Chassaignac-Lähmung

samjo

Hallo.

Ich war hier früher mal nach der Geburt meiner Tochter etwas aktiver, hatte mich dann aber abgemeldet (aus privaten Gründen). Ehrlich gesagt, habe ich das Forum vermißt (waren immer sehr nette Gespräche und guter fachlicher Rat) und jetzt bin ich wieder zurück...


Ich bräuchte nämlich mal Euren Rat in folgender Sache:

Meine Tochter wird Ende August 3 Jahre alt. Innerhalb des letzten Jahres hat sie viermal (!) eine Chassaignac-Lähmung gehabt (gestern das letzte Mal) :sad:

Es waren immer keine besonderen Situationen, in denen das passiert ist: Das erste mal wollte sie vom Töpfchen aufstehen, hat sich hochgedrückt und dabei den Arm verdreht. Das zweite mal wollte sie auf dem Bett Trampolin springen, hat sich an meinen Händen festgehalten und auf einmal unvermittelt nach hinten fallengelassen, ich konnte garnicht so schnell loslassen bzw. in der Bewegung mitgehen. Das dritte Mal wollte sie auf die Straße laufen und ich habe sie nur noch am Arm zu packen gekriegt.

Ich habe schon alle Leute im Freundeskreis, Familie, Kindergarten, etc. instruiert, ihr ja bloß nie am Arm zu ziehen... Und trotzdem ist es gestern schon wieder passiert. Sie ging an der Hand von ihrem Opa und ihrem Onkel und hat einfach die Füße gehoben. Ich rief noch, daß sie sie schnell auf den Boden absetzen (ich ging hinter ihnen), aber da war es schon passiert... Nur vom Ranhängen an die Hände von den beiden hat sie sich wieder eine Chassaignac-Lähmung zugezogen. :sad:

Der Arzt im Krankenhaus hat mich gestern noch einmal (ich weiß es ja jetzt schon eigentlich) darauf hingewiesen, daß man ihr ja nie am Arm ziehen soll, und meinte, daß sie sonst Spätfolgen im Gelenk haben könnte (es ist immer der gleiche Arm gewesen).


Nun meine Fragen:

1. Was meint er mit Spätfolgen? Was genau kann im worst case passieren? Wie wahrscheinlich ist das?

2. Habt ihr eine Idee, was man machen könnte, um die Bänder im Gelenk zu stärken, damit das nicht wieder passiert? Vielleicht Physiotherapie? Irgendwelche Kräftigungsübungen?


Es soll sich ja angeblich verwachsen (mit ca. 5-6 Jahren meinte der Arzt), aber das dauert ja noch und sie ist so ein Wildfang, hängt sich überall dran, klettert überall hoch... Was mache ich nur, um ihr zu erklären, daß sie mit ihrem Arm vorsichtig sein muß?


Danke & LG

Marlies/Hebamme

Guten Morgen, ich bin damit leider etwas überfragt. Vielleicht keinen sich andere Mütter damit aus..

Warst Du unter dem gleichen Namen hier?

samjo

Hat keiner eine Idee? :traurig41:

Hat vielleicht eine von Euch eine Empfehlung für einen guten Kinderarzt oder einen Physiotherapeuten oder oder oder, der mir weiterhelfen könnte? (im Großraum Düsseldorf)

Unsere KiÄ hat nur gemeint, das wäre ein habitueller Chassaignac, das verwächst sich und bis dahin sollen wir den Arm schonen und nicht dran ziehen. Toll. Das wußte ich auch schon nach dem ersten Mal. Trotzdem ist es nochmal passiert. :sad:

Es würde mich echt beruhigen, wenn ich auch aktiv etwas machen könnte, um ihren Arm zu kräftigen bzw. zu stabilisieren. Ich selber habe mit den Bändern im Knie Probleme, daß mir gelegentlich die Kniescheibe rausspringt, aber mit gut trainierten Muskeln läßt sich das Risiko minimieren...

=> Könnte man dann nicht auch Kindermuskulatur kräftigen, daß sie das Gelenk besser stabilisieren? Aber ich trau mich nicht auf eigene Faust mit ihr Krafttraining zu machen (ich will es ja besser machen und nicht noch schlimmer). Außerdem weiß ich nicht, welche Übungen in dem Fall bzw. für Kinder gut wären.

LG

tinat

Sorry, hab davon auch noch nie gehört... Aber vielleicht versuchst du mal nen Thread mit "Kinderarzt in Düsseldorf" gesucht, denn ich bin mir relativ sicher dass wir ein paar User aus dem Großraum NRW haben. Vielleicht gibt's da auch spezialisierte Physiotherapeuten? Oder einen Kinderorthopäden, die verordnen ja auch Physiotherapie.

selkie

tut mit leid, ich hab davon auch nóch nie gehört udn kann mir darunter leider auch nix vorstellen.
was ich dir evtl empfehlen kann ist ein osteopath, der kann dir da vielleicht helfen. leider bin ich nicht aus deinem umkreis und hab da auch keine adresse. es gibt einige die für säuglinge und kinder extra viel erfahrung haben, und normalerweise sagen sie dir ja auch ob das in ihr fachgebiet fällt oder nicht, und können dir sonst einen anderen spezialisten oder tip geben.

ich wünsch dir viel erfolg

samjo

Chassaignac-Lähmung heißt das wohl deswegen, weil die Kinder eine charakteristische Schonhaltung einnehmen. Ursächlich dafür ist, daß sich im Ellenbogengelenk irgendwas verschiebt oder verklemmt oder so, ein bisschen so als wenn sie sich was ausrenken würde. Ist auf jeden Fall sehr schmerzhaft. Es gibt so einen Spezialhandgriff, um das wieder richtig zu rücken, auch das ist extrem schmerzhaft. Mein Kind hat noch nie so geweint, wie wenn sie das hat :sad:


