Es lässt mir keine Ruhe, vor der nächsten Geburt muss ich einfach Denjas Geschichte bzw. die ihrer Geburt aufschreiben.
Start
Es begann alles im Juni 1997. Ich wurde wegen vorzeitiger Wehen bis zum Beginn des Mutterschutzes krank geschrieben. Errechneter Termin war der 17.August 1997. Der Kommentar meiner Ärztin und auch der Ärzte aus dem Krankenhaus war aber: richten sie sich darauf ein, das ihr Kind gut 14 Tage früher kommt! War mir nur recht – war es doch so ein heisser Sommer wie der im vergangenen Jahr 2003!
Ab Anfang August wagte ich keinen Schritt aus dem Haus, wollte alles möglich tun, um das Kind „nach drausssen“ zu bekommen. Heiß baden, mehr Bewegung (da ich ja seit Juni quasi zur Bewegungslosigkeit verdammt worden war), Sex, ..... Nichts tat sich. Der Termin verstrich und ich war jeden zweiten Tag in der Klinik zum CTG. Meine Ärztin war ab dem 14. für 14 Tage im Urlaub. „Wenn ich wieder da bin, habe sie ihr Kind sicher schon in den Armen!“
Am 27.08.1997 hat mich das Krankenhaus dann nicht mehr aus der Klinik entlassen. Ich war mit dem ersten Kind zehn Tage drüber, hatte gut und gerne 30 Kilo zugenommen und hatte Wasser ohne Ende. Aber weder SS-Diabetis oder Gestose war angesagt.
An diesem Mittwoch begann der Einleitungsmarathon.
Jeden Tag bekam ich morgens, mittags und nachmittags den tollen Wehentropf angehängt. Mit immer stärkeren Dosen. Aber ausser großen, fast unerträglichen Rückenschmerzen hat sich nichts getan. Gar nichts! Doch, ich hatte ganz blaue Arme. Es war einfach furchtbar. Ich fühlte mich wie auf der Schlachtbank und lag meist alleine in diesen verkacheltem Kreissaal. Ekelhaft. Lesen oder so ging nicht, ich war innerlich total verkrampft und allein. Abends kam dann der Kindsvater vorbei. Und hatte die Dreistigkeit, seine Freunde mit anzuschleppen.
Ich war in einem Dreibettzimmer untergebracht – in der Zeit von Mittwoch bis Freitag waren diese beiden Betten schon zweimal belegt. Freitag Nachmittag hat der „Neuzugang“ entbunden. Ganz schnell – doch die Frau hat ihr Kind im Kinderzimmer versorgen lassen. Stillen, kuscheln – alles war ihr unwichtig. Ich habs nicht verstanden.
Die Geburt
Nachts um 1:00h bin ich dann aus dem Zimmer – ich hatte endlich Wehen! Zwar schon eine ganze Zeit, aber sie liessen sich im Bett noch gut veratmen oder ignorieren. Geschlafen hatte ich in der Nacht zuvor das letzte Mal. Bis morgens um halb acht wanderte ich auf dem Gang hin und her – bis zwischen 7 und 8:00h die Hebamme meinte, es sei wohl Zeit für den Kreissaal. Endlich! Der Papa wurde angerufen, ich nach unten gebracht. Erst mal CTG – ja, da sind Wehen. Jubel! Ich war so froh!
Danach haben sie mich Baden lassen – was wohl im Nachhineinbetrachtet der größte Fehler war. Als ich in der Wanne war, kam auch der Papa. Nach einer – mir viel zu kurz erscheinenden Zeit – wurde ich „aus der Wanne entlassen“ und in den Kreissaal geführt.
Ab auf die „Liege“ – ich hatte plötzlich keine Wehen mehr. Ich weiß noch, wie ich ins Zimmer der diensthabenden Ärztin gegangen bin und dort meinen letzten Ultraschall bekam. Kommentar: „Ihr Kind liegt gut, es wird gut an die 4000g herankommen.“
MuMu-Werte im Verlauf weiß ich nicht, aber ich weiß noch ganz genau, das sich dieser ab 10:00h in der Frühe nicht weiter bewegte als bis zu 9cm. Nichts mit drüber schieben oder so – ging alles nicht, tat aber höllisch weh.
Immer noch keine Wehen, trotz ständigen an- und abstellen des Wehentropfs. Keine Wehen, keine Veränderung am MuMu. Ich war fertig, Durstig, Hungrig (damals und dort war essen und trinken unter der Geburt strengstens verboten), genervt von allen um mich herum. Ich hab jeden angeschrieen. Ab Mittags um 12:00h verlangte ich einen Kaiserschnitt. Ich konnte nicht mehr. Es war unerträglich.
