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Gentests an Embryonen erlaubt
Bgh-Urteil Präimplantationstechnik verstößt nicht gegen das Gesetz
Die Entscheidung ist auf die Untersuchung von Zellen auf schwerwiegende Schäden beschränkt. „Designer-Babys“ sollen nicht möglich sein.
von Gitta Keil
Leipzig - Die umstrittenen Gentests an künstlich befruchteten Embryonen zur Entdeckung von Erbkrankheiten sind nicht strafbar. Die Untersuchung von Embryonen außerhalb des Mutterleibs mit Hilfe der Präimplantationsdiagnostik verstößt nicht gegen das Embryonenschutzgesetz, entschied der Bundesgerichtshof am Dienstag in Leipzig.
Der Senat stellte allerdings ausdrücklich klar, seine Entscheidung sei nur auf die Untersuchung von Zellen auf schwerwiegende genetische Schäden gerichtet. Die Richter öffneten damit keinesfalls einer Auswahl von Embryonen für die Geburt einer „Wunschtochter“ oder eines „Wunschsohnes“ Tür und Tor.
Der 5. Strafsenat stellte damit Rechtssicherheit für Fortpflanzungsmediziner und betroffene Paare her. Die Bundesrichter bestätigten zugleich den vorherigen Freispruch des Berliner Landgerichts für einen 47-jährigen Gynäkologen und verwarfen die Revision der Staatsanwaltschaft.
Der Berliner Gynäkologe hatte für drei erblich vorbelastete Paare die umstrittene Präimplantationsdiagnostik – kurz PID – ausgeführt und dabei Embryos mit genetischen Defekten entdeckt. Die betroffenen Frauen lehnten eine Einpflanzung ab. Der 47-jährige Mediziner übertrug daher nur Embryonen ohne Defekt. Die nicht verpflanzten Embryos ließ er absterben. Anschließend zeigte er sich selbst an, um Rechtssicherheit zu erzwingen. Das Landgericht Berlin hatte den Arzt im Mai 2009 freigesprochen.
Kritiker befürchten, dass die PID missbraucht werden könnte und dass am Ende das „Designer-Baby“ steht – ausgewählt vielleicht nach Haar- oder Augenfarbe und Geschlecht.
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Kommentare
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Ich fand es schon lange ziemlich grausam, dass Eltern mit schlimmen Erbkrankheiten in der Familie, diese Möglichkeit nicht in Anspruch nehmen können, bzw. dafür in's Ausland müssen.
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http://de.wikipedia.org/wiki/Gattaca
Ich verstehe, dass es für von Erbkrankheiten betroffene Familien ein Segen ist. Trotzdem habe ich so ein bisschen Angst, was irgendwann daraus werden könnte.
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Wenn solche Gesetze erstmal verabschiedet sind, haben sie den Weg bereitet, für das nächste Gesetz.
Und das kommt meistens...
Ich weiß nicht, ob ich das gutheißen kann.
Trotzdem verstehe ich natürlich auch die Eltern, die in solch einer Situation sind.
Aber da würde ich im Grenzfall wahrscheinlich eher auf ein Kind verzichten oder eines adoptieren.
Ich schreibe "wahrscheinlich", weil ich es natürlich nicht so genau sagen kann. Sind ja nur spekulative Gedanken. Es ist nochmals was anderes, wenn man persönlich in der Situation steckt!
Schwierig!
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Na ja, das ist ja genau das Problem: Vollkommen lässt sich ein Missbrauch nicht ausschließen.... Es ist sogar recht warscheinlich, dass solche Methoden eben auch in nicht indizierten Fällen angewendet, sobald sie für o.g. Fälle erlaubt sind, um z.B. ein Baby mit dem 'richtigen' Geschlecht zu bekommen... Andere Dinge, wie Haarfarbe, Größe o.ä. sind nur davon abhänig, ob sie sich (schon) im Genmaterial erkennen lassen oder (noch) nicht. Daher gab es ja bislang diese restriktive Haltung.
Die Frage ist also eher was schwerer wiegt: Die Gefahr, dass das Designerbaby 'kommt' oder das Recht erblich vorbelasteter Eltern auf ein gesundes Kind.
Wie man sowas regeln kann, keine Ahnung. Vielleicht sollte es solche Untersuchungen nur geben dürfen, wenn vorher eine Ethik-Kommission zugestimmt hat. Ich glaube, das fände ich eine gute Lösung, wie dann die Realität aussähe, weiss man natürlich auch nicht. Denn wenn man bei der Reglung für späten Schwangerschaftsabbruch schaut, ist mir auch oft nicht klar, eine Gaumenspalte o.ä. als Indikation gelten kann...
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Mit einem WunschKS im Vergleich zur spontanen Geburt kann man das jedenfalls nicht vergleichen, denn eine natürliche Empfängnis ist in der Regel mit deutlich mehr Spaß verbunden ;-) :cool:
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Ich bin mir tausend Prozent sicher, dass es solche Menschen gibt, die das und noch viel mehr über sich ergehen lassen würden, um das "perfekte" Kind zu bekommen.
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Viele werdenden Eltern sind so fixiert auf die Vorstellung, die sie von ihrem Kind haben, da finden sich bestimmt ausreichend Menschen, die einiges in Kauf nehmen um dem Schicksal ein wenig nachzuhelfen...
Edit: Gretchen war schneller...
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Es ging mir vor allem darum zu sagen, daß man nicht mal eben so eine PDI machen kann. "Designerbaby" sagt sich so leicht, das klingt wie Schuhe shoppen, aber die medizinische Behandlung dahinter wird meist vergessen.
BTW: in China darf der Gyn den werdenden Eltern das Geschlecht des Babies nicht sagen, wenn man es im US oder bei einer FU sieht ...
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Eltern, die wussten, dass sie "nur" ein Mädchen bekommen, haben es wissentlich abgetrieben, in dem die Mutter "aus Versehen" die Treppe runter gefallen ist oder dergleichen. Es hat aber nicht viel geholfen, dass man es den Eltern nicht sagte - viele neugeborene Mädchen-Babys wurden nach der Geburt einfach getötet, so dass man noch eine Chance auf einen Jungen hatte.
Reaktion auf diese 1Kind-Politik.
Solche Regelungen haben meistens einen Grund.
Ich bin mir jedenfalls sicher, dass es in ferner oder auch naher Zukunft das nächste Gesetz geben wird, dass dieses Gesetz aufweichen wird. Diese Tendenzen kann man derzeit in der Forschung und den daraus resultierenden Gesetzen oft erkennen....
Die Büchse der Pandora - ich hätte mir gewünscht, dass sie zu bleibt.
Und dass obwohl ich natürlich Mitgefühl und Verständnis für die betroffenen Eltern habe.