Hallo, ich hoffe ich bin im richtigen Unterforum
Hat jemand von Euch Erfahrungen mit einer Waldorf-Kita bzw. einem Waldorfkindergarten?
Unser Baby kommt Ende November zur Welt und ich muss nach einem Jahr wieder arbeiten gehen. In der Nachbarstadt gibt es einen Waldorfkindergarten + Waldorfschule und in diesem Jahr wird dort eine Kita gebaut, die für Kinder ab 1 Jahr vorgesehen ist. Im August gibt es einen Infoabend aber ich bin natürlich schon mal neugierig, außerdem sind Erfahrungen sicherlich wieder was anderes als ein Infoabend
Da es in meiner Heimatstadt nur sehr wenige Plätze für Babys ab 1 Jahr gibt und man sich erst auf die Warteliste setzen lassen kann wenn das Baby auf der Welt ist habe ich mal geguckt, was es im Umkreis noch so gibt.
Ich glaube, dass mir das Waldorfkonzept symphatisch ist, kenne aber niemanden der dort selbst Erfahrungen gemacht hat bzw. mir so wirklich sagen könnte, wie der Tagesablauf so aussieht und wie diverse Dinge dort tatsächlich gehändelt werden. Ich möchte auch nicht so ein totales Ökokind haben, das mit verzottelten Haaren rumläuft und keine Freunde außerhalb von Waldorf finden kann. Es sollte alles ausgewogen sein. Ich bin im Prinzip schon sehr mit dem Spielen in der Natur und mit wenig Fernsehen oder wenig Plastikspielzeug (mal oberflächlich gesagt) einverstanden, auch gesunde Ernährung ist super und ich finde es schön, wenn mein Kind nicht mit glutamatverseuchten Lebensmitteln vollgestopft wird aber ich habe eben einfach keine Vorstellung wie "extrem" oder eben auch nicht Waldorf ist.
Bin für Antworten dankbar
Kommentare
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Kann mir auch nicht vorstellen, dass hier aktuell niemand ist, der was zum Thema beitragen kann aber vielleicht ist das Wetter einfach zu schön um am PC zu sitzen
Ich habe Heuschnupfen ohne Ende und kann mir im Moment gar nichts schöneres vorstellen als drin zu sitzen ;-)
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Ich war mit meiner Tochter in einem Waldorfkindergarten hier in der Nähe; allerdings "nur" in einer Mutter-Kind-Gruppe und nicht im "richtigen" Kindergarte. Ich muss sagen, dass ich begeistert war und mir auch durchaus vorstellen kann, sie dort im nächsten Jahr dann in den Kindergarten zu geben. Allerdings muss ich einschränkend sagen, dass die Erzieherin auch einsame Spitze war, wirklich unglaublich toll! Ob es jetzt an ihr lag oder ob das Konzept insgesamt gut ist, kann ich nicht so richtig beurteilen. Leider ist sie nach einiger Zeit plötzlich verstorben, sodass die Gruppe aufgelöst werden musste.
Ich habe mich mit den theoretischen Hintergründen nur ansatzweise beschäftigen können, aber positiv fiel mir auf:
kein buntes und dudelndes Plastikspielzeug,
ausschließlich Naturmaterialien,
gesunde Ernährung,
raus bei jedem Wetter,
hoher Anteil an handwerklicher und kreativer Beschäftigung,
Miteinbeziehung der Kinder bei Aufgaben wie Tischdecken etc.,
freundliche, respektvolle Atmosphäre,
trotzdem klare Regeln und Konsequenz (kein Kind fängt mit dem Essen an, bevor nicht alle sitzen),
Elternabende mit jeweils einem theoretischen Thema; also nicht nur Klärung von Organisatorischem o.ä.,
hoher Anteil an Ritualen u.ä., gebunden an Jahreszeiten und Feste,
den Kindern wird Gelegenheit gegeben, Dinge selber zu schaffen/zu meistern (ohne Hilfe),
uvm.