Um 15:00h war Hebammenwechsel. Da hab ich eine superliebe bekommen. Sie war so fürsorglich, lieb und nett. Eine Wohltat nach den unsympathischen Damen vorher. Die Ärztin kam zwischendurch ein oder zwei Mal und meinte „Das wird schon werden“.
Um 17:45h rief dann die Hebamme den Chefarzt an. Der kam um 18:00h, sah sich alles an und orderte sofort den Anästhesisten. Es ging ganz schnell. Ich muß wohl den Papierkram unterschrieben haben und schon war ich im OP.
Laut Geburtsturkunde erblickte Denja Frederieke am 30.08.1997 um 18:31h mit 5.120g und 60cm sowie eines Kopfumfanges von 38cm das OP-Licht.
Ich selbst wurde wieder wach – und hatte höllische Schmerzen. Die Narkose war zu kurz, sie waren noch am Klammern und Nähen! Nachgespritzt, weggeduselt, wieder „da“ – meine Frage war: „Wie groß ist mein Kind?“
Danach
Ich bekam kurz eine Decke mit „etwas drin“ vor die Nase gehalten und wurde dann auf den Gang gefahren. Ab in den Aufwachraum. Dort heulte ich wie ein Schlosshund. Wurde von der Schwester angeraunzt: „Was soll denn das Kind (Blinddarm) von Ihnen denken?“ Hallo? Ich habe gerade MEIN Kind bekommen und dann doch wieder nicht. Ich DARF heulen. Ich hab mich unter der Bettdecke verkrochen. Ich weiß keine Uhrzeit – nur war es schon dunkel, als ich wieder im Zimmer war. Ich bekam dieses „permanent Blutdruck messende“-Gerät angestöpselt und war erst mal wieder alleine. Irgendwann kam der Kindsvater mit dem Polaroid. So eine große Maus! Ich hab geweint – und mein Kind immer noch nicht bekommen. Ich kann mich nicht erinnern, ob ich sie an diesem Abend noch mal sah. Ich weiß nur, das die Schwestern mich Nachts „ruhig gestellt“ hatten mit dem Kommentar „Ihr Kind schläft, tun sie das besser auch!“ Irgendwann muß ich eingeschlafen sein.
Am nächsten Morgen wurde mir dann erklärt, das es kurz vor knapp war. Eine halbe Stunde länger und ich hätte mein Kind auf der Kinderintensiv gehabt – wenn überhaupt. Ich selber muß sehr, sehr viel Blut verloren haben. Mein Werte waren so schlecht!
Irgendwann brachte man mir Denja. Ich konnte nicht aufstehen. Es war so schön! Es war kein Säugling – eher schon ein richtiges Baby!
Zwischendurch haben sie sie mir immer wieder weggenommen – aus lauter blöden Gründen. Und ich konnte mich nicht wehren. Unwissend und verunsichert wie ich war. Nein, meine Narbe tat nicht weh, das war nicht schlimm, ab Sonntag Mittag zwangen sie mich immer wieder zum aufstehen (auch wenn mir dabei immer wieder schwarz vor Augen wurde und ich umkippte). Um mein Kind zu sehen war ich auf andere angewiesen.
7 Tage Krankenhaus – das war bei einem Kaiserschnitt vorgesehen. Dummerweise hatte ich keinen Wochenfluss, am Donnerstag (Tag 5 nach der Entbindung) meinen Heultag und eine Brustentzündung und musste daher bis zum Montag in der Klinik bleiben. Es war einfach grauenvoll. Der meiste Besuch war nervig, liess sich aber nicht davon abhalten, das Zimmer zu stürmen. Der Besuch meiner türkischen Bettnachbarin brachtet Lilien und Lärm. Klasse.
edit: Hatte vergessen, das die Leute in der Klinik mich total verrückt gemacht hatten, weil Denja in der ertsen Zeit gut 400g abgenommen hatte undich immer noch nicht richtig Milch hatte. Sie HABEN zugefüttert. Obwohl ich das nicht wollte. Hinterher hab ich erfahren, das 10% abnahme in der ersten Woche vollkommen normal sind. Was also sollte diese Aktion?
Ich war so froh, als meine Mama mich am Montag aus der Klinik abholte. Endlich weg da!
Rückblick
Noch heute habe ich keinen gefunden, der mit mir über dieses Erlebnis sprechen kann. Ich habe dieses Erlebnis gehabt - niemand sonst. Keiner, der nicht in einer ähnlichen Situation war, wird mich verstehen können.
Ich will die Kommentare "Sei froh, das du ein gesundes Kind bekommen hast!" nicht mehr hören.