Wikipedia sagt dazu:

Eine Radiusköpfchen-Subluxation (auch Chassaignac-Lähmung oder Pronatio dolorosa; lateinisch: Subluxatio capituli radii bzw. Subluxatio radii perianularis; englisch: Nursemaid's elbow oder Pulled elbow - deutsch: Kindermädchen-Ellenbogen oder Sonntagsarm; französisch: Pronation douloureuse) ist eine bei Kleinkindern bis höchstens fünf Jahren häufig vorkommende Pronationsblockade, die oft auch als Teilausrenkung (Subluxation) des Speichenköpfchens bezeichnet wird. Sie entsteht durch starken, unvorbereiteten und plötzlichen Zug am voll gestreckten und pronierten (innengedrehten) Unterarm bzw. Hand. Die häufigste Situation ist, das schreiende, sich wehrende Kind an der Hand vom Boden hoch zu ziehen. Es kann aber auch ausgelöst werden, wenn sich das Kind mit einer oder beiden Händen festhält und es kräftig weggezogen wird, oder es an beiden Händen gehalten schnell im Kreis gedreht wird. Ebenso wurde es beim Judo beschrieben, selten durch direkte Traumen. [1].

Die genaue Ursache ist nicht bekannt, allgemein wird vermutet, dass dabei das Speichenköpfchen teilweise nach vorn und distal aus seinem haltenden Ringband (Ligamentum anulare radii) hervor rutscht, und dass es dann bei Nachlassen des Zuges zwischen dem Radiusköpfchen und dem Capitulum humeri eingeklemmt wird. Das Ereignis selbst ist stark schmerzhaft, anschließend bestehen in der Regel nur geringe oder keine Schmerzen mehr, wenn nicht am Arm bewegt oder gezogen wird. Das Kind hält den Unterarm in Schonhaltung in Einwärtsdrehung (Pronation) und leichter Beugung, so dass der Arm wie gelähmt wirkt (Pseudoparese), daher auch der Name Chassaignac-Lähmung. Gelegentlich kann bei der Subluxation ein Klicken gehört oder gespürt werden.

Die Erstbeschreibung erfolgte 1671 durch den französischen Chirurgen D. Fournier [2]. Ein Symptom der Radiusköpfchen-Subluxation (die Chassaignac-Lähmung) und das Repositionsmaneuver (Chassaignac-Handgriff) ist nach dem französischen Chirurgen Charles Marie Édouard Chassaignac (1805-1879) benannt.

Die Radiusköpfchen-Subluxation ist eine der häufigsten Verletzungen bei Kindern unter 4 Jahren. Sie tritt meist bei Kindern zwischen 1 und 4 Jahren auf, bei Kindern über 5 Jahren existiert sie praktisch nicht mehr. Dies wird damit erklärt, dass das Ringband (Lig. anulare) kräftiger ist und distal fester am Radiushals verankert ist, wenngleich unbekannt ist, welche Rolle das Ringband genau spielt.

tinat

Ja, das mit dem Einrenken erinnert mich an was. Wir hatten mal einen Spielplatzunfall, wobei sich Stunden später rausstellte dass der Arm gebrochen war, aber noch auf dem Spielplatz sprach uns zufällig ein Arzt an, der meinte, Kinder renken sich gelegentlich den Ellbogen aus. Und er könnte das einrenken (der war ein normaler Chirurg, wenn ich mich recht erinnere). Also von daher müsste das Wissen darum doch eigentlich verbreiteter sein, zumindest unter den Ärzten... Wenn dir gar niemand einen anderen Arzt nennen kann, versuch's doch mal bei so Ärztebewertungsportalen wie Jameda, manchmal kann man da auch sehen, welche Ärzte gut sind.

anirahtaK

Passiert wohl am Häufigsten beim "Engelchen flieg" Spiel... wos Kind zwischen 2 Erwachsenen geht und alle paar Schritte hochgeschleudert wird. Hab ich als Kind auch gemacht ich glaub das machen (fast) alle Eltern beim Spazierengehen mal...

Einen Tip habe ich aber auch nicht au§er wirklich mal in ne gute Physiopraxis zu gehen und nach Übungen zu fragen.

samjo

anirahtaK schrieb:

Passiert wohl am Häufigsten beim "Engelchen flieg" Spiel... wos Kind zwischen 2 Erwachsenen geht und alle paar Schritte hochgeschleudert wird. Hab ich als Kind auch gemacht ich glaub das machen (fast) alle Eltern beim Spazierengehen mal...

Genau das... Ich habe ja schon alle Personen, die mit ihr Umgang haben, instruiert sie ja bloß nie am Arm zu ziehen. Das Problem ist nur, daß sie es auch "alleine" hinkriegt: Beim letzten Mal hat sie sich nur an Opas Arm gehängt und baumeln lassen... Der Zug von ihrem eigenen Gewicht am Arm hat gereicht... :sad:

Manna

Ich kann dir eine sehr gute Physiotherapie und Osteopathie-Praxis in Bonn empfehlen. Ist zwar ne Strecke aber der Mann ist so toll, ich kann ihn nur empfehlen, er hat sich seit einiger Zeit auf die Kinder spezialisiert. Du könntest ja auch erstmal am Telefon schildern was los ist und er wird dir sicher sagen ob er da was tun kann. Sie bieten auch Kräftigungstherapie an wenn es angebracht sein sollte und geben dir sicher Übungen mit für zu Hause wenn es denn dafür welche gibt.

Viel Glück und gute Besserung!

samjo

Hallo Manna.

Sehr gerne! Ein Versuch wäre es wert... ;-) Danke.