Ich habe zuhause auch Plastikkram, wir essen auch manchmal Süßigkeiten und Fertig-Tomatensauce und verzottelt Haare haben wir (meistens ) auch nicht. Will sagen: Nur weil der KiGa einem gewissen pädagogischen Konzept folgt, heißt das ja nicht zwangsläufig, dass man sich da zu 100% auch im privaten Bereich anschließen muss. Und es liegt ja auch an dir, deinem Kind Kontakte außerhalb des WD-Kigas zu ermöglichen. Guck es dir an, wenn du ein gutes Gefühl hast, mach es! Auf jeden Fall!
Allerdings muss man sich natürlich manchmal blöde Kommentare gefallen lassen, wenn andere hören, dass das Kind einen WD-KiGa besucht. Und die anderen Eltern da sind meiner Erfahrung nach größtenteils einem bestimmten gesellschftlichen Kreis zugehörig, wenn du weißt, was ich meine. Gebrüllte Sätze wie "Marvin-Leon, ich mach dich gleich Beine! Wir müssen noch nach die Oma hin, beeil dich jetzt mal!" wirst du da beim Abholen eher selten hören . Es ist schon eine gewisse "Schicht", die da ihre Kinder hingibt und das meine ich nicht unbedingt in finanzieller Hinsicht. Ich kanns schwer beschreiben. Manchmal nervt es auch, wenn man da bei Kräutertee und selbst getrockneten Apfelringen auf einem Elternabend sitzt. Ein bisschen weniger alternativ täte es für meine Geschmack auch, aber insgesamt -super!!!
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Ich werde es mir auf jeden Fall anschauen und dann gucken wie ich mich fühle. Kommt bestimmt auch auf die Miteltern an die man da so trifft und auf die Strenge mit der das Ganze betrieben wird.
Grundsätzlich finde ich das Konzept toll, glaube aber nicht, dass ich es daheim komplett umsetzen könnte und ebensowenig glaube ich, dass ich meine Eltern oder sogar auch meinen Mann davon überzeugen könnte, auf "tolle Spielsachen" zu verzichten weil es das Konzept des KiGa so möchte ;-)
Aber wenn man daheim Kompromisse machen kann ohne in der Kita/im KiGa ausgebuht zu werden finde ich das sehr schön
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Ohne mich jetzt großartig mit dem Waldorf-Konzept auseinandergesetzt zu haben (ich kenne es halt in groben Zügen aber nicht näher) kann ich zu den aufgezählten Punkten sagen, dass fast alle in unserem katholischen nicht-Waldorf-Kiga auch vorhanden sind - nur, dass es auch Plastik gibt ;-) ... Will sagen: Guck ihn Dir an, wie die alltägliche Arbeit dort umgesetzt wird, und wenn er Dir zusagt, warum nicht?! Ich denke, vieles (z.B. Öko-Klamotten ;-)) sind einfach Vorurteile, die man eben hat, wenn man Waldorf hört. Und ein Kind, das im Wladorfkindergarten war, kann ja z.B. trotzdem in eine "normale" Schule, wenn man im Laufe der Zeit merkt, dass das Konzept nicht passt.
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Das ist aber trotzdem ganz unterschiedlich. Ich kenn einen 11jährigen Jungen, der auf die Waldorfschule geht und von seinen Mitschülern gemobbt wird, weil er kein Handy hat und keine Verabredungen über e-mail macht ;-) Dabei ist der für meine Begriffe völlig "normal" und auch nicht besonders waldorfmäßig.
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Aber du hast bestimmt recht, es gibt auch Waldorfeltern, die da nicht so penibel sind.