Es IST schlimm für mich. Es ist immer noch ein Trauma für mich. Und ich hoffe, das es diesmal anders wird.
Christina
P.S.: Im Mutterpass steht unter Besonderheiten:
"Sek. Sectio caesarea bei dorso-post. hohem Gradstand"
Meine Ärztin erklärte mir das so: Denja lag noch zu hoch, konnte sich nicht richtig einstellen, weil sie einfach keinen Platz mehr hatte, um sich IRGENDWIE zu bewegen. Daher hab ich - im Nachhinein - Gott sei Dank keine Wehen mehr bekommen. Ausserdem lag der Kopf wohl "verkeilt" mit der einen Schläfe nach vorne.
Meine Frage: Hätte man das bei den ganzen verdammten Untersuchungen nicht "sehen" können?
Kommentare
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Was mich selber angeht kann ich nur immer wieder dankbar sein, dass Mirco sich zwei Wochen vor Termin auf den Weg gemacht hat. Wer weiß was der in den nächsten Wochen noch zugelegt hätte. Und da wäre es vielleicht ähnlich gelaufen wie bei dir :???:
Ich wünsche dir, dass es beim zweiten Kind alles ganz anders und vor allem positiver abläuft.
liebe Grüße
Eowyn
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Ich wünsche dir auf jeden Fall, dass beim zweiten Mal alles so wird, wie du es dir wünschst.
Nur besser!
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Ich finde den "Sei froh" Spruch echt zum :groggy:
Aber wundern tut es mich leider nicht. Wenn man was schlimmes erlebt hat, wimmelt es immer nur so vor Leuten, die einem sagen wollen, wie man sich zu verhalten hat. Mich hat mal einer versucht zu erwürgen. Und was durfte ich mir da alle Nase lang anhören: Na, ist ja nix passiert.
Witzig!
Immer diese schlauen Ratschläge auch von allen Seiten. Und kaum einer, der mal nur zuhört und einen einfach mal in den Arm nimmt. Dabei ist das das wichtigste! Also, ich drück dich jedenfalls ganz doll
:troest:
Hast du Angst vor der Geburt, die du jetzt vor dir hast? Würde mich wundern, wenn es nicht so wäre (aber ich will dir ja um gotteswillen auch nichts einreden!).
Das schlimmste ist ja, sich so hilflos zu fühlen. Und dann noch der abrupte Bruch der Einheit zwischen dir und deinem Kind :traurig01:
Die nächste Entbindung wird sicherlich viiiel besser. Das sag ich jetzt nicht, um auch noch einen platten Spruch zu klopfen, sondern weil es einfach zu unwahrscheinlich wäre, das du nochmal so einen Horror erleben mußt UND weil ich ganz fest an ein bischen Gerechtigkeit glaube!
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naja und siehe da, jetzt bin ich mama eines 4 monate alten sohnes. die ganze schwangerschaft über hatte ich keine angst vor der geburt. das lag daran, das ich mir sofort eine hebamme gesucht habe und auch wirkich alles für eine angenehme geburt unternommen habe. ich habe sämtliche tees getrunken und akupunktur gemacht. von alle dem habe ich damals nichts gewußt. wäre sonst vielleicht auch einfacher geworden. jedenfalls habe ich mir immer gesagt, das es nicht schlimmer kommen kann und bin somit ganz "relaxt" an die geburt gegangen. eigentlich zu relaxt, denn ich habe es fast nicht mehr in den kreissal geschafft. und als es dann endlich losging habe ich von der ersten wehe an nur 2 stunden und 44 minuten gebraucht bis ich meinen sohnim arm hatte.
ich konnte deinem beitrag leider nicht entnehmen wann du ET hast.
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Dein nächstes Baby bekommst du aber sicher nicht in diesem KH, oder ?
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Aber das muss nicht heisen, dass es beim 2. ähnlich wird.
Ich habe beide Kinder im gleichen KH bekommen, das erste Mal war ein ähnlicher Alptraum wie Deiner, allerdings eine natürliche Geburt. Das zweite Mal war aus diversen Gründen ein KS aber der war gemessen daran traumhaft. Auch das KH hat sich total weiterentwickelt.
Kopf hoch, neue Entbindung - neues Glück.
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Ich bin immer eine von denen, die sagt, am Ende ist doch alles gut ausgegangen... :oops: Aber ich bin mir schon bewusst, dass man Geburten - und vor allem das Empfinden der Mütter darüber - nicht vergleichen kann und nicht an irgendwas Objektivem messen.
Jedenfalls wüsche ich dir von ganzem Herzen, dass die nächste Geburt unglaublich viel besser wird! Und gratuliere trotzdem nachträglich zum gesunden Kind! ;-)