30 203 70-246
    Fax: +49 +30 203 70-252
    E-Mail: florian@ethikrat.org
    URL: http://www.ethikrat.org

    Hier sieht man die Mitglieder

    http://www.ethikrat.org/de_der/mitglieder.php

    Zahlen aus unverdächtiger Quelle

    http://www.tdh.de/content/themen/weiter ... oetung.htm

    und auch zur anonymen Geburt
    http://www.tdh.de/content/themen/weitere/babyklappe/

    Kann die anonyme Geburt Leben retten?
    Kritische Stellungnahme zu Babyklappe und anonymer Entbindung
    Ein Beitrag von Prof. Dr. med. Anke Rohde
    Das nachfolgende Positionspapier wurde von Frau Prof. Dr. med. Anke Rohde, Psychiaterin und Psychotherapeutin an der Universitätsklinikum Bonn, verfasst und im Mai 2002 auf einer terre des hommes-Pressekonferenz vorgestellt.

    »Das ist ja auch besser, als wenn das Kind auf einer Müllkippe landet« - ein typischer Kommentar, wenn es um anonyme Geburt und Babyklappen geht. Schon in diesem Spruch zeigt sich eine Kernproblematik: Es wird nämlich angenommen, dass man mit der Legalisierung der anonymen Geburt und der ebenfalls anonymen Freigabe des Kindes zur Adoption die Aussetzung von Kindern oder sogar den schlimmsten Fall, nämlich die Tötung eines Kindes, verhindern kann. Allerdings ist das weder durch wissenschaftliche Erhebungen noch durch empirische Befunde belegt, da es nur begrenzte Erkenntnisse über die Hintergründe von Tötung oder Aussetzung von Kindern gibt.

    Dagegen gibt es eine ganze Reihe von Aspekten, die gegen die Legalisierung der anonymen Geburt und die Einrichtung von Babyklappen sprechen:
    Der Neonatizid, also die Tötung des neugeborenen Kindes direkt nach der Geburt, wird - soweit man aus bekanntgewordenen Fällen weiß, in denen auch eine psychische Untersuchung erfolgen konnte - von Frauen begangen, die unter einer erheblichen Persönlichkeitsproblematik leiden, wie etwa einer fehlenden Persönlichkeitsreife oder mangelnden Bewältigungsmechanismen. Wenn diese Frauen unerwünscht schwanger werden, sind sie nicht in der Lage, Hilfsangebote wie die Schwangerenkonfliktberatung oder eine Beratung mit dem Ziel einer späteren - nicht anonymen? Adoption anzunehmen. Verdrängungsmechanismen, sei es aus Angst oder Scham, führen dazu, dass sie von der Geburt »überrascht« werden. Im Sinne einer Stress- oder Panikreaktion kommt es dann möglicherweise zur Tötung des Neugeborenen oder zur Aussetzung nach der Geburt.

    Angebote wie die anonyme Geburt oder Babyklappe werden diese Frauen nicht erreichen, da sie ja oft überhaupt »nicht wissen«, dass sie schwanger sind. Dagegen werden gerade Schwangere mit ausgeprägten psychosozialen Problemen dieses Angebot vermehrt nutzen, zum Beispiel wenn sie ihre Schwangerschaft erst so spät bemerkt haben, dass ein Abbruch nicht mehr ohne weiteres möglich ist. Vielleicht werden sie sogar durch die Umgebung dazu gedrängt, z.B. bei Schwangerschaften, die aus inzestuösen Beziehungen stammen, durch sexuellen Missbrauch entstanden sind oder bei nicht-legalem Aufenthalt der Frau.

    Die aktive Entscheidung für eine Adoption ist ein sehr schwieriger und schmerzhafter Prozess, der aber für die Bewältigung wichtig ist. Frauen, die ihr Kind - vielleicht sogar nach einer nur kurzen Phase der Überlegung und Auseinandersetzung - anonym zur Adoption freigeben, können damit kurzfristig so tun, als sei das ganze »nicht passiert«. Darüber, wie sie langfristig damit fertig werden sollen, macht sich kaum jemand Gedanken - Hauptsache, man hat wieder ein Kinderleben gerettet. (Wäre es wirklich getötet worden?)

    Zu wenig diskutiert wird auch, dass eventuell psychische Störungen der werdenden Mutter zu einer solchen Entscheidung führen könnten. Psychische Störungen in der Schwangerschaft - dazu gehören beispielsweise depressive Verstimmungen, Angst- und Zwangserkrankungen, Psychosen - können zu ausgeprägten Versagensängsten führen: »Ich werde keine gute Mutter sein.« In der Praxis treffen wir immer wieder Patientinnen, die auch bei geplanter Schwangerschaft, einem Wunschkind und sogar nach Kinderwunschbehandlung unter dem Eindruck neu aufgetretener Symptome darüber nachdenken, ob sie das Kind zur Adoption freigeben sollten. Was passiert, wenn eine Frau in einem psychischen Ausnahmezustand, der psychiatrisch gut behandelbar ist, das Kind anonym zurücklässt? Vielleicht reichen die acht Wochen Frist, die das geplante Gesetz vorsieht, nicht aus, um aktiv die Entscheidung rückgängig zu machen. Eine solche Frau hat nie mehr die Chance, ihr Kind wiederzufinden oder etwas darüber zu erfahren, wenn sie wieder gesund ist!

