38,644
Mehr als 3 000 Euro für einen Schneidezahn
Es ist ein perfekter Kindergeburtstag – bis einer der kleinen Gäste mit seinem Minigolfschläger ausholt und einem anderen den Schneidezahn ausschlägt. Die Eltern des Geburtstagskindes sind für die Gäste verantwortlich. Sie müssen haften, wenn sie nicht richtig aufpassen und die Kleinen andere Kinder verletzen oder etwas kaputtmachen. So musste ein Erwachsener am Ende für den Schneidezahn eines Kindes 2 500 Euro Schmerzensgeld und 590 Euro Schadenersatz zahlen. Er sollte eine Gruppe von Sieben- bis Zwölfjährigen beim Minigolf beaufsichtigen. Gibt es noch weitere Unfallfolgen, wird er auch dafür zahlen müssen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main begründete sein Urteil damit, dass die Kinder mit dem Umgang eines Minigolfschlägers nicht vertraut waren. Der Unfall wäre vermeidbar gewesen, wenn der Mann neben der Bahn gestanden hätte. Da er aber 100 Meter entfernt war, hat er, nach Auffassung des OLG Frankfurt, seine Aufsichtspflicht verletzt und haftet deshalb voll (Az. 3 U 91/06).
Haftpflicht zahlt nicht immer
Wenn Erwachsene ihre Aufsichtspflicht über eine Gruppe kleiner Gäste verletzt haben, springt die private Haftpflichtversicherung ein. Dadurch bleiben sie in einem solchen Fall nicht auf den Kosten sitzen. Aber auch wenn ein Vater an der Minigolfbahn aufpasst, kann natürlich noch etwas passieren. Doch dann haftet er nicht mehr für Schäden, sondern allenfalls das Kind, das etwas angestellt hat. Ob der kleine Rowdy selbst zur Verantwortung gezogen wird, hängt von seinem Alter und seiner Einsichtsfähigkeit ab. Sind die Kinder sieben Jahre oder älter, müssten sie oder ihre Eltern zahlen. In der Praxis hilft deren Haftpflichtschutz. Kinder unter sieben Jahren sind laut Gesetz deliktunfähig und können nicht für Schäden verantwortlich gemacht werden. Rechtlich gesehen gibt es dann keinen Schuldigen. Die Versicherung muss nicht zahlen, das verletzte Kind geht leer aus, wenn keiner freiwillig zahlt. Etliche Haftpflichtversicherungen schließen aber Schäden durch „deliktunfähige Kinder“ ein und zahlen trotzdem.
Aufsichtspflicht richtig erfüllen
Geht ein Streit vor Gericht, prüfen die Richter immer, ob die Erwachsenen ihre Aufsichtspflicht erfüllt haben. Je nach Alter, Charakter und Situation stellen die Juristen unterschiedliche Ansprüche. Besonders Risiken erfordern besondere Aufmerksamkeit: Stehen eine Hüpfburg oder ein Trampolin im Garten oder eine brennende Kerze auf dem Tisch, müssen die Großen besonders aufpassen und auf die erhöhte Gefahr hinweisen. Kinder unterschätzen Gefahren oft, weil sie die Lage nicht so gut überblicken wie ein Erwachsener. In Alltagssituationen dagegen – auf dem Spielplatz oder im Garten – müssen Eltern weniger oft nach ihrem Nachwuchs schauen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH). Ein Siebenjähriger darf bis zu zwei Stunden ohne Aufsicht im Freien spielen. Vorausgesetzt: Das Kind verhält sich altersgerecht und die Eltern haben es auf Gefahren aufmerksam gemacht (Az. VI ZR 199/08). Auch ein Fünfjähriger darf unbeaufsichtigt auf den Spielplatz – allerdings sollte ein Erwachsener spätestens nach einer halben Stunde nach dem Rechten schauen (BGH, Az. VI ZR 51/08). Sind fremde Kinder zu Besuch, können Eltern aber weniger erwarten, dass sich alle an Abmachungen halten. Beim Kindergeburtstag gilt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Neu hier?
Tritt unserer Community bei um alle Bereiche zu sehen und (werdende) Eltern kennenzulernen!
Kommentare
763
Wenn hier jetzt Klagefreudigkeit ähnlich USA ausbricht, würden dann Kindergebtagsfeiern abnehmen? Ich jedenfalls würd nicht verklagt werden wollen und es mir mehr als dreimal überlegen (zumal die Streitsumme da im Artikel uns bereits in Schulden treiben würde).