Mein Kleiner ist nun fast neun Wochen alt, jetzt wird es Zeit für den Bericht,-
Seit der 33. Woche plagte ich mich mit der Diagnose "Steißlage" herum, moxte, nahm Globuli, war bei einer chinesischen Akupunkteurin- und der Kopf blieb konsequent unter meinem linken Rippenbogen hängen. Die letzte Möglichkeit war die äußere Wendung. Ich wollte eine Haus- Wassergeburt machen und die Option Klinik-Kaiserschnitt war der absolute Horror.
Das Wochenende vor dem Wendetermin (06.07.)war ich noch auf einer Fortbildung in der Schweiz, 50 Stunden unterwegs, mega-anstrengend mit 102 cm Bauchumfang, aber wer weiß, wozu es gut war.
Montag habe ich dann unter der Dusche den Schleimpfropf verloren und war aber immer noch nicht auf Geburt eingestellt, denn der Wendetermin lag ja noch vor uns und außerdem kann es ja danach auch nach Tage dauern...
Abends ging ich dann schon etwas aufgeregt zu Bett, denn alle Hoffnung lag auf der äußeren Wendung. Im Traum hörte ich dann ein Knacken und dachte, ich laufe aus- wachte auf, und merkte, daß ich tatsächlich auslaufe. Ich weckt meinen Mann, der schnell Handtücher ranschleppte, wir bezogen das Bett neu und machten Witze darüber. Es war 3.00 Uhr. Gerdade als ich mich wieder hinlegen wollte, kamen leichte Schmerzen-also schnell noch einen Blick in die "Hebammensprechstunde" werfen und dann die Entscheidung, lieber meine Hebamme anzurufen.
"Sie soll sich sofort wieder hinlegen, ich komme gleich!" Die Wehen waren nicht so wild, aber schon aale 6 Minuten in etwa. Als Doris dann da war: MuMu 1 cm aber leider leider immer noch das Kind verkehrt herum. Zur Sicherheit hat sie dann noch die zweite Betreuungshebamme angerufen, weil sie wußte, wie sehr ich nicht in die Klinik wollte, aber die bestätigte die Steißlage.
Also packten wir meine Kliniktasche fertig ( abends hatte ich widerstrebend schon ein paar Sachen eingepackt, denn die äußere Wendung wird in Kaiserschnittbereitschaft durchgeführt und man weiß ja nie...) und Doris rief in Bremen in der Klinik, wo die Wendung stattfinden sollte,an. Eine Stunde Autofahrt lag vor uns, aber die Provinzkrankenhäuser hier machen bei einer Erstgebärenden mit BEL grundsätzlich Kaiserschnitt. Heidi, die zweite Hebamme, bot uns an, mitzukommen, was ich dankbar annahm.
Das Auto lief natürlich schon auf Reserve und ich verbracht den Großteil der Fahrt Wehen veratmend im Vierfüßlerstand auf der Rücksitzbank- jedes Schlagloch ein Belastungstest!
Auf der Station zur Begrüßung heftigste Schreie von einer Frau unter der Geburt- mir kamen die Tränen, die absolute Panik und am liebsten wäre ich wieder nach Hause gefahren. Eine Hebamme kam, begrüßte uns kurz, sagte, daß sie gerade zwei normale Geburten und zwei Kaiserschnitte hätten, bat Heidi, mich ans CTG anzuschließen und war wieder weg.
Die Zeit am CTG nutzte Heidi, mich moralisch aufzubauen. Ich sollte akzeptieren, daß ich jetzt hier mit diesem Team mein Kind zur Welt bringen würde und mich darüber freuen, daß es seinen Geburtstag selbst bestimmt hatte- wie viele BEL-Kinder kommen nach Klinikkalender. Mittlerweile war es halb 7 und die Wehen alle 5 Minuten.
Eine unglaublich junge Stationsärztin untersuchte mich dann und schallte das Kind auf 2900 Gramm-immerhin waren wir 16 Tage vor ET. Dann kam der Oberarzt, der eigentlich für die Wendung um 9.00 zuständig gewesen wäre, der einzige, der dort BELs spontan entbindet.
Sehr klar, kompetent und straight. Er erklärte, daß so etwas nur für mutige Frauen sei und ansonsten nach seinen "Spielregeln" abläuft: PDA ab MuMu 6 cm, damit das Gewebe nicht durch Schmerzen unnötig verspannt; deswegen Wehentropf, damit keine unnötige Zeit riskiert wird; Dammschnitt und "Käferlage" mit Beinen in diesen komischen Halterungen, um die Geburt "auf den Punkt zu bringen". Und natürlich keinerlei Toleranz bei Verzögerungen.
Blieb mir ja nix anderes übrig, als zuzustimmen und x Zettel zu unterschreiben.
