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ist zuviel
Studie zur Überversorgung vo Schwangeren: "Nur das Beste" ist zu viel
Von Markus Rinke
99 Prozent der Schwangeren Frauen erhalten mehr Untersuchungen als vorgesehen
80 Prozent der Mütter zahlen bei den Leistungen während der Schwangerschaft zu
Alter, Einkommen und Bildungsstand haben keinen Einfluss auf die Überversorgung
99 Prozent der Frauen erhalten mehr Untersuchungen als vorgesehen
Zwischen sieben und acht Ultraschalluntersuchungen bekommt eine werdende Mutter im Durchschnitt während ihrer Schwangerschaft. Bei den Frauen ohne besonderen typischen Befund sind es immer noch fast sechs Untersuchungen. Die Richtlinien sehen jedoch nur drei vor. Das hat eine Umfrage der Bertelsmann-Stiftung unter fast 1.300 Schwangeren ergeben. Was für die Ultraschalluntersuchungen gilt, lässt sich auch auf andere Vorsorgemaßnahmen übertragen. Die Herztöne des Kindes sollen bei jeder Untersuchung gemessen werden. Häufig wird dafür aber eine so genannten Kardiotokographie, CTG, gemacht. Nur die ist ohne besonderen Befund nicht vorgesehen. Die Studie der Bertelsmann-Stiftung belegt, dass fast alle Frauen ein CTG bekommen haben, die meisten sogar mehrmals. Außerdem werden Abstriche, Blutuntersuchungen und Akupunktur ebenfalls häufig durchgeführt, obwohl sie nicht vorgesehen sind.
Vier von fünf Müttern zahlen zu
Insgesamt zahlen 80 Prozent der Frauen während ihrer Schwangerschaft für Untersuchungen zu.
Bei den Ultraschalluntersuchungen ist es fast jede vierte Frau, die mehr als die drei vorgesehenen bekommt und dafür selbst zahlt. Die Experten vermuten deshalb, dass diese Untersuchungen nicht notwendig waren, sondern auf Wunsch der Frau durchgeführt wurden. "Das ist eine emotional sehr dichte Situation, wo man ein sehr hohes Risikobewusstsein hat, wo viele Eltern lieber zusätzlich Leistungen einfordern, um das Gefühl zu haben, auf der sicheren Seite zu sein", erklärt Jan Böcken.
Ärzte und Hebammen raten zu den Untersuchungen
Aber auch die Ärzte haben ein Interesse an den zusätzlichen Untersuchungen. Sie wollen sich schützen, erklärt Jan Böcken: "Man muss sich als Arzt hüten, später bei Komplikationen vielleicht verklagt zu werden." Außerdem sind die zusätzlichen Untersuchungen eine gute Einnahmequelle für die Ärzte. Tatsächlich seien aber mehr Untersuchungen nicht unbedingt gut für die Frau. Zu viel Vorsorge könne auch Ängste schüren, meint Böcken.
Schwangere sollen nachfragen
Das weiß auch Karin Wenzel-Gahbler. Die Frauenärztin hat seit mehr als 20 Jahren eine Praxis in der Bielefelder Innenstadt: "Ich habe das Gefühl, dass die Angst davor, dass irgendwas mit dem Baby nicht in Ordnung ist, oft größer ist als das Vertrauen, dass die Schwangerschaft gesund wird." Karin Wenzel-Gahbler ist sich sicher, dass mehr Aufklärung nötig ist. Sie versucht, den Frauen mehr Selbstbewusstsein zu geben: "Da könnten wir auch mit Worten einiges bewirken oder die Frauen in anderer Weise stärken." Jens Kuschel von der AOK Nordwest rät allen Frauen, sich nicht bedrängen zu lassen und nachzufragen. Im Zweifel sollten sie sich Rat von anderen Experten holen. Die Krankenkasse hat dafür einen Infoservice, der Schwangeren dauerhaft zur Verfügung steht. Und Jan Böcken hat noch einen ganz anderen, einfachen Tipp. Manchmal reiche es schon zu fragen, was passiere, wenn man eine Untersuchung nicht macht.
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