    Adoptionsstudien belegen, dass Frauen, die ihr Kind zur Adoption freigegeben haben, oftmals ihr Leben lang unter erheblichen psychischen Problemen wie Depressionen und Schuldgefühlen leiden. Diese Studien zeigen außerdem, dass die genetische Abstammung für Kinder von großer Bedeutung ist - auch dann, wenn sie eine sehr gute Beziehung zu ihren Adoptiveltern haben.

    Deshalb gehört ja auch heute ein offener Umgang mit dem Thema Herkunft bei der Erziehung adoptierter Kinder ganz selbstverständlich dazu. Kinder aus anonymen Geburten werden keine Chance haben, irgendetwas über ihre Abstammung zu erfahren, weshalb für die Betroffenen mit großen Problemen zu rechnen ist. Sie werden auch keine Möglichkeit haben, jemals mit ihrer leiblichen Mutter Kontakt aufzunehmen, wozu adoptierte Kinder das Recht haben. Es wird auch nicht helfen, wenn die Kindern nie erfahren, dass sie anonym abgegeben wurden - solche »Familiengeheimnisse« haben lange Nachwirkungen; Familientherapeuten müssten Sturm laufen.

    In Frankreich, wo die anonyme Geburt seit 1941 möglich ist und wo etwa 400.000 Personen anonym geboren wurden, kämpfen Betroffene darum, dass die Gesetze geändert werden - allerdings in umgekehrter Richtung als bei uns.

    Aus psychotherapeutischer Sicht kann die Legalisierung der anonymen Entbindung nur im extrem seltenen Einzelfall eine sinnvolle Hilfe für die Frau sein. In den meisten Fällen wird sie eher eine Katastrophe sein, da dadurch verhindert wird, dass bestehende Probleme angemessen gelöst und vorhandene Hilfsangebote angenommen werden können. Zu erwarten sind erhebliche psychische Folgeprobleme, die wahrscheinlich weit über das hinausgehen werden, was Mütter, die ihr Kind auf dem üblichen Weg zur Adoption freigeben, zu bewältigen haben. Aber wer wird diesen Müttern, die ihr Kind auf diese Weise zurückgelassen haben, bei der Bewältigung helfen können? Wie sollen sie mit diesem »Geheimnis« und den resultierenden extremen Schuldgefühlen umgehen? Wollen wir Selbsthilfegruppen gründen?

    Um nicht falsch verstanden zu werden: Auch Mütter, die ihr Kind getötet oder ausgesetzt haben, kämpfen mit solchen Folgeproblemen. Dies sind etwa 20 bis 40 Frauen in Deutschland pro Jahr, wenn wir die wenigen zur Verfügung stehenden Zahlen berücksichtigen. In Zukunft werden es hunderte von Frauen mehr sein, wenn das Angebot der anonymen Entbindung zum »kundenfreundlichen« Angebot einer Frauenklinik gehört. Diese Tendenz zeichnet sich ja bereits jetzt - noch vor der Gesetzesänderung - beispielsweise in Hamburg ab, wo die Zahl anonym geborener Kinder und Kinder aus Babyklappen innerhalb eines Jahres bei weitem das übersteigt, was für viele vergangene Jahre vorher an ausgesetzten und toten Kindern registriert wurde (Deutsches Ärzteblatt 99:B21-22): Ergebnis einer gezielten Werbekampagne einer Organisation, die die Rettung von Müttern und Kindern auf ihre Fahnen geschrieben hat? Und die vielleicht sogar Interesse daran hat, Adoptionskinder zu »produzieren«? Sind es nur perverse Phantasien, wenn Kritiker vor der Gefahr des Babyhandels unter dem Mantel anonymer Geburten und Babyklappen warnen?

    Aus der Sicht der Psychiaterin und Psychotherapeutin frage ich mich, warum so viel Energie und auch finanzielle Mittel nicht lieber in die weitere Verbesserung von Versorgungs- und Betreuungsangeboten für Frauen investiert werden. Und zwar Angebote, die nicht nur von Politikern und Kirchenvertretern, sondern auch von Fachleuten auf dem Gebiet für sinnvoll gehalten werden.

    Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Kann die anonyme Geburt Leben retten? Ja, vielleicht im Einzelfall. Aber für eine Vielzahl betroffener Mütter, Kinder, vielleicht auch Väter und sonstige Familienangehöriger wird sie zur Bedrohung der psychischen Gesundheit werden und möglicherweise sogar Leben zerstören.
    Prof. Dr. med. Anke Rohde
    Universitätsklinikum Bonn
    Gynäkologische Psychosomatik
    Sigmund-Freud-Str. 25
    53105 Bonn
    http://www.femina.uni-bonn.de Externer Link
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