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Wir fangen um 8:30 an. Die Abholzeit ist 12-12:30, bei den VÖ (verlängerte Öffnungszeiten) von 13-13:30 (wir bleiben bis 13:30). Zuerst ist Freispiel. Die Kinder können dabei natürlich auch malen, wenn sie wollen. Die meisten nutzen aber die Materialien im Raum, z.B. bauen sie sich Höhlen mit Tüchern, die auf den Spielständern drapiert werden. Andere spielen mit Puppen, mit Figürchen usw. Neben solchen Sachen werden jahreszeitenabhängig auch immer Naturmaterialien zum Spielen verwendet, z.B. gibt es dann Kisten voller Kastanien, Tannenzapfen usw. Das hat aber jetzt nicht unbedingt etwas beschauliches - da spielen ganz normale Kinder mit etwas anderen Spielsachen, die sie mit ihrer Fantasie genauso zweckentfremden wie Kinder in anderen Kindergärten. Sprich, wenn woanders mit Lego ein Auto gebaut wird, ist es im Waldorfkindergarten eben etwas anderes. Auch Tische und Stühle werden da einbezogen.
Gleichzeitig wird das Frühstück vorbereitet. Freitags ist bei uns beispielsweise Müslitag, da dürfen die Kinder von daheim Obst mitbringen, wenn sie möchten. Die größeren Kinder können beim Schnippeln helfen. Mittwochs werden Brötchen gebacken, da machen die Kinder natürlich auch gerne mit beim Teig kneten usw. Dienstags ist vor dem Frühstück Eurythmie, dafür kommt eine speziell ausgebildete Lehrerin.
Es wird zusammen aufgeräumt, der Morgenkreis wird abgehalten. Da werden Lieder gesungen, Fingerspiele gemacht, geschaut wer fehlt und solche Sachen. Das dient nochmal dem bewussten Ankommen im Kindergarten. Dann gibt es Frühstück und manchmal Reigen (Lieder, die mit Bewegungen begleitet werden). Schließlich wird im Garten gespielt (bei uns gibt es einen Sandkasten, Schaukeln und so weiter). Die Projekte der Schulkinder (also die, die demnächst in die Schule kommen) werden begleitet. Diese Kinder fertigen in ihrem letzten Kindergartenjahr etwas an, beispielsweise wird ein Schiff aus Holz gebaut und ähnliche Sachen.
Abschließend gibt es einen Abschlußkreis.
Insgesamt gibt es einige "geführte" Aktivitäten, wie die Reigen, die Kreise, und viele Lieder. Feste werden relativ "formell" begangen. Gestern war bei uns beispielsweise das Adventsgärtlein. Da wird eine Spirale aus Tannenzweigen in einem Raum ausgelegt, an deren Ende ein Podest mit einer Kerze steht. Jedes Kind bekommt eine Kerze, die in einem Apfel steckt, und geht diese Spirale bis zum Ende, wo es die Kerze an der anderen anzündet. Der Apfel mit der Kerze wird dann auf die Spirale gesteckt. All das geschieht sehr andächtig, nur von Harfenmusik begleitet, und wird mit bestimmten Worten von der Erzieherin begleitet und abgeschlossen. Das klingt jetzt fast esoterisch, wenn man das so aufschreibt *lach* Es ist aber eigentlich wirklich nur sehr feierlich. Waldorfkindergärten sind ja christlich orientiert, daher wird natürlich auch vor dem Essen gebetet.
Trotz allem hat das nichts irgendwie weltfremdes oder betuliches. Bei uns gibt's auch keine verfilzten Ökokinder Die Wolle-Filz-Fraktion ist eindeutig in der Unterzahl Es mutet eigentlich einfach nur strukturiert an, was ich persönlich ziemlich gut finde. An einiges muss ich mich allerdings auch noch gewöhnen. Das Kind möchte beispielsweise zuhause jetzt auch häufig vor dem Essen beten. Und manches mutet mir persönlich etwas arg ritualhaft an, wobei ich den Sinn dahinter schon sehe, aber es ist für mich einfach ungewohnt. Beispielsweise gibt es eben ganz bestimmte Abläufe, wie das Martinsfest abläuft oder eben das Adventsgärtlein usw. Es ist zum Beispiel immer wichtig, dass dann niemand spricht und keine Fotos gemacht werden, die Spirale darf nicht überschritten werden, solche Sachen eben. Vielleicht sind die auch in anderen Kindergärten ganz normal, ich war ja selbst nicht im Kindergarten und bin das einfach nicht so gewohnt.
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