Dann erst einmal Frühstück, das von ständigen Wehen unterbrochen wurde, dann in den Keißsaal und wieder ans CTG. Die Hebamme war total nett und lobte mich für das Veratmen der Wehen und bot mir gegen 10.00 die Wanne zur Entspannung an. Viel mit entspannen war aber nicht, da die Rückenlage für mich definitiv das Ungünstigste zum Veratmen war. Tat aber trotzdem gut, wir hörten die Brandenburgischen Konzerte und unterhielten uns zwischendrin.
Nach der Wanne wurden die Wehen natürlich doller und ich muß gestehen, daß ich die Aussicht auf PDA gar nicht mehr soooo abschreckend fand. MuMu war auch schon deutlich weiter, aber die Anästhesisten hatten noch woanders zu tun (oder Mittagspause?) Also gab es von der Stationsärztin Buscopan (kenne ich nur von Pferden mit Kolik).
Dann wieder CTG (ist das eigentlich so eine Art Beschäftigungstherapie für Frauen unter den Wehen?) und Glukoselösung. An diesen drei Strippen wurde ich echt raschelig, weil es immer mehr schmerzte, ich mich aber nich bewegen konnte, wie ich brauchte. Als sie dann nach dem kurzen Kritzeln des Arztes direkt das nächste CTG laufen lassen wollte, habe ich Einspruch eingelegt und konnt endlich wieder rumlaufen und mich bei den Wehen an meinen Mann hängen, der die ganze Zeit super tapfer mitgeatmet und mich unterstützt hat.
Dann fing ich bei den Wehen an zu fluchen, weil es immer heftiger wurde und ich nicht wußte wohin mit den Schmerzen. Der Arzt kam noch einmal vorbei und dann kam relativ bald die Anästhesistin. Auch sehr freundlich. Ich fragte mich nur, wie ich lange genug stillhalten sollte, damit nix mit der PDA schiefgeht. Hat aber gut geklappt und auch nich doll wehgetan.
Die nette Hebamme hatte dann Feierabend und die neue war sogar noch netter! Ich wurde dann in Käferstellung gebracht, es liefen Wehentropf und Glukose, das CTG, Puls- und Blutdruckmesser und ich mußte gegen das Gefühl von Abscheu gegen diese klinikmäßige Verkabelung ankämpfen.
Die Wehen waren unter der PDA natürlich erst einmal weniger, die Hebamme saß die ganze Zeit am Fußende vom Bett und schaute nach unseren Fortschnritten.
Irgendwann(Zeitgefühl- was ist das ?) war der Popo zu sehen und ich merkte die Wehen auch wieder deutlicher, sie rief den Arzt hinzu und es wurde ernst. Den großen Dammschnitt habe ich zum Glück nicht gemerkt, mein Mann, der am Kopfende war, hat ihn aber gehört. Dann sollte er meinen Kopf auf die Brust drücken und ich sollte pressen, obwohl ich überhaupt keinen Drang dazu verspürte. 15:32 Uhr Die Hebamme feuerte mich dabei ganz toll an und nach drei Mal bekam ich ein graublaues, warmes, weiches nasses Etwas auf den Bauch gelegt.
Ich mußte einfach nur Weinen und die ersten Blicke von unserem Sohn hat mein Mann aufgefangen. Er durfte nach einer Zeit dann abnabeln, die im Hintergrund diskret wartenden Kinderärzte nahmen ihn kurz zur Untersuchung (3500 gr, 52 cm, KU 34 cm,Apgar 9-10-10), die Plazenta kam leicht raus und ich wurde von der einzigen unfreundlichen Person (die aber gute Arbeit geleistet hat) sehr lange genäht.
Wir mußten uns noch auf einen Namen einigen, RICHARD (Löwenherz), denn so früh hatten wir ja nicht damit gerechnet, verbrachten 4 Stunden in einem leeren Kreißsaal und fuhren dann nach Hause, wo kurz darauf unsere Hebamme dazukam, bekamen eine erste "Einweisung" und sind dann als Familie todmüde ins gemeinsame Bett gefallen.
Rückblickend hatten wir absolutes Glück im Unglück und ich bin dankbar, daß es so gelaufen ist. Nichtdestotrotz weiß ich jetzt um so mehr, warum ich eine Hausgeburt wollte,:-Schauen wir mal, was beim nächsten Mal ist, aber jetzt genießen wir dieses spannende Neuland mit unserem "Richie"!
Julika
Kommentare
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Mein riesen Kompliment zu deinem Mut und deiner Entscheidung, es normal zu versuchen. :fun52:
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Super hast du das gemacht :applause:
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:laola01:
Respekt, ich weiß nicht ob ich so mutig gewesen wäre beim ersten Kind eine BEL spontan zu entbinden.
Gruß
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Und einen schönen Namen habt ihr ausgesucht! ;-)